taz: Herr Resch, das von der Ampel geänderte Klimagesetz liegt seit vier Wochen bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur Unterschrift. Ungewöhnlich lange: Was ist da los? Jürgen Resch: Unsere Rechtsanwälte haben dem Bundespräsidenten ein 19-seitiges Rechtsgutachten zukommen lassen, in dem detailliert dargelegt wird, warum die Neufassung des Gesetzes verfassungswidrig ist. Ich schätze, dass Steinmeiers Juristen dies ernst nehmen und intensiv prüfen, zumal die Bundesregierung und der Bundestag ja schon mit der ersten Fassung des Klimaschutzgesetzes 2021 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sind. Sie werden vielleicht auch prüfen, ob man das Urteil, das die Deutsche Umwelthilfe im November 2023 vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erstritten hat, damit wirklich aus der Welt schaffen kann.
Das alte Gesetz verpflichtete einzelne Ministerien, Sofortprogramme aufzulegen, wenn im jeweiligen Bereich ? Verkehr, Bau, Landwirtschaft ? zu wenig Treibhausgase reduziert werden. Im neuen Gesetz gibt es dieses Instrument aber nicht mehr. Ist das Urteil damit nicht obsolet? Ich versuche mal mit einem Bild zu antworten: Die Panzerknacker werden bei einem Bankraub erwischt, müssen aber nicht ins Gefängnis, weil sie es geschafft haben, nach einer Verurteilung den Bankraub zu entkriminalisieren. Auf die Ampelregierung übertragen: Diese hat sich nach ihrer Verurteilung einfach ein neues Gesetz geschrieben: Das Ausrauben einer Bank ist jetzt legal. Ein schwaches Argument. Schließlich war Hasch rauchen früher auch nicht legal, aber der Gesetzgeber hat das jetzt legalisiert. Was spricht gegen eine Regierung, die Gesetze ändert? Der Vergleich hinkt. Beim Klimaschutz handelt es sich um ein Grundrecht, das wir übrigens durch die Verfassungsbeschwerden vor drei Jahren mit erstritten haben. Das hat zum aktuell immer noch geltenden Klimaschutzgesetz geführt. Die Cannabis-Legalisierung schränkt kein Grundrecht ein. Aber zurück zum Klimaschutzgesetz. Dort ist ein Ziel festgeschrieben: Bis zum Jahr 2030 muss Deutschland seine Emissionen um 65 Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Gesetz drei Instrumente vor: Erstens ein sogenanntes Klimaschutzprogramm, also konkrete Gesetze, Verordnungen oder Förderprogramme, die sicherstellen, dass jeder einzelne Sektor seine Emissionen senkt. Zweitens gibt es den Expertenrat für Klimafragen, der regelmäßig berechnet, ob das Regierungshandeln ausreicht. Falls dem nicht so ist, gab es drittens das Instrument der Sofortprogramme: Jedes einzelne Ministerium, das nicht genügend Treibhausgase einspart, ist verpflichtet, solch ein Programm vorzulegen ? ?war verpflichtet: Sofortprogramme sind in der Neufassung des Gesetzes nicht mehr enthalten. ...
https://taz.de/Klimaklage-gegen-Bundesregierung/!6017350/
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