Facts and Fiction
»Niemand war ein Nazi [...] es hat vielleicht ein paar im nächsten Dorf gegeben [...] die nächste Stadt ist jedoch eine regelrechte Brutstätte des Nationalsozialismus.« Keiner wusste was und eigentlich waren auch alle dagegen. Dass im nationalsozialistischen Deutschland nur eine Minderheit der Bevölkerung »richtige« Nazis waren ? das zumindest bekamen britische Nachkriegsberichterstatter ständig zu hören ? lässt sich zum Glück heute unmissverständlich widerlegen. Gleichzeitig mit der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Kolportierung der Theorie, nach welcher der Nationalsozialismus Sache der Nazi-Führung und die Deutschen so unschuldig wie ihre Opfer waren, wurden die Geschichten vom Bombenkrieg zum aufpolierten Teil der deutschen Legendenbildung: Wie konnte dieses Deutschland, dass innerhalb weniger Wochen die halbe Welt unter seinen Helm gebracht hatte, den Krieg verlieren? Richtig, nur mit unfairen Mitteln: Brandbomben der Alliierten gegen die Zivilbevölkerung.
Bis heute hält sich der wahnhafte Mythos vom »unmenschlichen« Gegenschlag der alliierten Luftwaffe. Angesichts der enormen Verdrängungsleistung, die nicht nur den nationalsozialistischen Alltag der Stadt ausblendete, sondern stattdessen Dresden als barocke Insel, die »raum- und zeitlos in sich ruhte«, beschrieb, ist das ein an sich enormer Vorgang. Die unter dem Label »Bombenkrieg« geführten Scheindebatten ? als wären die Luftangriffe in irgendeiner Weise aus dem historischen Kontext ausklammerbar ? machen gerade am Beispiel des Erinnerungsortes Dresden deutlich, wie widerlich mit den Elementen von Entkontextualisierung, falscher Begriffsbezeichnung und politischer Funktionalisierung das wahnhafte Gebilde vom unschuldigen Dresden gezeichnet ist. Der kollektive Opfertaumel geht dabei sogar soweit, selbst die Bomberverbände als »Mordkommandos« zu bezeichnen. Damit werden BefreierInnen und TäterInnen auf eine Ebene gestellt.
Angesichts solcher »interpretatorischer Freiräume« gilt es die Notwendigkeit des alliierten Angriffs auf Dresden stark zu machen. Dem Begriff der militärischen »Sinnlosigkeit« ist die Richtigkeit auch flächendeckender Bombardements entgegenzuhalten, denn sie symbolisieren das Ausschöpfen aller Möglichkeiten, dem Nationalsozialismus ein Ende zu bereiten. »Zynisch, menschenverachtend und inhuman« sind im Zusammenhang mit den Bombardements vom 13./14. Februar 1945 durchaus angebrachte Attribute ? für die Dresdner Bevölkerung, ihre Unwilligkeit um die Opfer des Nationalsozialismus zu trauern und für die neudeutsche Erinnerungskultur, die es schafft, Dresden, Auschwitz und Zivilisationsbruch in einem Satz zu sagen, ohne rot zu werden.
In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 griff die Royal Air Force die Elbestadt Dresden an. Neben wichtiger infrastruktureller Anlagen in den Bereichen Verwaltung, Transport und Kommunikation befanden sich in Dresden insbesondere militärische Ziele, Waffenproduktionsstätten sowie starke Truppenstationierungen. Dresden galt als Knotenpunkt der die Rote Armee bekämpfenden deutschen Divisionen. Wie andere deutsche Städte auch war Dresden Sammelpunkt für Transporte von Jüdinnen und Juden in verschiedene Vernichtungslager. In zwei Angriffswellen warfen britische Maschinen ihre Bomben ab und zerstörten große Teile der Dresdner Innenstadt. Ungefähr 25-30.000 Menschen kamen dabei ums Leben. Ein dritter Angriff, diesmal von der amerikanischen Air Force, erfolgte am darauffolgenden Mittag.
