?Über das Mannwerden ? Irrwege, Umwege, Auswege? greift einen ersten wichtigen Aspekt auf, der mich suggestiv in eine Richtung zu lenken scheint: Ein Mann ist nicht zwangsläufig, sondern er wird. Doch über welchen Zeitraum erstreckt sich dieses ?Werden?? Unsere Sprache hält unterschiedliche Wörter für verschiedene Entwicklungszustände im Leben eines Mannes bereit, wie z.B. Junge, Knabe, Bursche, Jugendlicher, junger Mann, erwachsener Mann. Dementsprechend erstreckt sich das Mannwerden mit der Geburt über verschiedene aufeinander aufbauende Phasen bis zum Erwachsenenalter - mit dem Ziel, aus einem männlichen Kind einen Mann werden zu lassen.
Hieran schließt sich für mich sogleich die nächste Frage: Wie wird ein Junge zu einem Mann? Ich gehe davon aus, dass bestimmte Faktoren und Bedingungen für diese Entwicklung notwendig sind. In seinem Buch ?Eisenhans? gibt mir Robert Bly auf meine Fragen eine erste kleine Antwort, indem er feststellt, dass sich das Mannwerden tatsächlich nicht von alleine einstellt und auch nicht durch das bloße Essen vieler Haferflocken (vgl. Bly 1990, S. 32). Es muss also etwas geben, das einen Jungen zum Mann macht, denn zweifellos gibt es nun einmal Männer auf dieser Welt.
An dieser Stelle muss ich mich jedoch fragen, woran ich überhaupt erkenne, dass ein Mann ein Mann ist? Was genau zeichnet ihn aus? Als erstes äußeres Merkmal fallen mir die primären männliche Geschlechtsteile des Mannes ein, d.h. sein natürliches oder auch biologisches Geschlecht. Das scheint mich jedoch als Endergebnis nicht vollends zu überzeugen, denn wie ich bereits angedeutet habe, ist ein Mann nach seiner Geburt ein Junge und trotz seiner vorhandenen Geschlechtsmerkmale kein Mann. Es muss noch mehr geben, worüber sich ein Mann definieren lässt. Was für Eigenschaften ließen sich beispielsweise dem Begriff ?Männlichkeit? zuordnen?
Ich überlege, was Menschen aus meinem sozialen Umfeld hierauf antworten würden. Jemand behauptet vielleicht, dass Männer einfach nicht fähig sind, ihre Gefühle zu zeigen. Dass sie kalt wie Stein, egoistisch und verletzend sind. Eine Frau würde mir dagegen möglicherweise von ihrem Mann erzählen, der sich liebevoll um ihr gemeinsames Kind kümmert und nicht zuletzt durch seine Freude am Kochen für das Wohlergehen der ganzen Familie sorgt. Vielleicht wird sich aber auch ein befragter Mann durch seine Körperkraft hervortun und mir stolz erzählen, wieviel Liegestütze er schafft und wieviel Gewichte er im Fitnessstudio stemmt. Ein Profifußballer könnte mir seine Fußballerwaden zeigen, von seiner Treffsicherheit und Schnelligkeit erzählen und wie er in seiner Freizeit sein Auto selbst repariert und das Haus ausbaut.
Mir wird klar, ein Mann lässt sich neben seinem natürlichen Geschlecht durch eine Vielzahl von zugewiesenen Eigenschaften definieren. Aber wer legt überhaupt fest, dass diese Eigenschaften wirklich männlich sind? Sicher können die oben genannten Eigenschaften auch auf Frauen zutreffen! Oder nicht? Hierauf eröffnet sich für mich eine weitere Überlegung: Gibt es typische Eigenschaften, die nur für Männer zutreffend sind und für Frauen nicht? Ist ein Mann ein Mann, weil er keine Frau ist? Lassen Männer sich auch aus dem Gegensatz zur Frau definieren und welche Gegensätze wären das? .
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