Noch ein bißchen "Hetze" gegen Besserverdienende aus der WELT:
Wie man zielsicher den Staat ausnimmt
(Wieso nimmt man da den "Staat" aus? Die Steuerzahler bezahlen das doch! Und die Leistungsgesetze, aufgrund derer alle Fallbeispiele funktionieren, haben die Parlamente, also unsere geliebten Volksvertreter beschlossen. Und alle Wähler fanden die Wohltaten toll und wählten zur Belohnung aus lauter Freude die geliebten Abgeordneten - nur kein Wähler hatte vorher gesagt bekommen, was diese Wohltaten kosten werden - und vor allem, daß es ja der dumme Wähler selber sein wird, der das alles zu bezahlen hat. Genau so und nicht anders funktioniert unsere Demokratie - und aus genau diesem und keinem anderen Grund ist es eine sehr mangelbehaftete Staatsform)
Vier Fallbeispiele
Die Sozialhilfe gilt gemeinhin als letztes Auffangnetz für diejenigen, die Pech gehabt haben im Leben. Doch die Fürsorgeleistung erhält auch die Tochter eines millionenschweren Managers, die ein Kind bekommen hat und allein erziehend ist. Wohngeld steht ihr ebenfalls zu, selbst wenn sie bei ihrem Vater - offiziell zur Untermiete - wohnt. Der Bezug von Sozialhilfe ist in diesem Fall völlig legal. Da kein zahlender Vater vorhanden ist, hat die Mutter Anrecht auf "originäre Sozialhilfe", anders als sonst müssen Angehörige in diesem Fall nicht für den Unterhalt aufkommen: Der familiäre Hintergrund spielt so keine Rolle - sei er noch so finanzstark.
Ein Facharbeiter mit einem Monatseinkommen von brutto rund 5000 Euro erbt mehrere gut vermietete Wohnhäuser. Da die Immobilien allesamt schuldenfrei sind, verfügt der Mann fortan über beträchtliche Mieteinkünfte. Dieses Zusatzeinkommen ermöglicht es ihm, seine Arbeitszeit auf die Hälfte zu verkürzen und am Monatsende trotzdem mehr Geld zur Verfügung zu haben als vor der Erbschaft. Ein angenehmer Nebeneffekt der Arbeitszeitverkürzung: Die Last der Sozialabgaben ist nur noch halb so schwer. Denn die Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung werden ausschließlich von den Arbeitseinkommen erhoben.
In Deutschland gilt das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Tatsächlich lässt das komplizierte Steuerrecht dem Findigen aber große Spielräume. Einem Facharzt mit einer ungewöhnlich gut gehenden Praxis, der über ein Jahreseinkommen von fast 900 000 Euro verfügt, gelingt es beispielsweise, seine Steuerschuld um mehr als ein Drittel zu drücken. Zunächst beteiligt er sich an etlichen Abschreibemodellen wie Immobilienfonds und Schiffsbeteiligungen. Zudem kauft er eine Eigentumswohnung und vermietet diese an einen Bekannten, von dem der Arzt wiederum eine Wohnung mietet. Als Vermieter können dann beide Zinsen und Renovierungskosten steuerlich absetzen.
Besuch teurer Internate auf Staatskosten - die Jugendhilfe macht es möglich. Ein Baudezernent mit einem Monatseinkommen von fast 7000 Euro schickte seinen Sohn auf eine Schule, die 2000 Euro monatlich kostet. Ein Arzt hatte dem Jungen eine Lern- und Aufmerksamkeitsschwäche attestiert. Der Vater beantragte wegen der "seelischen Behinderung" seines Sprösslings die Kostenübernahme durch das Jugendamt und berief sich dabei auf das Kinder- und Jugendhilfegesetz. Dieses sieht eine einkommensunabhängige "Eingliederungshilfe" für jene Kinder vor, denen seelische Beeinträchtigung droht. Der Staat zahlt - und die Eltern bekommen sogar weiterhin Kindergeld. dsi
Artikel erschienen am Mit, 22. September 2004
|