Verbrechen von Ärzten in Konzentrationslagern hoch
Ihren extremsten Ausdruck fand die "Medizin ohne Menschlichkeit" in den Experimenten an Menschen, die in den meisten Konzentrationslagern (KZ) durchgeführt wurden. Die eigentliche Aufgabe der KZ-Lagerärzte war die Versorgung der SS-Mannschaften, nicht die der Häftlinge. Wenn diese überhaupt behandelt wurden, dann von mitinhaftierten Ärzten. An den KZ-Insassen waren die Lagerärzte aber dennoch interessiert: Sie dienten ihnen als "Material" für Experimente. Häufig standen hinter den Menschenversuchen ganz konkrete wirtschaftliche oder militärische Interessen. Für die Nazis war Überlegenheit im Luftkrieg wichtig, deshalb mussten sie wissen, wie der menschliche Körper in großen Höhen oder nach einem Absturz in kaltes Wasser reagiert. Im KZ Dachau missbrauchte der Arzt Sigmund Rascher Häftlinge zu Versuchen in einer Unterdruckkammer: Er beobachtete von außen den Verlauf der Höhenkrankheit bis zum Tod des Häftlings und sezierte ihn dann. Mindestens 80 Männer starben vor seinen Augen, während er akribisch ihr Leiden dokumentierte.
Auch die Fleckfieber-Versuche im KZ Buchenwald dienten militärischen Interessen: Um rasch einen Impfstoff gegen Fleckfieber zu finden, infizierte der Lagerarzt Erwin Ding-Schuler rund 450 Häftlinge künstlich mit Fleckfieber, viele von ihnen starben. Auch Impfstoffe gegen Gelbfieber, Diphtherie, Typhus, Cholera und Malaria wurden von gewissenlosen KZ-Ärzten an Lagerinsassen ausprobiert. Ihr Tod wurde bewusst einkalkuliert. Im KZ Natzweiler suchte der Straßburger Anatom August Hirt nach einem Gegenmittel für die im Ersten Weltkrieg gefürchteten chemischen Kampfstoffe Lost (Senfgas) und Phosgen. Ein Häftling, der Aufseher im KZ-Krankenrevier war, sagte im Nürnberger Prozess dazu aus: "Die Gefangenen ... kamen nackt in das Labor herein ... Sie bekamen ... einen Tropfen dieser Flüssigkeit auf den Oberarm geschmiert ... Nach ungefähr zehn Stunden ... stellten sich Brandwunden ein, ... am ganzen Körper ... Das waren kolossale Schmerzen, sodass es kaum noch auszuhalten war, sich in der Nähe der Kranken aufzuhalten ... Ungefähr am fünften Tag hatten wir die ersten Toten."
Ihren traurigen Höhepunkt fanden die Menschenversuche in Josef Mengeles Zwillingsstudien im Vernichtungslager Auschwitz. Mengele war "Experte" auf dem Gebiet der Vererbungsforschung. Im Interesse seiner Rassenhygiene-Ideologie erforschte er, welche Merkmale erblich und welche äußerlich bedingt sind. Die Körper der Zwillingspaare wurden vermessen, geröntgt, fotografiert; Abdrücke von Händen, Füßen und Gebiss wurden erstellt. Aber so "harmlos" blieb es nicht: Mengele operierte ohne Narkose, um die Schmerzempfindlichkeit vergleichen zu können. Er gab Bluttransfusionen und infizierte künstlich mit Krankheitserregern, um die Blutserum-Reaktionen von Zwillingspaaren zu studieren. Dann erfolgte die Sektion. Um die inneren Organe der Zwillinge zu vergleichen, tötete Mengele die Kinder zur selben Zeit, indem er ihnen Chloroform ins Herz injizierte. Alles wurde sorgfältig dokumentiert.
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