Hisbollah-Chef droht mit weiteren Angriffen
Trotz des Appells der G8: Der Chef der radikal-islamischen Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, hat in einer Fernsehansprache mit weiteren Angriffen auf Israel gedroht. Jerusalem habe noch "andere Überraschungen" zu erwarten. Israel reagierte auf die Angriffe der Milizen aus dem Libanon indes mit einem Vergeltungsschlag.
HB BEIRUT. Keine Entspannung bei den Kämpfen in Nahost. Die gegenseitigen Drohungen und die Raketenangriffe gingen auch am Sonntagabend weiter: "Wir haben mehr Waffen als Ihr denkt", sagte Hisbollah-Anführer Nasrallah in einer Fernsehansprache. "Wir haben Haifa und das israelische Kriegsschiff angegriffen und wir versprechen Euch noch andere Überraschungen", fügte er hinzu.
Es war nicht klar, wo die Ansprache aufgezeichnet worden war. Nasrallah bestritt, dass es in den Reihen der Hisbollah iranische Kämpfer gebe. "Alle Kämpfer sind aus dem Libanon", betonte er. Hisbollah kämpfe für das ganze Land. "Die arabische Welt hat eine historische Chance, die Zionisten zu besiegen", sagte er.
Nach einem zunächst unbestätigten Bericht des britischen Senders BBC griffen israelische Kampfflieger derweil die libanesische Hafenstadt Tyrus an. Dabei sollen mindestens zehn Menschen getötet worden sein. Im Süden des Landes wurden am Sonntag mehrere Dörfer bombardiert. Nach Krankenhausangaben kamen mindestens 16 Menschen ums Leben.
Der Befehlshaber der israelischen Armee in Nordisrael, Generalmajor Udi Adam, kündigte laut einem Bericht des US-Senders CNN weitere schwere Angriffe in den kommenden Stunden an. Tausende von Libanesen machten sich in Minibussen und Lastwagen auf die Flucht. Auch Zehntausende Europäer flüchten aus dem Land.
Die Raketen, die heute Morgen in der israelischen Hafenstadt Haifa einschlugen, sind nach Einschätzung des stellvertretenden israelischen Ministerpräsidenten Schaul Mofas in Syrien hergestellt worden. "Das sind syrische Waffen", sagte der frühere Verteidigungsminister bei einem Rundgang durch das Bahndepot in Haifa, in dem bei dem Raketenangriff acht Menschen ums Leben gekommen waren. Aus israelischen Sicherheitskreisen hatte es zuvor geheißen, die Hisbollah habe für den Angriff Raketen aus dem Iran eingesetzt.
Die libanesische Regierung hat nach eigenen Angaben von Israel Bedingungen für eine Einstellung der Militäroffensive erhalten. Israel fordert demnach die Freilassung der von Hisbollah- Kämpfern entführten Soldaten und einen Rückzug der Miliz von der gemeinsamen Grenze. Weitere Einzelheiten sind bislang nicht bekannt. Libanons Ministerpräsident Fouad Siniora hatte gestern von den Vereinten Nationen gefordert, sich für eine Waffenruhe einzusetzen.
EU-Außenvertreter Javier Solana traf am Abend zu einem überraschenden Kurzbesuch in der libanesischen Hauptstadt Beirut ein. Dort werde er Ministerpräsident Fouad Siniora treffen, teilten die libanesischen Behörden mit. Nach dem Gespräch war eine Pressekonferenz geplant. Ein EU-Vertreter sagte, Solana werde möglicherweise auch mit dem Parlamentsvorsitzenden zusammen treffen.
Nach der Entführung zweier israelischer Soldaten durch die radikal-islamische Hisbollah fliegt die israelische Luftwaffe seit Mittwoch Luftangriffe gegen den Libanon - auch Beirut wurde mehrfach getroffen. Die EU hat die israelischen Angriffe als "unverhältnismäßig" kritisiert und beide Parteien zur Zurückhaltung aufgerufen.
Nach langem Hin und Her einigten sich auch die Staats- und Regierungschefs der G8 in St. Petersburg noch auf eine Erklärung zur Eskalation in Nahost. In der Botschaft verlangen die Staatschefs Merkel zufolge, dass zunächst die entführten israelischen Soldaten freigelassen werden. Die Angriffe auf Israel müssten eingestellt werden, dann solle auch Israel seine Militäraktionen beenden.
Quelle: Handelsblatt.com
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