Es geht ja nicht darum, ob du da geschäftsfähig warst. Das ist 25 Jahre her. Es gibt vieler solcher Aktien, die so ein beeindruckendes Wachstum hatten und das auch immer noch haben oder man sieht, dass sie gerade erst damit anfangen. Deshalb denke ich auf Jahrzehntebasis und nicht Jahres- oder Monatsbasis.
Das Reinvestieren von Dividenden ist doch kein Problem? 1. Fresenius kannst du z.B. per Aktiensparplan bei der Comdirect zu fixen 1,5% Gebühren auf den Cent genau reinvestieren. 2. Wenn du Fresenius oder eine andere Aktie nachkaufst, dann kannst du ja die Dividende einfach bei der Order dazugeben und mehr kaufen und so hast du die Dividende sogar kostenfrei reinvestiert (die Order hättest du ja sowieso gemacht). 3. ein Nachteil, den du unerwähnt gelassen hast, ist, dass Dividenden mit 25% besteuert werden. Also wenn ich meine Aktien z.B. in Daimler investiere, dann müsste ich viel mehr Steuern zahlen, die eine vieeeel höhere Gebühr sind als irgendeine Bank jemals verlangen würde. Das macht einem ordentlich den Zinseszins kaputt.
Genauso kann sich auch deine Dividendenrendite erhöhen, selbst wenn du die Dividendenzahlungen nicht anrührst. Auch hier wieder Fresenius: Fresenius hatte 2016 60 Cent Dividende. Sagen wir mal du hast für 60? gekauft und bekommst 60 Cent Dividende, dann bist du bei 1% Dividendenrendite. Nach der Zahlung hast du jetzt 60 Cent Cash und 59,40? in Fresenius-Aktien. 2017 gibt es dann eine Erhöhung von 75 Cent Dividende. Du hast ja trotzdem noch deine Fresenius-Aktien für 60? gekauft und bekommst jetzt 1,25% Dividendenrendite. Selbst wenn du noch die 60 Cent Dividende aus 2016 dazuzählst (macht man üblicherweise nicht so), kämst du auf eine Yield on Costs (YoC) von 1,238%. Also immer noch 0,238%-Punkte mehr als im Jahr zuvor. Damit sich deine YoC nicht ändert hätte Fresenius die Dividende nur um 1% erhöhen dürfen, eben in Höhe ihrer aktuellen Dividendenrendite.
Dividenden werden fälschlicherweise als Rendite betrachtet, aber sind es eigentlich nicht. Eine Dividendenzahlung ist sogar idR negativer Cashflow, da wir noch Steuern zahlen. Deshalb sträube ich mich immer das als einen Wertzuwachs zu sehen. Weil wenn eine Dividendenzahlung bedeuten würde, dass Mehrwert geschaffen wurde, dann wäre es ja eine schlaue Strategie Aktien vor dem Ex-Tag zu kaufen und direkt danach zu verkaufen. Aber wer das macht, wird merken, dass man da nix gewinnt. Und wir haben eben doch Zugriff auf die einbehaltenen Gelder. Sie werden ja NICHT vom Kurs abgezogen. Das Geld ist nicht weg. Du kannst es dir auch auszahlen, wenn du eben einen Teil deiner Aktienposition verkaufst. Dazu hat Fresenius auf die letzten 10 Jahre (denk dran ich rechne in Dekaden und nicht auf 1 Jahr) deutlich mehr Kurswachstum gehabt als Freenet, Prosieben oder Daimler. Eben weil es die Gewinne reinvestiert und unternehmerische Qualität dahintersteckt. Wenn die Gewinne wachsen, wird es auch der Kurs, ansonsten würde das Unternehmen immer günstiger werden bis theoretisch auf eine Dividendenrendite von über 100%, was total irrational ist. Dass dies langfristig immer der Fall ist, kannst du z.B. bei Valuation dem Lernbuch von McKinsey lesen mit dem neuen Angestellten die DCF-Methode beigebracht wird. Alternativ in One up on Wallstreet von Peter Lynch, der auch solch eine Gegenüberstellung gemacht hat. Das macht Fresenius auch so attraktiv, denn egal ob sie Akorn kaufen müssen oder nicht, sie sind gerade günstig bewertet und ein hochwertiges Unternehmen, das langfristig stark steigende Gewinne erwirtschaftet und deshalb wird der Kurs dem Gewinnwachstum auch folgen. Vor allem wenn Fresenius 10% langfristiges Gewinnwachstum + 1% Dividendenrendite aktuell bietet, dann bedeutet das, dass unsere erwartete Rendite bei 10+1 = 11% liegt, da Fresenius mit einem 19er KGV auch nicht wirklich höher als der Markt bewertet ist.
In Sachen High Yield vs. Dividend Growth habe ich mal eine Tabelle erstellt, um das zu berechnen. Ich habe dabei eine Aktie wie AT&T genommen (6% Dividendenrendite, 2% jährliches Wachstum) und verglichen mit einer Aktie wie Siemens (3% Dividendenrendite, 5% jährliches Wachstum) oder Nike (1% Dividendenrendite, etwa 14% Wachstum jährlich auf die letzten 5/10/25 Jahre). Ich habe diese Aktien genommen, weil keinen von ihnen ihre Dividende die letzten 25 Jahre gekürzt hat und diese Aktien sehr stereotyp sind in meinen Augen.
Das Ergebnis: Wenn man die Dividenden nicht reinvestiert, liegt man mit AT&T recht lang vorne. Das dreht sich etwa nach 15 Jahren, wenn Nike von rechts überholt. Ist aber auch einfach klassischer Zinseszins. Wenn man mit Reinvestitionen rechnet, dauert es etwas länger, weil über Reinvestition kann man ja jedes Jahr seine AT&T-Position um 6% wachsen lassen und dadurch wächst die Dividende natürlich auch um zusätzliche 6%. Dennoch hat der Zinseszins bei Nike nach rund 25 Jahren wieder dafür gesorgt, dass Nike deutlich überholt hat. Und deshalb ist es meine Rentenstrategie eben solche Aktien wie Fresenius zu kaufen, die zwar anfänglich wenig zahlen, aber über ihre Steigerungen immer mehr zahlen.
Die Vorteile sind: -Ich bekomme jährlich immer mehr Dividenden und habe langfristig mehr Kurswachstum als mit "normalen" Aktien. -Ich achte darauf, dass die Dividenden möglichst noch nie gekürzt wurden, somit bin ich auch in einer Krise besser vor Dividendenkürzungen geschützt als bei "normalen" Aktien. -Ich stunde die Steuern auf meine Dividenden und muss erst wenn die Aktien in 20+ Jahren ordentlich Dividende abwerfen, normal versteuern. -Die Strategie hat sich als Outperformer erwiesen
Die Nachteile sind: -Ich bekomme heute recht kleine Dividendenzahlungen (aktuell rund 1800? pro Jahr brutto bei 110.000? Depotvolumen). -Ich bin sehr abhängig von der Gewinnentwicklung meiner Unternehmen, deshalb kann es zu Kursverlusten kommen, wenn das Wachstum sich verlangsamt (wie z.B. bei Starbucks). -Die Strategie erfordert Geduld.
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