Die Probleme gehen mit dem bevorzugten Status der neu eingeführten trusted flagger dann allerdings noch sehr viel weiter.
Dass Rechtsverletzungen im Netz von privaten Personen oder auch Organisationen als sogenannte freiwillige Helfer gemeldet werden, ist ja schon seit langem gang und gäbe.
Wenn jeder dabei nur das meldet, was dem eigenen ideologischen Bias entgegenläuft, dabei jedoch die unterschiedlichsten Aktivisten, Lobbyisten oder Was-Auch-Immer-Isten, ihre Meldungen abgeben und alle diese Meldungen gleichrangig bearbeitet werden, dann kürzt sich der ideologische Bias am Ende ja immerhin (im Ideal) heraus,.... es wird dann eben alles gemeldet, woran von irgendeiner Seite in irgendeiner Weise Anstoß genommen wird. Was bleibt ist ein riesiger Bearbeitungsaufwand und darüber, wie sinnvoll und wünschenswert es im Ergebnis überhaupt ist, mag man dann auch unterschiedlicher Ansicht sein.
Wenn nun aber bestimmte Melder einen bevorzugten Status bekommen können, sodass ihre Meldungen vorrangig vor denen der freiwilligen Helfer behandelt werden müssen (wie es in dem trusted flagger system nun eben der Fall ist) dann kommt zu der grundsätzlichen Sinnfrage auch noch die Möglichkeit missbräuchlicher effektiver Einflussnahme hinzu.
Wenn z.B. eine große Institution mit dem trusted flagger staus nur nach ihrem eigenen ideologischen Bias in großen Mengen meldet, und diese Meldungen vorrangig bearbeitet werden müssen, dann könnte es z.B. dazu kommen, dass bunte Meldungen Freiwilliger kaum noch zur Bearbeitung kommen, und sich die unterschiedlichen Stoßrichtungen bei den Meldungen am Ende eben nicht mehr herauskürzen, sondern einseitig Einfluss genommen werden könnte.
Des Weiteren bedeutet dieses System, dass Meldungen primär nicht mehr nach der möglichen Schwere des gemeldeten Vorfalles abgearbeitet werden könnten. Wie sähe es z.B. bei einer von Seiten eines freiwilligen Helfers gemeldeten Ankündigung eines Suizides oder eines Amoklaufs aus, müsste dann eine Meldung eines trusted flaggers über irgendeine belanglose fakenews immer noch vorrangig bearbeitet werden?
Wenn nicht, dann müssten die Online-Portale also die Meldungen erst nach dem möglichen Schweregrad des Rechtsverstoßes und dann erst nach dem Status der Melder sortieren? Was wäre das denn für eine Vereinfachung? Der bürokratische Bearbeitungswust würde dabei am Ende nur noch größer...
...und wie finanzieren sich solche Organisationen eigentlich, die dann als profesionelle trusted flagger unterwegs sein wollen?
Gegen Bezahlung interessierte Aufträge entgegenzunehmen, das Netz auf ganz bestimmte Rechtsverletzungen hin zu durchforsten wäre da doch sicher verlockend.
Die Gema und Vertreter bestimmter Rechteinhaber könnte solche Dienste z.B. gerne in Anspruch nehmen wollen, tun sie ja auch schon, nur bisher eben bei Organsisationen ohne trusted flagger Status. Die bevorzugte Bearbeitung stellt doch einen deutlichen Vorteil dar, nur mit welchem Recht sollten sich Interessenvertreter einen solchen Status erkaufen können? Oder sogar noch besser, sie könnten ihn auch ohne weiteres einfach selbst beantragen.
Die Anforderungen, die erfüllt sein müssen, um den Status eines preffered flaggers zu erhalten, sind derweil so schmal, dass sich die Gewährung eines Sonderstatus, der Dritte zur vorrangigen Bearbeitung zwingt, damit m.E. kaum rechtfertigen lässt.
Und wenn diese schmalen Anforderungen erfüllt sind, besteht im übrigen auch ein Anspruch auf Erteilung. Selbst im konkreten Fall ist es für mich z.B. leider gar nicht so klar, ob die Bundesnetzagentur nun überhaupt die Möglichkeit hat, dieser RESpect Organisation diesen Status auf der Grundlage persönlicher Verbindungen ihres Vorsitzenden wieder rechtmäßig zu entziehen.
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