Handelsblatt schreibt von Hans-Peter Siebenhaar
Der Finanzinvestor Kohlberg Kravis & Roberts (KKR) strebt eine Umschuldung des kriselnden Fernsehkonzerns Pro Sieben Sat 1 an. Die Beteiligungsgesellschaft sammelt nach Angaben aus Unternehmenskreisen derzeit weltweit bei Investoren bis zu 730 Mio. Euro für eine Anschlussfinanzierung ihres Europafonds 2 ein. Mit diesem Geld sollen die gekauften Firmen umschulden können. Für Pro Sieben Sat 1 wird die Luft dünn. Quelle: ReutersLupe
Für Pro Sieben Sat 1 wird die Luft dünn. Quelle: Reuters
DÜSSELDORF. Mit dem 2005 eröffneten Europafonds, der ein Volumen von 4,5 Mrd. Dollar hat, kaufte KKR mehr als ein Dutzend Firmen zwischen Skandinavien und Gibraltar. Ein Investment war zusammen mit dem Finanzinvestor Permira die Übernahme der größten deutschen Sendergruppe, Pro Sieben Sat 1. Mit dem frischen Geld will KKR auch die Schulden der mit Permira betriebenen Zwischenholding Lavina von rund 1,8 Mrd. Euro zu einem Bruchteil zurückkaufen.
Der Wert beläuft sich nach Angaben von Unternehmensinsidern auf rund 15 Prozent der eigentlichen Darlehenssumme. ?Lavina ist total überschuldet. Die Investoren müssen daher dringend frisches Geld nachschießen, um eine Zahlungsunfähigkeit zu verhindern?, sagte gestern ein Analyst, der das Unternehmen seit vielen Jahren kennt.
Deutschlands größter Fernsehkonzern ist insgesamt mit 3,4 Mrd. Euro verschuldet und muss mehr als 250 Mio. Euro Zinsen jährlich zahlen. Die Holding Lavina hält 56,7 Prozent des Grundkapitals.
Sowohl KKR als auch Permira wollten gestern zur geplanten Umschuldung keine Stellung nehmen. Auch Pro Sieben Sat 1 lehnte einen Kommentar ab.
Wieviel Geld KKR bei Investoren für den Europafonds 2 überhaupt noch locker machen kann, ist offen. Es ist in Unternehmenskreisen von mindestens 400 Mio. Euro die Rede. Dieses Geld wird aber nicht nur Pro Sieben Sat 1 über den Rückkauf von Krediten zugutekommen, sondern auch anderen Unternehmen, die über diesen Fonds gekauft worden sind. Permira ist bereit, einen Rückkauf von Krediten mitzumachen. ?Wenn es eine günstige Gelegenheit gibt, sind wir sicher dabei?, sagte ein Unternehmensinsider. Allerdings habe es über die Lösung des Schuldenproblems bei Pro Sieben Sat 1 keine Gespräche mit KKR gegeben haben. Es gebe für eine derartige Lösung auch keine zeitliche Frist.
Der Druck auf den Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 wächst unterdessen. KKR und Permira haben Pro Sieben Sat 1 wegen des Kauf der europäischer Senderkette SBS Broadcasting für 3,3 Mrd. Euro hoch verschuldet. Zudem haben sich die beiden Beteiligungsgesellschaften großzügig selbst bedient. Im vergangenen Jahr hat Pro Sieben Sat 1 rund 270 Mio. Euro an KKR und Permira ausgeschüttet. Die Entscheidung stieß damals auf viel Kritik im Markt, weil die Dividende dreimal so hoch war wie der Jahresgewinn ? und damit an die Substanz des Unternehmens ging. Im vergangenen Jahr machte Pro Sieben Sat 1 wegen Abschreibungen auf Teile von SBS einen Verlust von 129 Mio. Euro. KKR hat mittlerweile die Beteiligung zu 90 Prozent abgeschrieben. Der Vorstand sieht die Schuldenlast längst mit großer Sorge. ? Neben der Verbesserung unserer Kostenstrukturen hat die Reduzierung der Nettofinanzverbindlichkeiten hohe Priorität?, sagte Finanzvorstand Axel Salzmann zuletzt.
Der Einbruch im TV-Werbemarkt verschärft jetzt die Situation. ?Es wird ein herausforderndes Jahr, nicht nur für uns?, sagte der neue Konzernchef Thomas Ebeling zuletzt. In der Branche werden solche Äußerungen als beschönigend empfunden. ?Das schlimme Erwachen kommt erst im zweiten Quartal. Dann wird es richtig böse?, sagte ein Analyst. Dann schlage die nachlassende Binnenkonjunktur voll durch. Bereits im ersten Quartal verlor Pro Sieben Sat 1 nach Angaben der Marktforscher von Nielsen 2,7 Prozent der Brutto-Einnahmen. Netto sollen es nach Analystenschätzungen sogar fünf bis sechs Prozent sein
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