Arcandor: rechnen Sie mit dem Schlimmsten
§ von Engelbert Hoermannsdorfer, Chefredakteur 'BetaFaktor.de'
Vermutlich haben Sie auch in der letzten Woche die Artikel ueber Madeleine Schickedanz, eine der ganz grossen Gesell- schafterinnen des Handelskonzerns Arcandor AG (DE0006275001), gelesen. Sie fuerchtet, dass von Arcandor nichts mehr uebrig bleibt, und damit ihr gesamtes Vermoegen futsch ist.
Die gute Frau hat leider ausserordentlich Recht. Denn die Chancen, dass der Rechtstraeger - also die AG, an der sie Anteile haelt - im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens gerettet wird, schwinden immer mehr. Mit dem Ausscheiden des Generalbevollmaechtigten Horst Piepenburg wurde klar, dass eine Insolvenz in Eigenregie wohl aussichtslos ist. Offiziel- ler Grund ist die mangelnde Bereitschaft der Gesellschafter, Geld in substanzieller Hoehe nachzuschiessen. Fuer Sal. Op- penheim ist das Kapitel Arcandor ohnehin eine Rufschaedigung sondergleichen, und nun auch noch gutes Geld schlechtem hin- terherwerfen?
Solches Verhalten war nicht der Grund fuer die sehr lange Erfolgsgeschichte der Bankiersfamilie. Und Schickedanz hat wohl wirklich nicht die Mittel, um kriegsentscheidend ein- zugreifen - auch wenn es schwerfaellt, ihr die Jammer- Geschichten von Einkaeufen beim Discounter und Leben knapp ueber Hartz4-Niveau abzunehmen. Zweifellos hat Schickedanz das groesste Interesse am Ueberleben der AG, da sie fuer die Kredite der Gesellschaft mit ihrem Privatvermoegen haften muss. Auch Sie raeumt mittlerweile ein, dass es wohl »Manage- mentfehler« gewesen sind, die zu der Situation fuehrten.
Zu allen bereits bestehenden operativen und finanziellen Problemen kommt auch noch ein krasser Einbruch im laufenden Geschaeft dazu. Quelle meldet 50% Einbruch bei den Bestellun- gen und auch viele Karstadt-Haeuser verlieren derzeit rund 20% Umsatz. Nicht wirklich ueberraschend: Bei der Riesenaus- wahl an Bestell- und Einkaufmoeglichkeiten muss man unbedingt da shoppen, wo bald die Lichter ausgehen koennten? Man denke nur an das Thema Garantie...
Ausserdem ist die Auswahl zunehmend eingeschraenkt, weil die Warenhaeuser wegen der finanziellen Engpaesse nicht mehr nach Herzenslust Waren ordern koennen. Es sieht also nun mehr denn je nach Zerschlagung aus, wobei man kein Bilanzexperte sein muss, um zu prognostizieren, dass fuer den Aktionaer - sowohl Schickedanz als auch kleine freie Aktionaere - nichts uebrigbleibt. Die Aktie kann freilich weiterhin zucken, wie es immer bei Insolvenzen ist. Denken Sie an General Motors: Nach der Meldung, dass das Unternehmen die Insolvenz verlas- sen hat, schoss die Aktie nach oben. Was leider alle Agentu- ren verschwiegen hatten: Die Aktionaere hatten nichts davon, die Aktiva waren in einer neuen Gesellschaft, der Grossteil der Schulden in der alten... Heute wird die GM-Aktie nicht mehr gehandelt.
Der Boersenwert der insolventen Arcandor betraegt immer noch 121 Mio. EUR. Wenn ich mir so ueberlege, dass aller Voraus- sicht nach die AG als boersennotierter Rechtstraeger nicht ueberleben wird, ist das viel zu viel.
Meine Meinung: Selbst bei einem erfolgreichen Insolvenzplan- verfahren wird es wohl einen massiven Kapitalschnitt plus Kapitalerhoehung geben. Kurz: Es ist noch deutlich Luft nach unten! Nur etwas fuer Insolvenz-Zocker, alle anderen schauen dem Trauerspiel von der Seitenlinie aus zu. (Schlusskurs in Frankfurt am Freitag, den 24. Juli 2009: 0,44 EUR)
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