HB FRANKFURT. Die juristischen Auseinandersetzungen um die milliardenschweren Verbriefungsrisiken der Mittelstandsbank IKB ziehen weitere Kreise. Jetzt verklagt die französische Investmentbank Calyon die IKB auf mehr als 1,675 Mrd. US-Dollar Schadenersatz. Dabei geht es erneut um die Zweckgesellschaft Havenrock.
Die IKB hatte die Risiken dieses Investmentvehikels über Calyon und den US-Anleiheversicherer FGIC abgesichert. Nun will niemand die Risiken von bis zu 1,875 Mrd. Dollar übernehmen. Sowohl FGIC als auch Calyon argumentieren, dass sie von der IKB über die wahre Finanzlage der Düsseldorfer Bank getäuscht worden seien. Die IKB bestreite den Vorwurf, offiziell will sich bei Calyon niemand äußern.
Die Klage der Franzosen ist damit die zweite im Bezug auf Havenrock: Bereits seit März 2008 streitet die IKB mit dem Anleiheversicherer FGIC vor einem New Yorker Gericht über die Zahlungen. Die neue Klage von Calyon beim Londoner High Court sei "in sachlichem Zusammenhang mit der Klage des US-amerikanischen Anleiheversicherers FGIC vom März 2008 zu sehen", teilte die Düsseldorfer IKB gestern mit.
In Pariser Finanzkreisen heißt es, dass auch die Klage der Franzosen auf dem Vorwurf der Täuschung durch die IKB fuße. Als Calyon einwilligte, für die Zweckgesellschaft Havenrock Garantien abzugeben, habe die französische Investmentbank sich zuvor von der IKB über deren Finanzkraft vergewissern lassen. "Dabei hat die IKB ihre eigene Finanzstärke übertrieben positiv dargestellt", heißt es in Paris. Daher klagt Calyon nun auf Schadenersatz.
Bilanztechnisch ist das Thema Havenrock für Calyon bereits abgehakt. Denn die Tochter der genossenschaftlichen Bankengruppe Crédit Agricole hatte bereits im Jahr 2008 eine Rückstellung für die Garantiezahlungen für Havenrock in Höhe von 1,675 Mrd. Euro gebucht. Sprich, sollte die IKB nun zu Schadenersatz verurteilt werden oder per Vergleich sich zur Zahlung einer Abschlagssumme bereit erklären, würde dies für Calyon willkommenes Extra-Geld sein.
Sollte die IKB vor Gericht verlieren, müsste aber ein anderes Institut bluten: Die staatseigene Förderbank KfW. Denn diese hatte als frühere IKB-Großaktionärin im September vergangenen Jahres beim Verkauf der IKB die Klagerisiken größtenteils auf sich genommen.
"Sollten sich Risiken aus den aktuell geltend gemachten Ansprüchen ergeben, geht die IKB davon aus, dass diese keine wesentlichen Auswirkungen auf das wirtschaftliche Ergebnis der IKB haben werden", schrieb die IKB gestern in einer Pflichtmitteilung.
Auch bei der FGIC-Klage ist die KfW in der Pflicht. "Auch wenn die Freistellung betragsmäßig begrenzt ist, geht die IKB davon aus, dass die Risiken aus aktuell geltend gemachten Rechtsstreitigkeiten durch die Freistellung im Wesentlichen gedeckt sind", hatte die IKB in ihrem jüngsten Geschäftsbericht geschrieben.
Die IKB hatte sich mit milliardenschweren Verbriefungen verhoben und musste von der KfW, dem Bund und den Bankenverbänden mit weit mehr als zehn Mrd. Euro gerettet werden. Sie war die erste Bank in Deutschland, die in der Finanzkrise ins Wanken kam.
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