NAHOST
Trotz Kana - Israel will weiterbomben
Der israelische Luftangriff auf ein Wohnhaus in Kana bei dem über 50 Menschen starben, sorgt weltweit für Trauer und Empörung. Doch Israel denkt nicht an eine Feuerpause. Mindestens zehn Tage soll die Offensive gegen die Hisbollah noch andauern, erklärte Ministerpräsident Olmert.
Jerusalem - Israel will seine Militär-Offensive gegen die libanesische Hisbollah noch zehn bis 14 Tage lang fortsetzen. Ein entsprechender Bericht der Internetseite YNnet sei zutreffend, sagte David Baker vom Büro des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert am Sonntag. Olmert habe die Zeitspanne zuvor in einem Gespräch mit US-Außenministerin Condoleezza Rice genannt. Nur wenige Minuten zuvor hatte Baker noch auf Anfrage dementiert, dass Olmert Rice diese Zeitspanne genannt habe.Am Abend flogen israelische Kampfjets Luftangriffe auf den Nordosten Libanons. Nach Augenzeugenberichten feuerte die Armee mindestens zwei Raketen auf Ziele in der Nähe der Ortschaft Jamuni, die als Hochburg der Hisbollah-Miliz gilt und während der Offensive bereits mehrfach getroffen wurde. Außerdem hätten Soldaten aus Hubschraubern heraus mit Maschinengewehren geschossen, hieß es weiter. KANA: TRAGÖDIE UM HALB ZWEI IN DER NACHT Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (8 Bilder).
| Israel hat vor 19 Tagen mit den Angriffen auf den Libanon begonnen und will damit nach eigenen Angaben die Hisbollah entscheidend schwächen. Die Hisbollah hat zahlreiche Raketen auf Israel abgefeuert. Bei dem Konflikt sind nach libanesischen Angaben im Libanon bislang etwa 750 Menschen getötet worden. Auf israelischer Seite kamen den Angaben zufolge bislang mindestens 51 Menschen ums Leben. Die USA als wichtigster Verbündeter Israels im Nahen Osten lehnt die Forderung etwa aus der EU nach einem sofortigen Waffenstillstand ab. Uno-Generalsekretär Kofi Annan berief nach dem Bombardement den Weltsicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung ein. Annan forderte die Mitglieder dazu auf, die israelische Attacke auf Kana zu verurteilen und ein sofortiges Ende aller Feindseligkeiten zu fordern. Annan lud für Montag zu Gesprächen über eine internationale Friedenstruppe ein, dabei handelt es sich um informelle Gespräche mit möglichen Truppenstellern. Mehrere Länder haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, sich an einer Friedenstruppe zu beteiligen. Annan selbst hatte eine Stabilisierungstruppe im Südlibanon an der Grenze zu Israel vorgeschlagen. Sie solle deutlich größer sein als die UN-Beobachtermission UNIFIL, die derzeit mit etwa 2000 Soldaten vor Ort ist. In einer Erklärung der Uno hieß es, Annan sei "zutiefst schockiert" über den israelischen Luftangriff. Die EU-Ratspräsidentschaft erklärte, es gebe "keine Rechtfertigung für Angriffe, bei denen unschuldige Zivilisten getötet oder verletzt werden". Die Europäische Union zeigte sich "schockiert und entsetzt" über den Angriff und erklärte, dieser sei durch nichts zu rechtfertigen. NAHOST: GRAUEN AUF BEIDEN SEITEN DER GRENZE Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (10 Bilder).
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Westliche Regierungschefs verurteilen Angriff US-Präsident George W. Bush sprach sich in einer Reaktion auf den Angriff für einen "dauerhaften Frieden" im Nahen Osten "im Interesse der Kinder" aus. Daran müssten die USA, "ihre Freunde und Verbündeten arbeiten, besonders im Interesse der Kinder", sagte Bush am Sonntag vor Beginn eines Kinder-Baseballspiels im Weißen Haus. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der britische Premierminister Tony Blair kritisierten bei einem Telefongespräch am Abend den israelischen Luftangriff auf Kana und forderten einen Waffenstillstand. Sie drückten ihr großes Bedauern und ihre tiefe Trauer über die Folgen des Angriffs aus, "bei dem viele unschuldige Menschen, darunter auch viele Frauen und Kinder, ihr Leben verloren" hätten, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Ulrich Wilhelm, danach in Berlin mit. Beide Regierungschefs hätten deutlich gemacht, dass die Anwendung militärischer Mittel verhältnismäßig sein müsse und dass Opfer unter der Zivilbevölkerung vermieden werden müssten. Rice hofft auf Waffenruhe Bundesaußenminister Steinmeier erklärte in Berlin, er habe Israel "wiederholt darauf hingewiesen, dass auch im Rahmen des Rechts auf Selbstverteidigung jede Anwendung militärischer Gewalt verhältnismäßig sein muss". Seine britische Kollegin Margaret Beckett nannte den Luftangriff "ganz entsetzlich". Israel machte die Hisbollah verantwortlich. Rice' geplanter Besuch im Libanon wurde abgesagt. "Sie wird nicht in Beirut erwartet", sagte ein libanesischer Regierungsbeamter. Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hatte zuvor mitgeteilt, es werde keine Verhandlungen mehr geben, solange Israel nicht zu einer "sofortigen und bedingungslosen Waffenruhe" bereit sei. Rice will am Montag nach Washington zurückkehren, um dort diplomatische Bemühungen zu unterstützen und auf eine Entschließung im UN-Sicherheitsrat hinzuarbeiten, sagte ein amerikanischer Regierungsbeamter in Jerusalem. Rice hatte sich zuvor "tief betrübt" geäußert über den Verlust unschuldigen Lebens. Rice forderte von Israel mehr Umsicht zur Vermeidung ziviler Opfer. Sie werde ihre Vermittlung für eine tragfähige Waffenruhe fortsetzen, sagte sie in Jerusalem. "Wir wollen eine Waffenruhe so schnell wie möglich." Israel will einer Waffenruhe aber erst zustimmen, wenn die Hisbollah-Miliz Bedingungen dafür erfüllt hat. Währenddessen war der libanesische Regierungschef Fuad Siniora hat Israel nach dem verheerenden Bombenangriff in dem südlibanesischen Dorf Kana "Staatsterrorismus" vorgeworfen. In einem Gespräch mit dem US-Fernsehsender CBS verlangte er am Sonntag erneut eine sofortige und bedingungslose Waffenruhe. Verhandlungen seien bis dahin nutzlos. "Wir können nicht mit dem blutigen Schwert an unserem Hals diskutieren", sagte Siniora. cpa/dpa/Reuters http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,429265,00.html
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