Einen Antizyklisch gegenlenkenden Staat kann ich in den letzten 80 jahren zumindest kaum erkennen, es wird nur postuliert und behauptet. Das Sparen in den Boomphasen wird nur leider immer vergessen.
In Rezessionen werden Schulden aufgenommen und im Aufschwung genauso. Was Geldpolitik und Staat versuchen, um in Krisen gegenzulenken, wirkt teilweise gerade prozyklisch, da die durch Staat oder Notenbanken punktuell zusätzlich hereingegebene Liquidität von den Privaten in einer schwereren Rezession bzw. ihrer Gefahr gehortet werden. Wenn die Wirtschaft ohnehin wieder anzieht, wird es dann investiert, also zu einem Zeitpunkt, an dem die zusätzliche Liquidität gar nicht mehr benötigt würde.
Inflation ist dabei immer ein monetäres Phänomen. Unterbeschäftigung ist hingegen gerade kein monetäres Phänomen.
Die Angst vor Deflation, die fälschlicher Weise häufig mit Rezession gleichgesetzt wird (1929 bildet hier eine der wenigen Ausnahmen in denen beides zusammengefallen ist), halte ich zudem für falsch. Mit einer gemäßigten Deflation kann man genauso wie mit einer gemäßigten Inflation wunderbar zurechtkommen.
Ist weniger (zirkulierendes) Geld im Umlauf gewinnt es an Kaufkraft, ist mehr im Umlauf verliert es an Kaufkraft. Konsum und Investitionsentscheidungen würden dadurch m.E. entgegen vieler landläufiger Darstellungen kaum beeinflußt.
Wer denkt denn bei einer Ausgabe ernsthaft darüber nach, ob er für die Sache durch Kaufkraftgewinn im nächsten Jahr 2% mehr oder wenigerr bezahlen würde. Der Gebrauchswert, der dann bereits über 1 Jahr in Anspruch genommen werden könnte, stünde der möglichen Ersparnis zudem gegenüber. Wenn sich jemanden heute eine gute Investmentgelegenheit bietet, wird er sie ergreifen, sofern die jährliche Rendite über der Ersparnis liegt, die es ihm brächte damit 1 jahr zu warten. Zudem wüßte er auch nicht unbedingt, ob ihm die Möglichkeit im nächsten Jahr überhaupt noch offen stünde.
Wer Inflation erwartet wird zudem heute mehr ansparen müssen, um den Zweck des Sparens, der entsprechenden Ausgabe in der Zukunft, im Hinblick auf die dann höheren Preise erreichen zu können. In einer erwarteten Deflation könnte er heute mehr ausgeben, da er im Hinblick auf die in der Zukunft niedrigeren Preise für den selben Zweck weniger Mittel benötigte. Man kann hier also auch gerade genau umgekehrt argumentieren.
Bei einer gemäßigten Inflation/Deflation dürfte beides in der Realität für die Investitions- und Konsumtätigkeit kaum eine Rolle spielen. Alles andere wäre nicht besonders lebensnah.
Bei einer Deflation steigen gemessen an der Kaufkraft natürlich die Schulden, im gleichen Maße allerdings auch das dem gegenüberstehende Vermögen, bei einer Inflation vermindert sich hingegen die Verschuldung gemessen an der Kaufkraft, das Vermögen jedoch ebenso. Das - das in einer Inflation bei der bestehenden Verschuldung erzielt wird, wird dabei allerdings mit einem + bei der Aufnahme von neuen Schulden erkauft, anders kann die Geldmenge nunmal nicht erhöht werden. Bei der Deflation ist anders herum. Schädlich sind nur die Extreme, wobei der Schuldner die Inflation und der Gläubiger der Deflation den Vorzug geben würde.
Einflüsse auf die Beschäftigung ergeben sich dabei in "beiden Fällen" lediglich kurzfristig, nämlich während der Anpassung in der sich die Preise noch nicht an die veränderte (zirkulierende) Geldmenge angepasst hat.
Sprich, wenn die Geldmenge größer ist, die Preise aber noch nicht gestiegen sind, hat man kurzfristig mehr Investitionskraft. Ist die umlaufende Geldmenge geringer, die Preise aber noch auf dem alten Niveau, hat man kurzfristig einen Verlust an Investitionskraft.
Preisschwankungen sind halte ich dabei in einem gewissen Maße für gesund.
Der Kurs einer Aktie ist hier vielleicht eine schöne Analogie, Konsolidierungen sind eine Vorrausetzungen eines stabilen und gesunden Aufwärtstrendes. Ohnedem würde sie heißlaufen und in Übertreibungen münden, die dann als bubble früher oder später Platzen.
Zyklische Schwankungen wird es immer geben, auch Fehlinvestitionen, und Übertreibungen werden sich nicht systematisch vermeiden lassen. Die Marktteilnehmer handeln nunmal nicht vollständig rational. Der Staat tut dies allerdings ebensowenig und hat auch kein überlegenes Herrschaftswissen.
Gerade durch den Versuch, jede kleine zyklische Bewegung zu vermeiden ruft er, begleitet von die Notenbanken, gerade erst die großen zyklischen Bewegungen hervor.
Es ist ein paradoxon, das staatlicher Interventionismus nicht selten auf lange Sicht gerade ein "mehr" davon schafft, was er gerade zu vermeiden sucht.
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