Neue Technologien: Elektroautos kommen in Fahrt Von Lothar Lochmaier 14. März 2008
Nach einem Aufschwung um die Jahrtausendwende ließen die Autobauer das Elektroauto wieder kurzerhand in der Schublade verschwinden. Heute erlebt es neuerlich einen Boom. Wie realistisch ist die Vision, dass der Fahrer als Stromlieferant fungiert? Das radikalste Projekt verfolgt der frühere SAP-Kronprinz Shai Agassi. Er will gleich eine ganze Region flächendeckend zum Mekka der Elektroautos machen, nämlich sein eigenes Heimatland Israel. Dazu gründete er das mit rund 200 Millionen Dollar Risikokapital ausgestattete Vorhaben Project Better Place. Die erste Massenproduktion von Elektrofahrzeugen soll gemeinsam mit Renault-Nissan bald schon beginnen. Ein Netz von einer halben Million Ladestationen soll parallel dazu im ganzen Land installiert werden. Um die große Vision Wirklichkeit werden zu lassen, ist aber auch das Zutun der israelischen Regierung gefragt, die durch Steuererleichterungen den Elektroautos zum Durchbruch verhelfen will. Denn bislang droht das Elektroauto an der mangelnden Energiespeicherung sowie der unzureichenden technischen Infrastruktur zu scheitern. Die zahlreichen neuen Vorhaben, an denen sich mittlerweile so gut wie alle Hersteller in seltener Eintracht beteiligen, machen fast vergessen, dass in der Branche noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht. Forscher an der amerikanischen University of Delaware regen bereits seit Jahren an, Elektro- und Hybridautos auch in das Lastmanagement von Stromnetzen einzubauen. Elektro-Auto von Renault-Nissan: Im Rahmen von Project Better Place sollen in Israel eine halbe Million Ladetankstellen für Autos entstehen (Foto: Project Better Place).
Woher kommt der schnelle und preisgünstige Strom? Während der nächtlichen Standzeiten etwa, in denen mangels Stromnachfrage Strom besonders billig zu haben ist, könnten diese Autos als Zwischenspeicher dienen. Für Lastspitzen könnte der Auto-Akku dann den Strom direkt in das Netz einspeisen Die Universität Delaware arbeitet bereits an einer technischen Standardlösung, im Fachjargon als Vehicle-to-Grid (V2G) bezeichnet. Das kalifornische Unternehmen AC Propulsion setzt die Konzepte der Forscher schon um - und hat einen Fahrzeug-Prototypen hergestellt. Das Herzstück der Erfindung ist der Bordcomputer des Autos, der Breitband über Stromkabel nutzt. Ab einer kritischen Masse von mehreren Tausend eingebundenen Fahrzeugen rechnet das Unternehmen mit relevanten Auswirkungen des Systems auf die elektrische Versorgung. Der wirtschaftliche Anreiz läge darin, dass ein einzelnes Auto um die 4000 Dollar Stromlagerkosten abdecken könnte, kalkulieren die Experten. Das High-Power-System selbst ist mit Einbaukosten von rund 600 Dollar veranschlagt. In den USA hat der Medienhype um das Elektroauto mittlerweile bereits eine kritische Masse an kaufwilligen Interessenten erreicht, die bis in die Luxusklasse hinein reicht. Kein Wunder, denn nicht jedermann kann sich die teure Technologie leisten. Als Heimat von vermögenden Eliten mit Umweltwünschen gilt vor allem Kalifornien. Zahlreiche Unternehmen feilen unterstützt von wagnisbereitem Risikokapital an der Vision, stationäre und mobile elektrische Akkus wie Lithium-Ionen-Batterien mit regionalen Stromversorgungsnetzen zu verknüpfen. Im Moment noch eine Studie aus den USA, bald vielleicht Realität: Massenfahrzeug Golf mit Akkupack und Elektromotor (Foto: AC Propulsion).
|