Abenteuer Euro". Ein interessantes Interview veröffentlicht am 17.12.2011. Gesamtlektüre lohnend.
F: Was spricht -- außer einer steigenden Inflationsrate -- noch dagegen, wenn die Europäische Zentralbank der US-Notenbank Fed nacheifert und ihre Zurückhaltung gänzlich aufgibt?
Nölling: Mit den Reparaturarbeiten an der Währungsunion war schon verbunden, europäisches Verfassungsrecht zu brechen. [...] Dabei bedarf es keiner besonderen Vorschulung, um zu erkennen, dass die EZB ihren "Vorbildern" in den USA und Großbritannien folgen wird, ja folgen muss. [...] Hierzu passt ein Zitat aus Schillers "Wallenstein": "Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären."
F: Deutschland hat als Exportmacht am stärksten vom Euro profitiert. Wäre ein Aus der Gemeinschaftswährung am Ende nicht noch teurer?
Nölling: Diese Behauptung ist falsch. Wenn nicht alle Länder irgendwie Vorteile beim Austausch von Gütern gehabt hätten, wäre die europäische Gemeinschaft längst zerbrochen. Für Deutschland gilt, dass öffentliche und private Investitionen, wirtschaftliche Wachstumsraten und Pro-Kopf-Einkommen der Deutschen während der Euro-Zeit so stark gelitten haben, dass wir die Spitzenposition verloren haben und heute im unteren Drittel rangieren. Kann man wirklich davon sprechen, dass wir die größten Profiteure seien, nur weil der Außenhandel eine hart erarbeitete stabile Größe der deutschen Wirtschaft ist? Nein, das ist Unfug. Europa geht einem "verlorenen Jahrzehnt" mit großen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Erschütterungen entgegen. [...]
F: Kann sich Europa ein "Aus" des Euro leisten in Anbetracht der Tatsache, dass auch der Dollar wegen der US-Schuldenkrise schwächelt und China immer stärker an die Weltspitze drängt?
Nölling: Ich rede ja nicht vom "Aus", sondern von einer Neuausrichtung. Aber ich vermute, dass man diesen Weg leider nicht gehen wird. Einmal, weil eine falsche Diagnose -- Staatschuldenkrise statt Währungskrise -- von den Akteuren, die früher für die Währungsunion gekämpft haben und die es heute noch tun, gebetsmühlenhaft verbreitet wird. Zum anderen, weil unsere Politiker nicht sehen wollen, dass die Beibehaltung des gegenwärtigen Kurses Europa ins "Aus" treibt. Die Euro-Kritiker der ersten Stunde sind die wahren, um Europas Zukunft besorgten Europäer; sie zeigen, was geschehen müsste, um den schlimmsten Fall der Währungsgeschichte, den "Selbstmord" Europas zu verhindern. Wer aber den Kopf in den Sand steckt, wird darin ersticken.
http://www.extremnews.com/berichte/wirtschaft/54b213bae39c6bd
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