Freenet sucht weiter neuen Chef
* Telekomanbieter Freenet mit Umsatzsprung und Gewinnrückgang * Handy-Messe: O2 übernimmt 80 Shops von freenet * freenet setzt auf Datenkommunikation und Werbung * Freenet: Verkaufsgespräche von DSL-Geschäft laufen weiter * United Internet erwirbt Freenet-Anteil direkt * Freenet-Chef Eckhard Spoerr verlässt das Unternehmen * Freenet-Chef erwartet höhere Synergien durch debitel-Übernahme
Hamburg/Büdelsdorf - Es sind die ungelösten Fragen, die die Bilanzpressekonferenz des Telekomunternehmens Freenet am kommenden Donnerstag (26. März) überschatten werden: Drei Monate nach dem Abgang von Eckhard Spoerr ist der Chefsessel bei Freenet immer noch unbesetzt und für das DSL-Geschäft sucht das Unternehmen nach wie vor einen Käufer. Was die nackten Geschäftszahlen angeht, dürfte das Augenmerk von Anlegern und Analysten auf dem Ausblick des neu aufgestellten Mobilfunkanbieters und der Integration der im vergangenen Jahr übernommenen debitel liegen. Vorläufige Zahlen hatte Freenet bereits Mitte Februar veröffentlicht.
Ohne die jüngst veräußerte debitel Nederlands und das zum Verkauf stehende DSL-Geschäft verdoppelte sich das Konzernergebnis 2008 aus fortgeführtem Geschäft von 60,9 auf 148,4 Millionen Euro. Der Umsatz kletterte von 1,7 Milliarden auf 2,8 Milliarden Euro. Operativ verdiente Freenet etwas weniger als im Vorjahr. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verringerte sich im abgelaufenen Jahr um 3,1 Prozent auf 207,1 Millionen Euro. Aufgrund der Veränderungen in der Bilanzierung könne dieser Wert aber nicht mit dem Vorjahr verglichen werden, schreibt UniCredit-Analyst Friedrich. Angesichts der großen operativen Probleme im vergangenen Jahr sei diese Zahl durchaus solide.
Dass allerdings bislang keine Zahlen zu DSL-Neukunden im vierten Quartal veröffentlicht wurden, deutet nach Meinung von UniCredit-Analyst Friedrich darauf hin, dass Freenet erneut Kunden verloren hat. Bereits im dritten Quartal hatten rund 50.000 Kunden ihre Verträge gekündigt. Das dürfte es noch schwerer machen, einen passenden Käufer für den Bereich zu finden. Zwar werden die Hamburger nicht müde zu betonen, dass die Gespräche weiterlaufen. Doch in der Branche fragt man sich inzwischen, wer überhaupt noch als Käufer in Frage kommt, nachdem United Internet und Vodafone ihre Gebote zurückgezogen haben. "Freenet täte gut daran, das Geschäft eigenständig weiterzuentwickeln, damit es attraktiv bleibt", sagt Sal.Oppenheim-Analyst Frank Rothauge. Er rechnet nicht vor dem dritten Quartal mit einem Verkauf. "Ich glaube, dass eher Hansenet verkauft wird, bevor in Freenet Bewegung kommt." Um die Hamburger Telecom-Italia-Tochter ranken sich ebenfalls seit Monaten Verkaufsspekulationen.
In der Branche heißt es unterdessen, die Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern gingen nach der Krise weit auseinander. Ursprünglich war für das Freenet-DSL-Geschäft einmal ein Wert von rund 600 Millionen Euro genannt worden. Inzwischen heißt es, die Sparte sei nur noch etwa die Hälfte wert. Der ehemalige Freenet-Chef Spoerr hatte seine DSL-Kunden ursprünglich mit der Begründung zum Verkauf gestellt, damit den Schuldenberg aus der debitel-Übernahme abtragen zu wollen. Kurz vor seinem Abgang hatte er allerdings betont, dass Unternehmen sei auch ohne den Verkauf solide finanziert.
Nach wie vor ist außerdem unklar, wer das Erbe von Spoerr antreten wird - und vor allem wann. Denn inzwischen ist der Platz bereits seit gut einem Vierteljahr unbesetzt. Als Vorstandssprecher hat der frühere debitel-Finanzvorstand Joachim Preisig die Geschäfte zunächst übergangsweise in die Hand genommen. "Ideal wäre, wenn es jemand mit Erfahrung im Service-Provider-Geschäft ist", sagt Sal.Oppenheim-Analyst Rothauge. Ein fähiger Manager für eine so komplexe Thematik sei nicht leicht zu finden. "Es gibt aber nur wenige Kandidaten, dass ist ein gewisses Problem."
Für das operative Geschäft sind die Aussichten nach Meinung von Rothauge hingegen stabil. "Es drohen keine zyklischen Einflüsse, das Geschäft wächst aber auch nicht." Das Unternehmen müsse in erster Linie seine Schulden senken und sich neue Wachstumsfelder erschließen. Um die Großaktionäre United Internet und Drillisch, die das Unternehmen vor gar nicht allzu langer Zeit noch filetieren wollten, ist es unterdessen ruhig geworden. Es scheint, als warten alle wie gebannt auf den Nachfolger von Spoerr.
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