EZB soll Zinsen nicht erhöhen Euro-Finanzminister hoffen auf sinkenden Ölpreis.
Inflation eindämmen oder weiter versuchen, das Wirtschaftswachstum zu fördern? Ökonomen stehen angesichts steigender Energiekosten und einer zugleich stagnierenden Wirtschaft vor einem Dilemma.
Gefürchtet sind die "Zweitrundeneffekte" von Inflation, also höhere Lohnabschlüsse, die die Teuerung weiter nach oben treiben. Eine Zinserhöhung könnte entsprechende Inflationseffekte mildern.
Angst vor höheren Zinsen
Die Erhöhung der Zinsen, also Kredit- wie Sparzinsen, wird gefürchtet, weil man Angst haben muss, dass eine ohnedies schwache Konjunktur weiter abgewürgt wird.
Der im Augenblick hohe Ölpreis als Haupttriebfeder der Inflation ist auch Folge des spektakulären Wachstums in einigen Weltregionen, besonders in China.
Europa konnte an diesem Wachstum bisher nur unzureichend partizipieren. "Dies zu ändern aber ist nicht eine Aufgabe der Geld-, sondern der allgemeinen Wirtschaftspolitik", riet neulich die "Süddeutsche Zeitung".
Euro-Finanzminister warnen EZB
Eingeschaltet in die Debatte haben sich nach entsprechenden Gerüchten über eine Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) nun die Finanzminister der Euro-Zone.
In beispielloser Deutlichkeit forderten die Finanzminister der Euro-Zone die unabhängige EZB auf, auf eine baldige Zinserhöhung zu verzichten.
Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, sagte nach einem Treffen der zwölf Minister mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet in Brüssel: "Wir haben die EZB daran erinnert, dass sie keine überhasteten Entscheidungen treffen soll."
Keine Angst wegen Ölpreises
Die Finanzminister sähen in den nächsten Monaten keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale wegen der steigenden Ölpreise, berichtete Juncker.
Der EZB-Schlüsselzins liegt schon seit Juni 2003 auf dem Rekordtief von zwei Prozent.
Mehrere EZB-Ratsmitglieder hatten zuvor ihre Bereitschaft zu einer Zinserhöhung bekräftigt und damit Spekulationen über einen baldigen Schritt neue Nahrung gegeben.
Grasser: Keine Zweitrundeneffekte
Finanzminister Karl-Heinz Grasser sagte, es gebe derzeit keine Zweitrundeneffekte. Er rief die EZB zu einer ruhigen Hand auf.
Trichet hatte zuletzt gemeint, die Zentralbank müsse "große Wachsamkeit" walten lassen. "Die Zinsen können jederzeit geändert werden, ich habe dem nichts hinzuzufügen."
Wie entwickelt sich der Ölpreis
Im Augenblick ist der Ölpreis durch milde Temperaturen in den USA und Europa leicht rückläufig; das generelle Preisniveau mit 50 bis 60 Dollar pro Fass ist aber weiterhin sehr hoch.
Nach Ansicht der Internationalen Energieagentur (IEA) wird bei unveränderter Politik die weltweite Energienachfrage bis 2030 um mehr als die Hälfte auf 16,3 Mrd. Tonnen Öläquivalent-Einheiten steigen.
Um den Bedarf zu decken, müssten 17 Billionen Dollar investiert werden, nur dann könne der Ölpreis langfristig sinken.
Das Barrel werde 2010 rund 35 Dollar kosten und sich anschließend bis 2030 nur auf 39 Dollar verteuern.
Ölpreis könnte drastisch steigen
Gleichzeitig warnte die IEA vor ernsten Folgen für Ölpreis und Weltwirtschaftswachstum, sollte zu wenig in Förderung und Verarbeitung des Öls investiert werden. Die IEA hält es aber für möglich, dass insbesondere in den Staaten des Nahen Ostens die Investitionen nicht mit dem Bedarf Schritt halten werden. Die Folge wäre eine Verteuerung bis 2030 auf 52 Dollar.
Wirtschaftsforscher rechnen mit hoher Inflation
Die Wirtschaftsforscher von WIFO und IHS rechnen für 2005 mit einer Jahresinflation von hohen 2,4 Prozent.
Für das kommende Jahr gelten die Aussichten mit rund zwei Prozent Inflation als besser, wenngleich man da auch die Prognosen nach oben revidiert hat. Gehofft wird, dass die Ölpreise wieder sinken.
füx
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