Wie sieht der Rettungsplan aus?
US-Finanzminister Henry Paulson hat in Absprache mit der US-Notenbank Federal Reserve einen mehrstufiges Vorgehen vereinbart. Zuerst werden die quasi-staatlichen Hypothekenfinanzierer unter "Conservatorship" gestellt. Das bedeutet: Die Federal Housing Finance Agency, FHFA, übernimmt die Kontrolle, erhält weitreichende Befugnisse und muss nicht länger die Aktionärsinteressen vertreten. Das aktuelle Top-Management wird ausgewechselt, gleichzeitig werden an die bisherigen Inhaber von Aktien und Vorzugsaktien keine Dividenden mehr gezahlt. Maßgebliche gesetzliche Grundlage ist der Ende Juli 2008 verabschiedete Housing and Economic Recovery Act (HERA).
Das ist geknüpft an finanzielle Unterstützung von Seiten des Staates. Drei verschiedene Instrumente werden eingesetzt. Einmal kauft die öffentliche Hand Vorzugsaktien. Die vertragliche Vereinbarung sieht vor, dass solch eine Kapitalerhöhung regelmäßig durchgeführt werden kann und die Regierung bis zu 79,9 Prozent der Anteile übernimmt. In einem ersten Schritt pumpt Washington 1 Mrd. $ in die beiden Unternehmen, die Dividendenrendite der Vorzugsaktien liegt bei zehn Prozent. Insgesamt könnte sich der Betrag langfristig auf 200 Mrd. $ belaufen. Zweitens wird eine Kreditlinie eingerichtet. Drittens erklärt sich der Staat bereit, direkt hypothekenbesicherte Anleihen auf dem Markt aufzukaufen.
Was bedeutet die Rettung für die Anleger?
Die Auswirkung des Rettungsplans lässt sich einfach zusammenfassen: Die Inhaber von Schuldpapieren kommen gut weg, Inhaber von Aktien oder Vorzugsaktien werden bestraft. Das machte US-Finanzminister Paulson in seiner Stellungnahme mehr als deutlich: "Der Marktdisziplin ist dann am besten gedient, wenn die Aktionäre für ihr Engagement nicht nur die Früchte ernten, sondern auch das Risiko tragen." Konkret bedeutet das: Die Inhaber von Aktien und Vorzugsaktien müssen zuerst für Verluste aufkommen, erst dann steht der Staat mit seinen neuen Vorzugsaktien in der Pflicht. Die Dividende wird ausgesetzt, zudem werden die Anteile der Aktionäre wegen der Kapitalerhöhung heftig verwässert.
Experten begrüßten es, dass die Aktionäre nicht vollkommen ihren Einsatz verlieren. "Es ist bermerkenswert, dass das Finanzministerium darauf verzichtet hat, Teile der Bilanzstruktur vollständig auszuradieren. Das hat auch mit politischen Befindlichkeiten zu tun", hieß es in einem Researchbericht von Creditsights. Der Hintergrund: Washington fürchtet, dass solch eine Wertvernichtung sich negativ auf die Kapitalerhöhungen anderer Banken auswirken könnte. In seiner Stellungnahme legte Finanzminister Paulson dementsprechend Wert darauf, Fannie Mae und Freddie Mac als einen Einzelfall darzustellen: "Inhaber von Vorzugsaktien sollten sich verdeutlichen, dass die Papiere von Fannie Mae und Freddie Mac ein schlechter Maßstab für andere Finanzinstitute sind."
Wie sieht die Zukunft für Fannie und Freddie Mac aus?
Der Rettungsplan des US-Finanzministers lässt vieles offen und übertragt die Verantwortung dem neuen Kongress. Allerdings hat Paulson Vorgaben für die Größe des Portfolios definiert. Bis Ende 2009 sollen Fannie Mae und Freddie Mac Neugeschäft akquieren dürfen und ihr Engagement weiter ausbauen. Sichergestellt werden soll, dass das Portfolio am 31. Dezember 2009 nicht 850 Mrd. $ übersteigt. Anschließend wird es jährlich um zehn Prozent geschrumpft, Zielgröße ist 250 Mrd. $.
Großen Spielraum haben die beiden staatlichen Hypothekenfinanzierer damit nicht. Im Juli betrug das Wertpapierportfolio von Freddie Mac bereits 798,2 Mrd. $, also nur sechs Prozent unter der von Paulson vorgeschriebenen Obergrenze. Fannie Mae kam zum gleichen Zeitpunkt auf 758 Mrd. $. Das sind elf Prozent weniger.
