„Nur eine leere Hülle“ Hypo Real droht die Auflösung Von Marcus Theurer und Manfred Schäfers 30. September 2008 Der angeschlagenen Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) droht im Rahmen des geplanten milliardenschweren Hilfspakets schlimmstenfalls die faktische Auflösung. Das geht aus einer gemeinsamen Stellungnahme der Finanzaufsicht (Bafin) und Bundesbank hervor. In dem Schreiben an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), das der F.A.Z. vorliegt, umreißen die Finanzmarktaufseher den am Wochenende ausgearbeiteten Plan zur Rettung der HRE. „Anders als bei einer sofortigen Insolvenz wird eine geordnete und Substanz schonende Neustrukturierung der HRE-Gruppe durch einen den Wert erhaltenden Verkauf der Bank-Töchter oder von deren Vermögensteilen ermöglicht“, heißt es darin. Steinbrück hatte schon am Montag eine „geordnete Abwicklung“ der HRE angekündigt. Allerdings hatte Georg Funke, der Vorstandschef der Bank, diesem Vorschlag umgehend widersprochen. Eine Abwicklung stehe „nicht zur Debatte“, sagte Funke. Tatsächlich sieht das Hilfspaket laut Bundesbank und Bafin jedoch vor, dass die HRE unter anderem die Anteile ihrer vier operativen Tochtergesellschaften als Sicherheit für den vorgesehenen Rettungskredit von 35 Milliarden Euro verpfänden muss. Falls die Bank den Kredit, der bis „weit ins Jahr 2009“ laufen soll, nicht zurückzahlen kann, würde der Verkauf der Tochtergesellschaften drohen. Von der HRE bliebe dann nur eine leere Hülle ohne operatives Geschäft übrig. Die Verpfändung sei geboten, weil es sonst zu einer „ordnungspolitisch nicht vertretbaren Schonung der Vermögensposition der Aktionäre“ der HRE komme, schreiben Präsident und Vizepräsident der Bundesbank, Axel Weber und Franz-Christoph Zeitler, sowie Bafin-Präsident Jochen Sanio an Steinbrück. Die Finanzbranche feilscht um die Bürgschaft Trotz der düsteren Zukunftsaussichten erholte sich der Aktienkurs der HRE am Dienstag im Handelsverlauf um 16 Prozent auf 4,08 Euro. Am Vortag war die Notierung noch um rund drei Viertel gefallen. Bei den Ratingagenturen stieß die Finanzhilfe für die HRE am Dienstag auf Skepsis: Moody's setzte Bonitätsnoten der HRE auf die Beobachtungsliste für mögliche Herabstufungen. Die Agentur Standard & Poor's kündigte an, die Ratings für von der HRE begebene Anleihen würden überprüft und möglicherweise zurückgestuft. Die Finanzbranche feilschte derweil um die Bereitstellung der geplanten Bürgschaft für den HRE-Kredit von 35 Milliarden Euro. Der Verband der privaten Großbanken BdB teilte am Dienstag mit, die Geschäftsbanken würden lediglich 3 Milliarden Euro an Ausfallbürgschaften stellen. Am Montag hatte Steinbrück dagegen angekündigt, der Finanzsektor werde 8,5 Milliarden Euro an Bürgschaften stellen. Aus Finanzkreisen hieß es nun, es liefen derzeit Verhandlungen mit anderen Finanzinstituten, darunter Versicherern, wer die restlichen 5,5 Milliarden Euro übernehmen soll. Eingebunden in die Hilfsaktion für die HRE sind bislang Deutsche Bank, Commerzbank, Hypo-Vereinsbank, Dresdner Bank, Postbank, Bayern LB und Deka. Allerdings wollen nicht alle Institute bürgen. Den Löwenanteil der Bürgschaft soll, wie berichtet, mit 26,5 Milliarden Euro der Bund stellen. HRE-Chef Funke bleibt vorerst Die von der HRE für den Kredit aufgebrachten Sicherungsleistungen in Form von Wertpapieren und Kreditforderungen sind allerdings weniger wert als bisher dargestellt. Am Montag hatte es zunächst geheißen, die von der HRE auf diesem Weg gestellten Sicherheiten hätten ein Volumen von 42 Milliarden Euro. Das Risiko des Bundes als Bürge sei „nahe Null“, hatte Steinbrück gesagt. Bundesbank und Bafin weisen nun jedoch darauf hin, dass die Papiere nur einen „Beleihungswert“ auf Basis der aktuellen Marktpreise von 15 Milliarden Euro hätten. Dies soll eine aktuelle Bewertung ergeben haben. [nicht gezockt?? von wegen!] Die genannte Summe von 42 Milliarden Euro sei dagegen der Nominalwert. Der komplexe Hilfsplan für die HRE sieht zwei Schritte vor: Zunächst gewähren die Banken der HRE einen Kredit, um die kurzfristige Liquidität zu sichern. Im Gegenzug stellt die Bank Sicherheiten in Form von Wertpapieren und Anteilen an ihren Tochtergesellschaften. Im zweiten Schritt soll die Finanzbranche eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle) mit Banklizenz schaffen, die den Kredit an die HRE-Gruppe auf 35 Milliarden Euro aufstockt. HRE-Vorstandschef Funke muss trotz der Krise derzeit offenbar nicht um seinen Posten fürchten. Funke, der schon seit Monaten in der Kritik steht, habe das weiterhin das Vertrauen des Hauptaktionärs J.C. Flowers, heißt es in Finanzkreisen. Die Beteiligungsgesellschaft war im Frühjahr mit 24,9 Prozent bei der HRE eingestiegen. Auch in Regierungskreisen ist zu hören, dass eine Entlassung Funkes zur Zeit nicht geplant sei. Kleinaktionärs-Vertreter forderten den Bankmanager dagegen am Dienstag zum Rücktritt auf. Vorstand und Aufsichtsrat der HRE hätten „das Vertrauen der Anleger endgültig verspielt“, sagte Lothar Gries von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Ähnlich äußerten sich auch Analysten. www.faz.net
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