So, nachdem sich hier im Forum endlich mal alle wieder zuende gestritten haben zurück zum Thema: Ich habe folgenden Artikel im HANDELSBLATT vom 07.01.2009 gefunden, der FredoTorpedos und meine oben bereits erläuterte Meinung eigentlich exakt unterstreicht.
************************************************ Nach Mehrheitsübernahme: Was Volkswagen Porsche bringt (von Tino Andresen, Handelsblatt 07.01.2009) ************************************************
Porsche ist unverändert überzeugt von der industriellen Logik einer Volkswagen-Übernahme. Als ein Bekenntnis dazu werten Autoexperten in Interviews mit Handelsblatt.com die nun überraschend schnell erfolgte Mehrheitsübernahme der Wolfsburger durch den Sportwagenbauer. Was dieser Schritt den Stuttgartern strategisch und technologisch bringt.
DÜSSELDORF. "Porsche will die Kontrolle über Volkswagen", sagt Jürgen Pieper, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler. Der Sportwagenbauer, der jetzt 50,76 Prozent der VW-Stammaktien hält, sichere so sein langfristiges Überleben. Denn als Kleinserienhersteller wie bisher wäre Porsche früher oder später in Gefahr geraten. "Das Wachstum mit eigenen Produkten ist irgendwann ausgereizt", sagt Pieper. In den vergangenen Jahren hatte Porsche neben dem 911er die Baureihen Boxster/Cayman und den Geländewagen Cayenne auf den Markt gebracht. Im kommenden Geschäftsjahr soll der Viertürer Panamera folgen.
"Die Marke Porsche ist gezwungen, technologisch vorne dabei zu sein", sagt Autoexperte Ralf Kalmbach von der Unternehmensberatung Roland Berger. Allein wäre das ihm zufolge nicht möglich. Anders sehe es im Verbund mit Volkswagen aus. "Das ist einer der großen Spieler mit einem jährlichen Absatz von 6,5 Mio. Fahrzeugen und allen notwendigen Ressourcen." Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, sagt: "Porsches großes Ziel ist es, einen weltweit führenden Autokonzern im Premium- und Volumensegment zu schaffen."
In der Premiumklasse sieht Dudenhöffer den Posche-Volkswagen-Verbund "in dieser Größenordnung ohne Wettbewerber". Keine andere Gruppe in diesem Bereich habe derartige Kostenvorteile in der Produktion. "Das bringt auch Daimler und BMW unter Druck." Bereits heute basieren Porsches Cayenne, VWs Touareg und Audis Q7 auf einer gemeinsamen Plattform, ebenso der Porsche Boxster und der Audi TT. Die von vielen erwartete fünfte Baureihe der Stuttgarter könnte ein kleiner, sportlicher Geländewagen sein - und sich eine Plattform mit VWs Tiguan und Audis Q5 teilen, prognostiziert Unternehmensberater Kalmbach. "Diesen Schritt könnten sie allein so nicht machen." Er betrachtet es als großen Vorteil, dass die Realisierung neuer Baureihen im Zusammenspiel leichter falle.
Was Technik- und Entwicklungsressourcen angeht, stößt Porsche jetzt in völlig neue Dimensionen vor und kann Risiken künftig ganz anders verteilen. Bisher schätzt Analyst Pieper, dass der entsprechende Etat des Sportwagenbauers bei höchstens einem Zehntel der Ausgaben von Volkswagen von sechs bis sieben Mrd. Euro jährlich liegt. Hinzu kommt: "Volkswagen ist in den vergangenen Jahren an Daimler vorbeigezogen und hat sich zum Technologieführer entwickelt." Kalmbach nennt in diesem Kontext die Leichtbau-, Elektro- und Hybridtechnologie sowie konventionelle Antriebe mit vermindertem Kohlendioxidausstoß, etwa sehr sparsame Dieselmotoren.
Die Stuttgarter könnten sich außerdem in vielen Bereichen an die Wolfsburger anhängen, zum Beispiel beim Bau von Werken, sagt Kalmbach und fügt an: "Volkswagen ist in den wichtigsten Ländern weltweit gut aufgestellt." Beim Einkauf bringt Porsche Pieper zufolge gemeinsam mit Volkswagen ein 10- bis 15-mal so großes Gewicht auf die Waage wie allein. Geld sparen lasse sich auch durch eine bessere Auslastung der Kapazitäten im Verbund, so
Dass sich der hohe Kohlendioxidausstoß von Porsches Wagen durch Volkswagen ausgleichen lässt, betrachtet er lediglich als positiven Nebeneffekt des Einstiegs. Pieper misst diesem Punkt mehr Bedeutung bei und lobt das "wirklich strategische" Denken von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. "Die Umweltschutzdiskussion hat Porsche sehr stark in Bedrängnis gebracht, und was wäre mit dem Unternehmen allein passiert, falls Autos mit Verbrennungsmotor grundsätzlich in Frage gestellt werden?"
Der Autoanalyst erkennt in Porsches Einstieg bei Volkswagen auch eine emotionale und vielleicht irrationale Komponente: die Rückbesinnung auf die historischen Wurzeln der Stuttgarter. Schließlich war Ferdinand Porsche der Erfinder des VW-Käfer. Es sei zwar nicht das Ziel gewesen, mit dem Schritt Geld zu verdienen, aber die Porsche-Strategen hätten Mittel und Wege gefunden, das aus ihrer Sicht sehr günstig zu gestalten. "Die Familien Porsche und Piech haben die Gunst der Stunde genutzt, um sich das einzuverleiben", sagt Unternehmensberater Kalmbach.
Aus Dudenhöffers Sicht ist das Geld gut angelegt. Er erwartet, dass die künftige Rendite an die von Toyota herankommen könnte. Die Japaner sind seiner Ansicht nach im Volumengeschäft Porsches Vorbild, etwa in puncto Marktanteil und Ertragsfähigkeit. Profitabilität ist nach seiner Lesart ohnehin das Leitziel der Stuttgarter.
"Porsche-VW wird es auch in fünf Jahren noch geben", sagt Ralf Kalmbach von Boston Consulting. "Sie werden dann zusammen mit Toyota weltweit den Ton angeben." Er erwartet, dass dann noch alle Marken zum Verbund gehören, die heute dazu zählen, auch wenn Lamborghini nach seiner Ansicht etwas exotisch ist und Bugatti nicht ins Portfolio passt. In Deutschland wird es dann außerdem nur noch die Daimler-Welt geben, erwartet Jürgen Pieper. "Aber im Vergleich ist Porsche-VW die nächsten Jahre im Vorteil."
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