Der Katastrophe entkommen, faßt Alstom wieder Mut Verlust halbiert / Partnerschaften in China / "Kunden gewinnen Vertrauen zurück" / Schiffbau im Defizit
chs. PARIS, 31. Mai. Der französische Industriekonzern Alstom S.A., Paris, hat die Verluste im vergangenen Geschäftsjahr um mehr als die Hälfte verringert und will im kommenden Jahr wieder einen Gewinn nach Steuern ausweisen. Das erklärte der Präsident Patrick Kron bei der Bilanzpressekonferenz in Paris. "Alle Indikatoren liegen im Plan oder sind besser als zuvor angekündigt", sagte der Franzose, der ein Bild der nachhaltigen Erholung zeichnete: Vor zwei Jahren seien die Ergebnisse katastrophal und 2004 noch "von Unsicherheit gekennzeichnet" gewesen. Das jüngste Zahlenwerk sei jedoch ermutigend und das kommende Jahr lasse die Krisenzeiten, in denen Alstom am Rand des Bankrotts stand, hoffentlich vergessen, sagte er.
Nach Ansicht von Analysten überraschte der Alstom-Konzern, der vor allem in der Bahntechnik tätig ist, mit einem unerwartet hohen Betriebsgewinn sowie mit einem kräftigen Schuldenabbau. Bei einem um 18 Prozent auf 13,7 Milliarden Euro gesunkenen Konzernumsatz hat sich der operative Gewinn 2004/2005 (Ende März) auf 550 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Dies führt zu einem Anstieg der Umsatzrendite von 1,2 auf 4 Prozent. Verantwortlich waren dafür zum großen Teil geringere Kosten: Von dem 2003 angekündigten Stellenabbau über 11500 Mitarbeiter sind 8000 erreicht. Alstom rühmt sich auch einer besseren Kostenkontrolle bei der Angebotsabgabe und der Ausführung. Ein Mandat für die U-Bahn von Dubai habe man abgelehnt, um Verluste zu vermeiden, sagte Kron.
Der Gewinn nach Steuern fiel von 1,84 Milliarden auf 865 Millionen Euro. Dieser Wert lag allerdings über den Erwartungen der Analysten, denn die Restrukturierung ist teurer gekommen als geplant, und Alstom hat ältere Steuergutschriften abgeschrieben, was Kron als Vorsichtsmaßnahme bezeichnete.
Durch Vermögensverkäufe, eine Umschuldung in diesem Jahr sowie die staatlich gestützte Kapitalerhöhung von 2004 ist die Nettoverschuldung von 3,7 auf 1,4 Milliarden Euro im März 2005 gefallen. Alstom ist von der Europäischen Kommission verpflichtet worden, sich von Unternehmensteilen mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro zu trennen. Dieser Verpflichtung sei Alstom entweder schon nachgekommen oder man sei auf dem besten Wege dazu, sagte Kron. Man habe bisher unter anderem einen spanischen Lokomotivenhersteller verkauft oder das Geschäft mit industriellen Heizkesseln. An flüssigen Mitteln oder kurzfristig verfügbaren Kreditlinien stünden dem Unternehmen 2 Milliarden Euro zur Verfügung, hieß es.
Ein Sorgenkind bleibt freilich der Schiffbau, der Alstom einen Verlust von 103 Millionen Euro einbrachte. Kron bezeichnete diesen Bereich ausdrücklich nicht als Kerngeschäft, konnte jedoch keine Details zu einer bevorstehenden Trennung vermelden. Technische Probleme bei einem Gastanker haben eine Rückstellung von 50 Millionen Euro erfordert.
An der Börse von Paris gewann der Kurs zeitweise mehr als 7 Prozent, um sich im weiteren Verlauf aber abzuschwächen. Allerdings notiert die Aktie seit langem unter einem Euro, wodurch sich kleine Gewinne relativ stark auswirken. Positiv verbucht wurde auch der Auftragseingang, der sich um 15 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro erhöhte. Kron sprach von einem zurückgewonnenen Vertrauen bei den Kunden, was das wichtigste Element der Restrukturierung sei. Vor diesem Hintergrund setzt sich das Unternehmen neue Ziele. Die operative Umsatzrendite solle bis März 2008 auf 7 bis 8 Prozent steigen. Bisher hieß es nur, daß sie im kommenden Geschäftsjahr 6 Prozent erreichen solle, woran Alstom festhält.
Beim Dauerthema der Spekulationen um eine Allianz mit Siemens oder dem französischen Kraftwerksbauer Areva winkte Kron ab. Man fühle sich allein stark genug. "Wir brauchen niemanden. Wir können uns selbst retten", sagte er. Um die Verpflichtung der Europäischen Kommission zur Gründung von Partnerschaften zu erfüllen, habe man noch mehr als drei Jahre Zeit. Dabei will sich Alstom auf Wachstumsmärkte wie China oder Indien konzentrieren. Als Beispiel nannte er ein in China gegründetes Gemeinschaftsunternehmen für die Herstellung von Dampfturbinen.
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