Das Motiv des Bomber Command unter Leitung von Luftmarschall Arthur Harris galt in erster Linie der empfindlichen Schwächung der Fähigkeit Deutschlands, Krieg zu führen. »Das Kriegspotential des Feindes zu zerstören« sei die sicherste Methode um den Krieg zu gewinnen. Getroffen werden sollte die vielbeschworene Heimatfront. Dass er damit neben der Schwächung der Rüstungswirtschaft der deutschen Bevölkerung auch ein demoralisierendes Kollektiverlebnis beibrachte, sollte sich für den Kriegsverlauf nicht nachteilig auswirken.
Den Zeitzeugenberichte der modernen Oral HistoryForschung sei Dank, häufen sich bis heute die Legenden und Mythen um den »Bomben- und Feuersturm« über Dresden. Jenseits der Totenarithmetik, die die Opferzahlen gerne auf das zehnfache herauftreibt, sind es vor allem die Geschichten von den Tieffliegern, die die Flüchtenden auf den Elbwiesen entlang trieben und zusammenschossen. Die »fliegenden Terroristen« hätten wahre »Luftmassaker« veranstaltet, sind allerdings sowohl militärtechnisch, meteorologisch sowie physikalisch-technisch hierzu nicht einmal ansatzweise in der Lage gewesen. Die »authentische« Zeitzeugengeschichte lebt jedoch weiter: »[...] Wieder erschienen 1000 Bomber, diesmal im Tiefflug, und dann schossen sie mit Bordwaffen in die sich windende Menschheit.«
Die Dämonisierung der Angriffe, der Wahn der Verfolgungssituation und die eingebundene Erinnerungstradierung beruht auf einem schlichten Prinzip. Der Ausfall von Mitgefühl für die Opfer des Nationalsozialismus, sowie die vitale Vergesslichkeit verbinden sich zu einem Ressentiment voller Projektionen gegen die Befreier von einst und führt neben der klassischen Erinnerungsabwehr selbst zu abwehraggressiven Verhalten. Weder existiert die Einsicht noch ein Fetzen von Überlegung hinsichtlich einer historischen Einbettung. Dabei ist die Erinnerungsabwehr nicht nur gesamtgesellschaftlich sondern auch generationsübergreifend: Das Alltagsgespräch mit Dresdner Enkeln wird neben der Reproduktion von Opfererzählungen vor allem einen konturlosen und diffusen Gegenstand offenbaren: »Coventry ist eben die im Krieg zerstörte Partnerstadt Dresdens« ? kein Grund, so dermaßen ? wie im Falle Dresdens ? überzureagieren.
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Es gibt ein deutsches Sprichwort: "Fremdes Leid, trägt sich leicht." Meine persönliche Ergänzung in diesem Zusammenhang: Eignes Leid, das Herz erweicht. :-P
Ciao!
PS Es wird immer welche geben, die an den Dresdener Legenden weiterstricken; Dresden ist im Zusammenhang mit der Konstruktion eines deutschen Opfermythos über die Jahre hinweg zum Symbol geworden.
The same procedure as every year! Die Dresdnerdeutsche "13. Februar"-Identität besticht durch Schuldabwehr, revisionistische Geschichtsverdrehung und regelmäßiges Gejammer über das erlittene kollektive "Trauma", ob es jemand hören will oder nicht ? alle sind Opfer, alle sind DresdnerInnen!
PPS Zitat: "Es sollte schon Interesse bestehen die Geschichte GENAU aufzuarbeiten! Sei es wissenschaftliches interesse oder nur das Verlangen die Deutsche Geschichte PRÄZISE in den Schulbüchern der Zukunft zu haben! Außerdem ist eine konkrete Zahl immer erschreckender als bloße Schätzungen!" Zitat Ende.
Alles klar! Schreibt doch einfach die Geschichte um; organisiert aus Anlass der Bombardierungen Trauerfeiern, Gedenksteineröffnungen, Glockenturmeinweihungen, Friedensandachten, Kunstausstellungen, Podiumsdiskussionen, etc. - der "Opfermythos" wird es euch danken.
Die deutsche Betrachtung der eigenen Rolle im Nationalsozialismus ist völlig entkontextualisiert und verharmlosend mit der Folge, dass eine Verschiebung der Bewertung der einzelnen Ereignisse in der weiteren Geschichtsschreibung stattfindet.
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