News - 25.07.07 21:10 Zulieferern drohen heiße Zeiten
Fressen oder gefressen werden: Das ist die aktuelle Devise in der Automobil-Zulieferbranche. Continental steigt mit Siemens VDO in eine Liga mit Weltmarktführer Bosch auf.
STUTTGART. Die Stuttgarter setzten im Automotive-Geschäft, der größten Konzernsparte, im vergangenen Jahr 27,2 Mrd. Euro um. "Größe allein ist kein Wert an sich. An erster Stelle müssen Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft stehen", sagte Bosch-Chef Franz Fehrenbach allerdings in seinem jüngsten Interview zur Konzentration in der Branche. Fehrenbach äußert sich generell nie direkt zur Konkurrenz. Bosch kann jetzt erst einmal beobachten, wie Continental und Siemens VDO in der Praxis zusammenfinden. "Eins und eins ist bei unterschiedlichen Firmenkulturen nicht immer gleich zwei oder mehr", sagt ein Bosch-Kenner.
Analysten sehen die Lage für Bosch allerdings schon wesentlich prekärer. "Die neue Kombination kann Bosch als Komplettanbieter vor allem bei Einspritzsystemen für Diesel und Benziner stärker Konkurrenz machen", sagt Albrecht Denninghoff, Autoexperte der Commerzbank. Einspritzsysteme zählen zur Kernkompetenz von Bosch. Erklärtes und vorrangiges Ziel der Autohersteller ist in den nächsten Jahren die deutliche Verbrauchsreduzierung bei Benzinmotoren. So arbeitet Mercedes an Verbrauchszahlen von sechs Liter auf 100 Kilometern. "Bei diesen Aufträgen wird es in der neuen Konstellation einen deutlich härteren Wettbewerb für Bosch geben", erwartet Denninghoff.
Der drittgrößte deutsche Autozulieferer, ZF Friedrichshafen, ist als Hersteller von Getrieben und Fahrwerkskomponenten vergleichsweise wenig von der Fusion betroffen. ZF kooperiert mit Continental bei der Hybridentwicklung. Das Unternehmen vom Bodensee befindet sich wie Bosch oder Mahle im Besitz einer Stiftung und ist somit vor Übernahmen geschützt. ZF-Chef Härter ließ zuletzt durchblicken, dass das Unternehmen die Übernahme von Sachs vor fünf Jahren gut verdaut habe und sich wieder fit für Zukäufe fühle. Bosch kauft ebenfalls. Zuletzt wurde die Beteiligung am Indischen Zulieferer Mico für stolze 250 Mill. Euro um zehn Prozent auf 70 Prozent aufgestockt.
Fehrenbach sieht noch kein Ende der Konsolidierung in der Zulieferbranche. Das ergebe sich allein aus dem Kapitalbedarf und dem Anspruch der Kunden nach weltweiter Präsenz der Zulieferer. Der Preisdruck der Hersteller hält die Zulieferer seit jeher in Atem. Beschäftigungsintensive Produktion wird in Billiglohnländer verlagert. Nur mit Mischkalkulation lassen sich die Arbeitsplätze noch in Deutschland halten. Der Trend zum Systemlieferanten zwingt auch zum Zukauf von fehlendem Know-how.
Aber für die Unternehmen in der Branche wird es immer schwieriger bei Übernahmen zum Zuge zu kommen, seit die Beteiligungsbranche die Autoindustrie entdeckt hat. Den zu GM gehörenden Getriebehersteller Allison schnappte sich Carlyle im Zusammenspiel mit der kanadischen Onex für 5,6 Mrd. Dollar. Fast hätte auch Continentel bei VDO gegen das gegnerische Duo aus TRW und Blackstone verloren.
Bei Delphi, einst Branchenprimus, haben mittlerweile mit Appaloosa Management und Pardus Capital zwei Hedgefonds das Sagen. "Wenn die Preise zu hoch getrieben werden, muss man die Finger davon lassen. Denn schließlich muss sich auch eine strategische Investition irgendwann einmal rechnen", mahnt ZF-Chef Hans-Georg Härter zur Vernunft in einem sich immer weiter überhitzenden Markt.
Continental war nach Einschätzung von Branchenexperten zum Handeln gezwungen, um nicht selbst Übernahmeziel zu werden. Erst vor einem Jahr konnte Firmenchef Manfred Wennemer nur mit Mühe die Avancen von Bain Capital, Permira, KKR und Goldman Sachs abwenden, die kurz davor standen, den Konzern für 20 Mrd. Euro zu übernehmen. Gebannt schaut jetzt die Branche darauf, ob Continental den Reifenbereich oder etwa die Sparte Contitech, die das Geschäft etwa mit Förderanlagen jenseits der Autobranche bündelt, abstößt, um den Kauf von VDO zu finanzieren.
Quelle: Handelsblatt.com
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