Zur Person:
Christoph Syring ist seit August 2003 Finanzvorstand bei der CDV Software Entertainment, einer Firma mit Sitz in Karlsruhe, die sich auf Computerspiele spezialisiert hat. Zuvor war der 39-Jährige Geschäftsführer des Glasfaser-Netzbetreibers Fibernet und Finanzvorstand der Lambda Physik AG, deren Börsengang er im Herbst 2000 begleitete. Syring wird voraussichtlich im Juli 2005 von CDV-Gründer Wolfgang Gäbler den Posten des Vorstandschefs übernehmen.
"Turnaround abgeschlossen"
BÖRSE ONLINE: In den letzten Tagen ist die CDV-Aktie nach rasantem Kursanstieg trotz stabiler Märkte unter Druck geraten. Gibt es dafür eine Erklärung?
Christoph Syring: Die Anleger nehmen nach der Rallye im Vorfeld der Quartalsergebnisse Gewinne mit.
BÖRSE ONLINE: Ist der Kurs zuvor gestiegen, weil Ihnen die Rettung von CDV gelungen ist?
Syring: Ich bin im August 2003 nicht zu CDV gekommen, um die Firma zu retten. Damals sah alles oberflächlich betrachtet noch sehr ordentlich aus. Dass die Umsatzentwicklung völlig falsch eingeschätzt worden war, hätte wohl niemand erkennen können. Ich musste schnell lernen, dass sich das Spielegeschäft durch Hits und Flops auszeichnet.
BÖRSE ONLINE: Wann wurde es richtig brenzlig?
Syring: Als ich zu CDV kam, lag das konservative Umsatzziel bei 40 Millionen Euro. Wir hatten dann am Ende des Jahres 15,5 Millionen. Da wurde mir klar, dass die Firma absolut gefährdet war. Zumal CDV in Erwartung viel höherer Umsätze einen großen Personalkörper aufgebaut hatte. Wir haben dann alle uns zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen. Dass es am Ende dann gereicht hat war auch Glück. Im Dezember 2003 lagen wir mit der Liquidität bei Null. Zum Glück hat uns unsere Hausbank eine weitere Kreditlinie eingeräumt.
BÖRSE ONLINE: Heute sind wieder 1,4 Millionen Euro Cash in der Kasse. Was war das Rezept Ihrer Sanierung?
Syring: Ohne den Quartalszahlen, die wir wahrscheinlich am 12. November veröffentlichen, vorgreifen zu wollen: Der Turnaround ist definitiv abgeschlossen. Nach dem Motto "weg von den Experimenten" haben wir uns beispielsweise aus dem Konsolenbereich verabschiedet und uns voll auf die Kernkompetenzen konzentriert. Unsere großen Erfolge der Vergangenheit waren immer PC-Spiele aus dem Genre der Echtzeitstrategie. Das ist in Deutschland der größte Teilmarkt.
BÖRSE ONLINE: Wie sieht es bei den allgemeinen Betriebskosten aus?
Syring:Die sind signifikant niedriger. Die Mitarbeiter sind von mehr als 170 auf 80 bis 90 reduziert, so genau ist das schwer zu beziffern, weil wir beim Testen von Spielen mit vielen studentischen Hilfskräften arbeiten.
BÖRSE ONLINE: Hat das Spiel Codename: Panzers CDV letztendlich gerettet?
Syring: Nein. Wir können auch in umsatzschwächeren Quartalen ein positives Ergebnis erzielen. Im ersten Quartal 2004 [vor der Einführung von Codename: Panzers, d. Red.] haben wir nur von unserem bestehenden Produktprogramm gelebt und damit etwas mehr als 3,5 Millionen Euro Umsatz und ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt.
BÖRSE ONLINE: Wie wollen Sie in Zukunft als Verleger von Computerspielen sicherstellen, dass die Entwickler viel versprechender Spiele zu CDV und nicht zu Branchengrößen wie Electronic Arts gehen?
Syring: Gerade für unbekannte Entwicklerstudios sind die Möglichkeiten heute beschränkt, an die großen Publisher heranzukommen. Schließlich ist die Ausfallrate auf dem Weg vom vorgestellten Konzept bis hin zum fertigen Spiel vor allem bei unbekannten Entwicklern recht groß. Zudem lassen sich die großen Publisher ihre besondere Marktmacht dadurch bezahlen, dass sie den Entwicklern erheblich niedrigere Lizenzen zahlen. Unser Erfolg liegt darin, die guten Ideen der unbekannteren Entwicklerstudios zu finden und zum Erfolg zu führen. Außerdem ist es wichtig, entsprechend lange Verträge zu machen, die einem das Erstkaufsrecht auf allen Folgeversionen eines Spiels sichern.
BÖRSE ONLINE: Kleine, unbekannte Entwickler in Osteuropa finden - das klingt nach einem riskanten Geschäft.
Syring: Dass unser Geschäft mit einem höheren Risiko behaftet ist als das von Electronic Arts ist unbestritten. Dazu ist unser Portfolio einfach noch nicht breit genug gestreut. Aber wir entwickeln gerade eine Basis für solides Wachstum. Mit bereits am Markt etablierten Markennamen ist das Ausfallrisiko von Folgeprodukten praktisch nicht gegeben. Das Risiko eines großen Umsatzeinbruchs ist derzeit nicht da, weil wir eine Reihe solcher Fortsetzungen in der Pipeline haben.
BÖRSE ONLINE: Was sind dabei die Highlights?
Syring: Cossacks2 dürfte im ersten Halbjahr 2005 kommen, dann kommt Panzers: Phase2 und dann Blitzkrieg2 - das Folgeprodukt eines unserer größten Erfolge.
BÖRSE ONLINE: Spielen Sie ihre eigenen Spiele auch selbst?
Syring: Kaum. Ich sehe das Unternehmen primär aus der reinen Finanzsicht. Und ich muss für mich auch erst einmal sehen, ob Firma und Mitarbeiter in der Lage sind, bei der Auswahl der Partner und der Entwicklung eines Spieles die jüngsten Erfolge wiederholen zu können.
BÖRSE ONLINE: Ist es nicht schwierig, als kleiner deutscher Publisher in die Regale von Wal-Mart und Co. zu kommen?
Syring: Das ist natürlich schwierig. Aber es ist uns trotzdem gelungen, Panzers weltweit in den Einzelhandel zu bringen. Nur in Japan dauert die Anpassung des Spiels noch ein wenig. Aber in den meisten großen Märkten finden Sie Panzers es sei denn, es ist gerade ausverkauft. In den USA arbeiten wir mit einem Vertriebspartner zusammen, der die Spiele gegen eine Lizenzgebühr platziert.
BÖRSE ONLINE: Electronic Arts, der weltgrößte Spiele-Software-Anbieter der Welt, erwartet, dass das für die Branche wichtige Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr auf dem Niveau von 2003 verharrt. Gilt das auch für CDV?
Syring: Während alle großen Publisher ihre Top-Titel im Weihnachtsgeschäft platzieren, halten wir uns aus da raus. Wir kommen ohnehin nicht ausreichend in die Regale oder auf die wichtigen Werbeseiten. Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass wir dieses Jahr mehr Umsatz machen als im Weihnachtsquartal 2003, obwohl wir kein neues Produkt haben werden.
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