Die Pleite des Ölmultis BP rückt ins Reich des Möglichen. Die US-Regierung erhöht den Druck. Der Kurs hat sich seit Ausbruch der Katastrophe fast halbiert. Ein Grund sich näher mit den Chancen und Risiken zu beschäftigen.
BP gehörte einst zu den ?teuersten? Unternehmen der Welt. Die Marktkapitalisierung vor der Ölkatastrophe lag bei 140 Mrd. Euro. Deutschlands größtes Unternehmen, die Siemens AG, wird aktuell mit rund 70 Mrd. Euro bewertet. Heute notieren die Aktien des Ölmultis bei 4 Euro, der Wert des Unternehmens ist auf 76 Mrd. zusammenschmolzen. Operativ lief es zuletzt gut. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2010 konnte ein Umsatz in Höhe von 74 Mrd. US-Dollar erzielt werden, das Ergebnis betrug 6,18 Mrd. US-Dollar.
Zu groß, um zu fallen? Nein! Anders als die US-Banken ist der Ölriese nicht zu groß zum Scheitern. Eine Systemrelevanz, wie sie bei den Banken gegeben ist, liegt nicht vor. Die Befragung des BP-Chefs Tony Hayward vor dem US-Senat hat gezeigt, die Amerikaner werden ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen. BP ist zum Spielball von politischen Interessen geworden.
20 Mrd. US-Dollar ist erst der Anfang Durch die Auferlegung des Hilfsfonds hat sich BP ein wenig vom öffentlichen Druck befreien können. Allerdings birgt dies Vehikel auch Risiken, die aus unserer Sicht kaum kalkulierbar sind. Mit der Bereitschaft, über Nacht 20 Mrd. US-Dollar einzuzahlen, könnte das Unternehmen Tür und Tor für neue Milliardenforderungen geöffnet haben. Die Schadensersatzforderungen von Opfern der Ölkrise könnten außer Kontrolle geraten. Und bei BP ist ja bekanntlich einiges zu holen.
Rating-Agenturen stufen das Unternehmen herunter Die Ratingagenturen S&P und Fitch haben bereits auf die Unternehmenskrise reagiert und das Rating für BP reduziert. Begründet wird die Herabstufung mit den Risiken von enormen Schadensersatzforderungen, die sich laut Berechnungen der US-Rating-Agentur Fitch auf rund 70 Mrd. US-Dollar belaufen werden. Das könnte schwerwiegende Folgen haben. Für BP wird die Finanzierung über den Kapitalmarkt nun teurer. Dabei wird der Konzern wohl auf frisches Geld von außen angewiesen sein, da die enormen Schadensersatzforderungen nicht mehr aus den eigenen Mitteln zu begleichen sind.
Größten Probleme vorbei? Nein! Die Folgen der Katastrophe sind nach wie vor unkalkulierbar. Noch treibt der Ölteppich fast auf der Stelle, die Folgen für die Küsten könnten folglich noch gravierender werden, sollten Strömungen oder Hurricans das ?Gift? an die Küsten schwemmen. In diesem Fall müssten die Schadensberechnungen aktualisiert werden.
Fazit: Finger Weg! Die Folgen der Ölkatastrophe sind unkalkulierbar. Wie lange noch Öl in den Golf von Mexiko fließt und welche weiteren Schäden der Ölteppich anrichten wird, ist ungewiss. BP ist Cash-Flow stark. In den letzten vier Jahren konnte das Unternehmen einen kumulierten Cash-Flow von mehr als 140 Mrd. US-Dollar erzielen. Dennoch, die Zweifel, ob BP die Katastrophe langfristig überlebt, wachsen. Die Berechenbarkeit nimmt ab. Die Aktie eignet sich nur noch für Zocker. Wir raten von einem Investment ab.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass bereits von verschiedenen Quellen zu hören war, dass von Seiten der USA und auch des Unternehmens nicht angemessen auf Hilfsangebote reagiert wird. Möglichweise möchte BP die genaue Zahl des ausgetretenen Öls aufgrund von Schadensersatzansprüchen geheim halten und die USA lieber die heimische Industrie mit den Reinigungsaufträgen beschäftigen. Die Rechnung kann dann so laufen, dass BP wehrlos alles bezahlen muss, daran pleite geht und ein US-Öl-Konzern die Insolvenzmasse übernimmt. Wenn mir jemand meinen Gartenteich so versauen würde, dann würde ich vielleicht genauso reagieren. Wir werden weiterhin nur hilflos zusehen können. Am Ende werden wir es eh alle solidarisch ausbaden, sei es an der Zapfsäule oder beim nächsten Sylt-Urlaub, wenn der Dreck bei uns angekommen ist...
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