EZB jetzt fast täglich mit verbaler Stützung für den Euro...
Do Nov 10, 2005 11:23 MEZ Frankfurt (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Warnung vor Inflationsgefahren im Euro-Raum bekräftigt.
Der sehr konjunkturstimulierende geldpolitische Kurs sei "immer noch angemessen", heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht November. "Gleichzeitig ist im Hinblick auf die Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität große Wachsamkeit geboten." Die derzeit vom Ölpreis erhöhte Inflationsrate dürfe nicht zu Inflationsdruck auf mittlere Sicht führen. Das Vorwort im Monatsbericht gab wie üblich die Erklärung von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach der letzten Ratssitzung am 3. November wieder.
EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing betonte erneut die Bereitschaft der Zentralbank, bald mit höheren Zinsen einen tatsächlichen Anstieg der Inflation verhindern zu wollen. "Wir können jederzeit handeln, leben uns aber nicht auf einen Termin fest", sagte er in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Auch EZB-Ratsmitglied Vitor Constancio hob hervor, die Zentralbank müsse große Wachsamkeit ausüben. Bislang gebe es aber noch keine Anzeichen für Zweitrundeneffekte vom hohen Ölpreis.
Die erste Zinserhöhung seit fünf Jahren ist damit offenkundig nur noch eine Frage der Zeit. Am Geldmarkt wird inzwischen fest davon ausgegangen, dass der Leitzins von zwei Prozent schon im Dezember angehoben wird. Die meisten Volkswirte rechnen frühestens im ersten Quartal 2006 damit.
ISSING: ZINSERHÖHUNG WÜRDE KONJUNKTUR NICHT ABWÜRGEN
Im Bericht bekräftigt die EZB, dass sich die Konjunktur zuletzt positiv entwickelt hat und von einer allmählichen wirtschaftlichen Erholung auszugehen ist. Allerdings weist sie erneut auf Gefahren für die Konjunktur hin, die vom hohen Ölpreis, geringem Verbrauchervertrauen und möglichen starken Wechselkursschwankungen ausgehen. Issing entgegnete dem Vorwurf von Finanzministern und Verbänden, die EZB werde mit einer Zinserhöhung die Konjunktur abwürgen: "Davon kann keine Rede sein." Die EZB-Geldpolitik sei schon länger alles andere als restriktiv. Die Anzeichen für ein allmählich stärkeres Wachstum hätten sich verdichtet. Er wies auch die Sichtweise zurück, die EZB müsse zwei Quartale ordentlichen Wachstums abwarten.
Im Bericht bekräftigen die Währungshüter ihre Besorgnis über die mittelfristigen Risiken für die Preisstabilität, die vom anhaltend hohen Ölpreis und der überreichlichen Geld- und Kreditversorgung der Wirtschaft ausgehen. Bisher ist es zu den befürchteten Zweitrundeneffekten aber noch nicht gekommen. "Insgesamt wird zwar davon ausgegangen, dass die Teuerungsraten auf kürzere Sicht weiter über zwei Prozent liegen werden, doch gibt es nach wie vor keine deutlichen Anzeichen dafür, dass sich im Euro-Währungsgebiet ein binnenwirtschaftlicher Inflationsdruck aufbaut."
WENIGER WACHSTUM, MEHR INFLATION WEGEN ÖLPREIS
Der Ölpreis, der sich seit Anfang 2004 mehr als verdoppelt hat, ist der Hauptgrund dafür, dass die Experten aus Banken und Forschungseinrichtungen in der jüngsten Umfrage der EZB ihre Wachstumsprognosen kürzten und die Inflationsprognosen etwas anhoben. Für dieses Jahr werden im Schnitt nur noch 1,3 Prozent Wachstum erwartet nach 1,4 Prozent in der letzten vierteljährlichen Umfrage. Für 2006 gehen die Experten im Mittel nur noch von 1,7 Prozent nach 1,8 Prozent in der August-Umfrage aus. Das Wachstum wird sich nach Einschätzung der Experten allmählich beschleunigen und 2007 über zwei Prozent liegen.
Ihre Inflationsprognose für 2005 erhöhten die Volkswirte auf 2,2 von 2,1 Prozent. Für 2006 wird eine Jahresrate von 2,0 Prozent nach 1,8 Prozent in der August-Umfrage erwartet. Allerdings bezifferten die Experten die Wahrscheinlichkeit, dass die Teuerung 2006 über zwei Prozent liegen kann, inzwischen schon mit 44 Prozent nach nur 29 Prozent in der August-Umfrage. Dennoch rechnet die Mehrheit der Umfrageteilnehmer damit, dass die Energiepreise nicht die Löhne nach oben ziehen werden. Für 2007 prognostizieren sie unverändert eine Teuerungsrate von 1,8 Prozent, was dem Stabilitätsziel der EZB von Raten "unter, aber nahe zwei Prozent" entspricht.
füx
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