Fraglich ist, wie die Zukunft der beiden Hypothekenfinanzierer aussieht. Im wesentlichen gibt es drei Alternativen: Entweder behalten Fannie Mae und Freddie Mac nach Ablauf der Conservatorship ihren Status als quasi-staatliche Unternehmen, das heißt es ändert sich nichts. Zweite Variante ist eine komplette Verstaatlichung, die dritte die Privatisierung.
Kritiker halten es für ausgeschlossen, dass Fannie und Freddie ihren Status beibehalten dürfen. "Ich halte es für undenkbar, dass der Staat für die Schulden privater, börsennotierter Unternehmen geradesteht", schrieb Peter Wallison, Forscher am renommierten American Enterprise Institute, in einem Researchbericht. Die einzige Paralle sei die staatliche Einlagenversicherung FDIC, die Einlagen privater Banken bis zu 100.000 $ versichere. "Der Vergleich mit Fannie Mae und Freddie Mac hinkt aber. Seit 1991 darf die FDIC die Banken zur Kasse beten, um die Kosten einer Bankrettung wieder zu begleichen. Außerdem sind die Summen wesentlich geringer als bei Fannie und Freddie", so Wallison.
Eher wahrscheinlich sind eine komplette Verstaatlichung oder eine Privatisierung. Kritiker der staatlichen Förderpolitik wie Wallison halten nichts von einer Verstaatlichung. "Diese Aufgabe könnte Washington problemlos auch Ginnie Mae oder der Federal Housing Administration übertragen", sagt Wallison. Ginnie Mae ist die Abkürzung für die staatliche "Government National Mortgage Association". Eine Privatisierung wiederum mag ordnungspolitisch sinnvoll, gestaltet sich aber schwierig. Schließlich gibt es eine 3700 Mrd. $ schwere Garantie für ausstehende hypothekenbesicherte Wertpapiere. Diese kann nur durch Refinanzierung, Bezahlung oder Verkauf der Immobilien aus der Welt geschafft werden. Das kann 30 Jahre dauern.
Wie sind die Banken von der Rettung betroffen?
Die Mehrheit der amerikanischen Banken profitiert von der Verstaatlichung von Fannie Mae und Freddie Mac. Der Grund: Die meisten von ihnen halten große Bestände an vorrangigen Schuldpapieren oder hypothekenbesicherten Anleihen, nur eine kleine Minderheit ist in größerem Stil als Aktionär oder Vorzugsaktionär engagiert. Das alleine verdeutlicht ein Blick auf die Kapitalstruktur der beiden Hypothekenfinanzierer: Freddie Mac hat nur 15,6 Mrd. $ an nachrangigen Papieren ausgegeben, die vorrangigen Schulden belaufen sich dagegen auf satte 831 Mrd. $. Bei Fannie Mae sieht es ähnlich aus: 33 Mrd. $ an risikobehafteten Papieren stehen 780 Mrd. $ an vorrangigen Schulden gegenüber.
Dementsprechend liest sich eine Stellungnahme der US-Einlagenversicherung FDIC, des Office of the Comptroller of the Currency und des Office of Thrift Supervision. Diese drei Behörden sind für die Aufsicht über die Geschäftsbanken, Regionalbanken und Bausparkassen zuständig. "Wir haben das Risiko für Geschäftsbanken und Bausparkassen analysiert. Wir kommen zum Schluss, dass zwar viele Institute Aktien halten, aber nur eine sehr beschränkte Anzahl kleinerer Institute Fannie-Freddie-Aktien in großem Verhältnis zu ihrem Kapital besitzen."
Bei hypothekenbesicherten Anleihen - Mortgage Backed Securities (MBS) - ist das Engagement der Banken dagegen enorm. Die Experten von Creditsights kommen zum Schluss, dass MBS von Fannie und Freddie durchschnittlich 50 Prozent des Wertpapierportfolios der Banken ausmachen. Dabei ist die Spanne jedoch weit: Bei einer Regionalbank wie New York Community liegt der Wert bei 85 Prozent, bei Citigroup sind es nur 20 Prozent. Unter den Großbanken sind laut Creditsights besonders Bank of America und JP Morgan mit jeweils 62 Prozent engagiert. Sie alle sind die Gewinner vom MBS-Rückkaufprogramm des Staates.
http://www.ftd.de/boersen_maerkte/aktien/marktberichte/:Hypo?
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