HINTERGRUND: City-Flitzer smart wird vom Milliardengrab zum Hoffnungsträger
17:17 03.09.08
HAMBACH (dpa-AFX) - Der City-Flitzer smart ist für den Autobauer Daimler vom Milliardengrab zum Hoffnungsträger geworden. Dank des kollektiven Strategiewechsels in der Autoindustrie, spritfressende PS-Protze wegen der aktuellen Klimadebatte zunehmend in der Garage zu lassen, sind Kleinwagen angesagter denn je. "Gäbe es den smart nicht schon seit zehn Jahren - man würde ihn spätestens heute fordern", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche anlässlich des Jubiläums am Mittwoch im französischen Hambach.
Vor rund zwei Jahren wäre eine Jubelfeier für den Auto-Winzling noch nahezu undenkbar gewesen. Milliardenverluste und ein massiver Stellenabbau kennzeichneten die Geschäfte mit der Kleinwagensparte. Musste zuerst die Produktion des smart-Roadsters mangels Nachfrage eingestampft werden, trennte sich der Stuttgarter Konzern schweren Herzens auch von seinem Viersitzer, dem smart forfour. Überlegungen für einen kleinen smart-Geländewagen waren erst gar nicht über Schubladen-Pläne hinausgekommen.
DEUTLICH BESSER MARGEN
Bevor der Autokonzern die Reißleine gezogen hatte, war schon der Versuch gescheitert, den smart mit einem milliardenschweren Sanierungsprogramm wieder auf die Spur zu bringen. Ebenso klappte es nicht, den ungeliebten Verlustbringer zu verkaufen. Angeblich soll der Hauptaktionär, das Emirat Kuwait, damals deutlich auf den Abschied gedrungen haben. Nach dem Aus des Viersitzers wurde die defizitäre Kleinwagenmarke mit dem verbliebene Zweisitzer smart fortwo im Jahr 2006 vollständig in die Mercedes-Organisation integriert.
Mittlerweile haben sich nicht nur die Margen bei dem City-Flitzer deutlich zum Positiven gewandelt. Die Strategie der Stuttgarter ist nach der ein Jahr später folgenden Trennung von der US-Tochter Chrysler mehr denn je auf kleinere und kompaktere Fahrzeuge ausgelegt als auf kraftprotzende und spritfressende Autos. Diese waren vor allem für Chrysler in den USA zu Ladenhütern geworden. Am Mittwoch lief der millionste smart vom Band. Das zeige, dass die Autoindustrie die Umwelttrends nicht verschlafen habe, betonte Zetsche. "Eher umgekehrt: Mit dem smart waren wir höchstens zu früh dran."
Die kompakte A- und die B-Klasse werden von Daimler massiv promotet, und der Winzling smart gilt schon lange nicht mehr nur als Design-Ikone im Konzert des DAX-Konzerns. Der Kleinwagen ist neben der positiven Entwicklung mit deutlich gestiegenen Verkaufzahlen, der Rückkehr in die schwarzen Zahlen und Erfolgen auf dem wichtigen US- Markt auch Trendsetter bei den neuen Antriebs-Technologien. Galt der Dauerversuch des Elektro-smart in London bislang als Versuchs-Wiese, nimmt die Entwicklung nun deutlich Fahrt auf: An diesem Freitag will Daimler-Steuermann Zetsche zusammen mit RWE-Boss Jürgen Großmann und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin eine Elektroauto- Offensive vorstellen.
BRANCHENÜBERGREIFENDES DENKEN
Vor allem das Zusammenspiel mit dem Essener Stromversorger zeigt, dass diese Initiative alles andere als ein Marketing-Gag ist. Die Batterie-Technik gilt für die Autoindustrie zwar schon länger als zukunftsweisend. Bremsklotz ist aber nach wie vor, wie milliarden Fahrzeuge mit Energie gefüttert werden können, ohne dass gleichzeitig überall die Lichter ausgehen.
Branchenübergreifendes Denken sei nun gefragt, betonte Zetsche in Hambach. Die Infrastruktur spiele eine entscheidende Rolle bei der Elektroauto-Offensive. Ab 2010 will Daimler den smart mit kleinen Stückzahlen serienmäßig als Elektroauto auf die Reise schicken. Größere Stückzahlen sollen zwei bis drei Jahre später folgen.
Andere Autobauer verfahren derweil ähnlich wie Daimler nach dem Motto: Klein, aber oho. BMW soll bereits über einen Kleinwagen unterhalb des Mini nachdenken. VW will mit dem up! den Markt erobern, und Branchen-Primus Toyota schickt den iQ bei den Kleinen auf die Strecke. So verwundert es nicht, dass auch beim smart immer wieder Spekulationen über neue Varianten und auch wieder einen Viersitzer auftauchen - auch wenn offizielle Pläne über eine neue smart-Familie derzeit abgestritten werden./gl/DP/zb --- Von Bernd Glebe, dpa ---
Bin ja ein wenig gespannt, was da am Freitag kommt...
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