Ist das die Verklärung des Gastarbeiters?
Wie wäre es mit folgenden Fakten: Aus den Mittelmeerländern angeworbenen, strömten zahlreiche zumeist junge Männer anfangs ohne Anhang nach Deutschland, um den dortigen Arbeitermangel auszugleichen. Fehlende Fach- und Sprachkenntnisse stellten kein allzu großes Hindernis dar, weil der Anwerbebedarf sich auf einfachste Anlerntätigkeiten beschränkte. Der Begriff Gastarbeiter konnte dabei wörtlich genommen werden, weil weder von deutscher Seite, noch von den Gastarbeitern von einer dauerhaften Niederlassung ausgegangen wurde. Für die Gastarbeiter stand hierbei die Entlohnung im Vordergrund, um davon ein Maximum in die Heimatländer zu überweisen. Es wurde daher auch zumeist jede mögliche Überstunde und weitere Hinzuverdiensmöglichkeit wahrgenommen. Das Leben hier wurde selbst nach der Nachholung von Frau, Freundin oder Familie auf das Allernötigste beschränkt. Angst um seinen Arbeitsplatz musste der Gastarbeiter genausowenig haben, wie sein deutscher Kollege. Wem es nicht gefiel konnte Sack auf Pack kündigen und fand schon spätestens am nächsten Werktag und in unmittelbarer Nähe eine gleichwertige Beschäftigung. Die Entlohnung in Deutschland kann sogar als fürstlich bezeichnet werden, da der Wechselkurs der damaligen DM zu den Währungen in den Mittelmeerländern beträchtlich war und somit zu einer deutlich gesteigerten Kaufkraft führte. Dass insbesondere mangelnde Sprachkenntnisse und das Treffen auf eine andere Lebensweise zu einer anfänglichen Einschüchterung führten ist die normalste Sache der Welt, aber die sich bildenden Enklaven hatten auch schnell den Bogen raus, was in Deutschland geht und was nicht. Der Gastarbeiter war also nicht der Ausgebeutete, sondern es war für beide Seiten das, was man heute als Win-Win-Situation bezeichnen würde. Und so sind auch viele der ersten Gastarbeiter getreu ihren Vorstellungen dann nach kürzerer, aber zumeist längerer Zeit wieder in ihre Heimatländer zurückgegegangen. Andere hingegen, insbesondere deren Kinder, haben sich jedoch aufgrund des längeren Aufenthalts in Deutschland gegenüber ihren Heimatländern entfremdet und ihre Ziele neu ausgerichtet. Das war der Zustand bis hinein in die Siebziger Jahre, als das s.g. Wirtschaftswunder mehr als nur ins Stottern geriet kam. Was danach kam und welche Gegebenheiten sich aus der mangelhaften Beobachtung der sich bis dahin abgezeichneten Entwicklungen ergeben haben, das steht auf einem anderen Blatt. Erst mit dem Abklingen der Wirtschaftsleistung wurden die begangenen Versäumnisse, die wohlgemerkt beide Seiten begangenen haben, sichtbar, weil bis dahin für alle direkt Beteiligten nur die Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Interessen Priorität hatte.
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