"Bankenkrise wird weitere Opfer fordern" Mit der Hypo Real Estate und Fortis ist die Finanzkrise endgültig in Europa angekommen. Claus Vogt, Research-Leiter der zur Quirin Bank gehörenden Berliner Effektenbank, erwartet massive staatliche Rettungsaktionen. Claus Vogt: "Nicht der Markt, sondern die Geldpolitik hat versagt" boerse.ARD.de: Herr Vogt, die HRE hatte größere Probleme stets geleugnet. Kann man den Banken überhaupt noch etwas glauben?
Claus Vogt: So leid es mir tut: Wie die vergangenen Wochen gezeigt haben, muss ich diese Frage verneinen. Dabei gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird bewusst ein falsches Bild vorgespiegelt, oder die Verantwortlichen in den Banken wissen über ihre Risikopositionen tatsächlich nicht Bescheid. Beides ist sehr unbefriedigend. Dabei war die Krise vorhersehbar, wie ich schon seit Jahren dargelegt habe. Es handelt sich nicht um ein Marktversagen, sondern um ein Versagen der Geldpolitik.
Vogt: Es wäre in der derzeitigen Situation falsch, einzelne Namen zu nennen. Die jüngsten Vorgänge haben aber gezeigt, dass die Bankenkrise massiv nach Europa schwappt und auch hier prominente Opfer fordern wird. Der deutsche Finanzminister, der noch vor zwei Tagen das Universalbankensystem als Garant für Stabilität hervorhob, hat prompt eine Lektion erhalten. Übrigens hatten die USA in den 30er Jahren gerade ihr Trennbankensystem als wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Weltwirtschaftskrise geschaffen.
boerse.ARD.de: Wie viele solcher Rettungsaktionen wie jetzt bei der HRE kann sich das deutsche Bankensystem noch leisten?
Vogt: Tatsächlich nicht mehr viele. Letzten Endes wird der Staat mit Garantien und Verstaatlichungen eingreifen.
boerse.ARD.de: Ist auch eine EU-weite Lösung denkbar?
Vogt: Ja, angesichts der Schwere der Probleme gehe ich davon aus, dass es zu einer europäischen Lösung kommen wird. Ich fürchte, dass der Staat mit dem Argument eingreifen wird, es handele sich um ein Marktversagen. Dabei muss er eingreifen, weil staatliche Behörden, nämlich die Notenbanken, über Jahre hinweg mit unverantwortlich expansiver Geldpolitik versagt und die Blase überhaupt möglich gemacht haben.
Das Gespräch führte Detlev Landmesser.
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