Irakischer Militär bestätigt Berichte über Saddams Waffen
London (dpa) - Ein irakischer Offizier ist nach einem Zeitungsbericht die Quelle für Informationen des britischen Geheimdienstes über vermeintliche Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins gewesen. Der Mann bestätigte die Darstellung der britischen Regierung, dass die Gefechtsköpfe binnen kürzester Zeit einsatzfähig gewesen wären. Über die Art der Massenvernichtungswaffen gab es keinerlei Angaben.
«Ich bin derjenige, der verantwortlich für diese Informationen war», sagte Oberstleutnant al-Dabbagh dem «Sunday Telegraph» in einem Interview. Nach den Angaben des Offiziers, der unmittelbar vor dem Irak-Krieg eine Einheit an der erwarteten Frontlinie kommandierte, wurden Kisten mit entsprechenden Gefechtsköpfen Ende vergangenen Jahres in die vordersten Reihen transportiert. «Wir hätten sie innerhalb einer halben Stunde abfeuern können», sagte der 40-Jährige. Downing Street kommentierte den Bericht zunächst nicht.
Die Geschosse, die nach den Angaben aus einer Reihe von Fabriken in den Vororten Bagdads stammten, hätten von tragbaren Granatwerfern abgefeuert werden können. Die Kommandeure seien angewiesen worden, dies nur auf ausdrücklichen Befehl Saddams zu tun. Diese Waffen seien nur deshalb nicht eingesetzt worden, weil ein Großteil der Soldaten nicht für Saddam kämpfen wollte. «Der Westen sollte Gott danken, dass die irakische Armee sich dafür entschied, nicht zu kämpfen», sagte al-Dabbagh, dessen Vorname in dem Bericht nicht genannt wurde.
Der Offizier, der nach eigenen Angaben während des Krieges im Hauptquartier der irakischen Flugabwehr arbeitete, sagte, die Massenvernichtungswaffen würden sich weiterhin in Verstecken der Fedajin im Irak befinden. «Erst wenn Saddam gefangen wird, werden Leute über diese Waffen sprechen», sagte er. Der Offizier lieferte nach eigenen Angaben seit Anfang 2002 mehrere Berichte über die Massenvernichtungswaffen an den britischen Geheimdienst MI6.
Nach dem Krieg war die britische Regierung in einem Bericht der BBC kritisiert worden, sie habe ein früheres Geheimdienst-Dossier über die Gefahren der irakischen Massenvernichtungswaffen absichtlich aufgebauscht. Dabei ging es um die Behauptung, diese Waffen könnten innerhalb von 45 Minuten einsatzbereit sein. Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen der Regierung von Premierminister Tony Blair und der BBC um diese Behauptung nahm sich der Waffenexperte David Kelly das Leben, der die Quelle der BBC für ihren Bericht war. Dies führte zu einer tiefen Regierungskrise.
In dem Ausschuss, der die näheren Umstände aufklären soll, die zum Tod Kellys führten, hatte der MI6-Chef Richard Dearlove ausgesagt, die 45-Minuten-Behauptung stamme nur aus einer einzigen, aber glaubwürdigen Quelle innerhalb der irakischen Truppen. Inoffiziell hatten britische Geheimdienstler behauptet, diese Quelle sei während des Krieges getötet worden.
Am selben Tag berichtete die «Sunday Times», der Irak-Krieg und seine Folgen würden den britischen Steuerzahler inzwischen umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro kosten. Nach dem Bericht wird die Regierung in der kommenden Woche nochmals 1,5 Milliarden Pfund (2,1 Milliarden Euro) für ihr militärisches Engagement im Irak bereitstellen. Vor dem Krieg hatte Schatzkanzler Gordon Brown drei Milliarden Pfund veranschlagt und später weitere 500 Millionen Pfund für den Wiederaufbau bewilligt. Das Geld sei nun so gut wie aufgebraucht, doch pro Monat fielen weiter zwischen 100 und 200 Millionen Pfund an Kosten an, hieß es.
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