Ich habe nochmals über unsere Diskussion über den Verfallszeitpunkt der Call-Optionen nachgedacht (Posting #1014 - #1017). Ausgangspunkt war eine Bemerkung in Posting #1012: „Porsche hat noch eine Menge Call Optionen, aus denen sie Cash schlagen wollen!!!! Die Frage: Wann laufen diese Call Optionen aus?? Und am nächsten Tag geht es dann runter!!!“ Der erste Satz in diesem Zitat stimmt nicht – jedenfalls nicht in dieser Kurzform. Porsche hat die Call-Optionen erworben, um damit den Einstiegspreis für VW zu fixieren, nicht um damit Profit (Cash) zu machen. Führen wir uns nochmals die Funktionsweise von Optionen vor Augen: Call-Optionen sichern dem Käufer das Recht zu, bis zu einem fixierten Zeitpunkt (Verfallstermin) Aktien zum vereinbarten Preis (Ausübungspreis) vom Verkäufer der Option zu erwerben. Der Verkäufer erhält dafür den Kaufpreis der Option (Optionsprämie) und muss die Aktien dann liefern; falls er sie nicht im Besitz hat, muss er sie am Markt erwerben. [Der Käufer eines Calls erwartet eine steigenden Aktienpreis.] Put-Optionen sichern dem Käufer das Recht zu, bis zum Verfallstermin die Aktien zum Ausübungspreis an den Verkäufer der Option zu liefern. [Der Käufer eines Puts erwartet einen fallenden Aktienkurs.] Für Porsche / VW wissen wir: Ein interessantes Bild hat der Kursverlauf (http://www.ariva.de/chart/....m?t=3years&secu=322&boerse_id=6 ): Seit Juli 2006 bis heute steigt der VW-Kurs (auf der logarithmischen Skala) nahezu linear von 60.- Euro auf 250.- Euro; nur im Oktober/November 2008 gibt’s vorüberghende grosse Ausschläge. Im Nov. 2006 und im Feb/März 2007 gibt es ein deutlich erhöhtes Volumen. Ausserdem können wir folgendes annehmen: - Porsche hat die Call-Optionen gekauft, bevor seine Übernahmepläne bekannt waren, um sich einen günstigen Ausübungspreis zu sichern.
- Das war vermutlich Sommer / Herbst 2006.
- Im Herbst 2006 lag der VW-Kurs bei 80.- Euro. Der Ausübungspreis der Calls könnte bei 100.- bis 120.- Euro liegen; nehmen wir fürs weitere 120.- Euro an.
- Die Laufzeit der am längsten laufenden Option war 2.5 bis 3 Jahre, also bis maximal Herbst 2009 (gemäss unseren Überlegungen in den letzten Tagen).
- Verkäufer der Calls waren wahrscheinlich mehrere Banken, die wussten oder aufgrund des grossen Volumens ahnten, dass eine Übernahme geplant war. Einen geringen Teil der Aktien, die sie liefern mussten, hatten sie, den Rest wollten sie im laufe der Zeit erwerben.
- Eine Prämie um die 10.- Euro im Schnitt für die verschiedenen Laufzeiten erscheint mir plausibel (war sicher gestaffelt nach Laufzeit und Ausübungspreis).
Aus dieser (angenommenen) Ausgangslage ergibt sich folgendes Szenario: Porsche kaufte VW-Aktien am freien Markt, solange der Kurs unter 130.- Euro (Ausübungspreis plus Prämie) war. Parallel dazu und bis heute decken die Banken sich mit Aktien ein, um die Call-Optionen bedienen zu können. Porsche hat an einem hohen oder steigenden Aktienkurs von VW kein Interesse: Über die Optionen haben sie den Preis pro Aktie auf 120.- Euro (Ausübungspreis) fixiert. Wenn der Aktienkurs darüber liegt, verlieren nur die Banken, weil sie die Aktien teurer kaufen müssen, als sie sie an Porsche weitergeben. Porsche verdient an einem höheren Kurs also nichts, weil sie die Call-Optionen haben, um Aktien zu kaufen und zu halten. Sie würden nur verdienen, wenn sie die mittels der Optionen für 120.- Euro gekauften Aktien zum aktuellen Kurs (260.- Euro) wieder verkaufen würden – was keinen Sinn macht, da sie eine Komplettübernahme anstreben. Das momentane Gerede von „Ein Kurs von 200.- bis 250.-Euro erscheint uns eine faire Bewertung“ ist belanglos, da für Porsche nicht relevant. Es ist sogar eine Verhöhnung der Banken, die sich noch nicht vollständig eingedeckt haben. Nur falls Porsche auch Put-Optionen verkauft hat, hätte es ein Interesse, dass der Kurs über dem Ausübungspreis dieser Optionen bleibt, damit sie wertlos verfallen und Porsche die einkassierte Optionsprämie als „Spekulationsgewinn“ behalten kann. Eine solche Spekulation mit Put-Optionen wäre – zumindest nach meinem Gerechtigkeitsempfinden – ein Verstoss gegen den freien Markt, da Porsche den VW-Kurs dominieren kann. Ob das juristisch auch so gesehen wird bezweifle ich allerdings. (Bewertungs- und steuerliche Fragen sind nicht berücksichtigt) Schlussfolgerung: Der Kurs der VW-Aktien wird demnach so lange steigen bis die letzte Bank alle Call-Optionen gedeckt hat. Das muss spätestens am Verfalltag der letzten Call-Option sein. Demnach sind unsere zeitlichen Überlegungen richtig, der Grund für den Kursanstieg, und die Interessenslage von Porsche jedoch anders. Sehe ich das richtig? Grüsse awehring
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