NAHOST-KRISE
Hisbollah lehnt Waffenstillstand ab
Die radikal-islamische Hisbollah feuert weiter Raketen Richtung Israel und zeigt sich von den heftigen Gegenangriffen unbeeindruckt: Einen von internationalen Vermittlern vorgelegten Vorschlag für eine Waffenruhe lehnte die Miliz ab - man akzeptiere keine "israelischen Bedingungen".
Beirut - Die Gesandten hätten nur "israelische Bedingungen" weitergegeben, erklärte der Hisbollah-Abgeordnete Hussein Hadsch Hassan. "Wir unterstützen, was die Interessen unseres Landes, seinen Stolz und seine Würde sichert." Israelische Bedingungen der Unterwerfung würden nicht akzeptiert, sagte Hassan, nachdem Gesandte von EU und Uno mit der libanesischen Regierung gesprochen hatten.
Die Hisbollah warf den internationalen Gesandten vor, sie versuchten nur Israel mehr Zeit für seine Angriffe zu geben, um den Libanon in die Knie zu zwingen. Die Hisbollah forderte einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen. Israel hat verlangt, dass vor jedem Waffenstillstand die beiden verschleppten israelischen Soldaten freigelassen und die Raketenangriffe auf Israel eingestellt werden müssten.
Die Hisbollah setzte in der vergangenen Nacht Raketenangriffe auf Israel fort. Nach israelischen Angaben schlugen innerhalb weniger Minuten rund 40 Raketen im Norden Israels ein. Mindestens fünf Menschen wurden verletzt, als eine Rakete in der Nähe des Krankenhauses von Safed einschlug. Weitere Raketen trafen das Stadtgebiet von Haifa sowie die Grenzstadt Kirjat Schemona.
Im Gegenzug flogen israelische Kampfflugzeuge weitere Angriffe auf Ziele im Libanon. Israelischen Rundfunkberichten zufolge wurden nach Mitternacht erneut die südlichen Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut beschossen. Angaben über mögliche Opfer lagen zunächst nicht vor. Der erste Angriff auf Beirut löste eine starke Explosion aus, die ganz Beirut erschütterte. Aus den schon wiederholt angegriffenen südlichen Beiruter Stadtteilen stieg dunkler Rauch auf. Dem US-Sender CNN zufolge wurde auch ein Stützpunkt der libanesischen Armee rund 20 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt angegriffen.
Bereits gestern Abend waren nach Berichten des libanesischen Hisbollah-Senders al-Manar bei einem israelischen Angriff auf eine Ortschaft im Süden Libanons 13 Menschen getötet worden. Zunächst war nur von sechs Getöteten berichtet worden.
Unterdessen fliehen immer mehr Ausländer vor der Gewalt im Nahen Osten. Heute soll in Düsseldorf ein Airbus mit mehreren hundert deutschen Flüchtlingen aus dem Nahen Osten landen. Sie waren gestern in einem von der deutschen Botschaft organisierten Bus-Konvoi von Beirut nach Damaskus gebracht worden und sollten von dort aus mit einer Maschine der Fluggesellschaft LTU in die Heimat geflogen werden.
Andere Regierungen brachten Bürger ihrer Staaten über den Seeweg von Beirut nach Zypern in Sicherheit. Großbritannien hat zwei Kriegsschiffe entsandt, Frankreich eine gecharterte Fähre, mit der Franzosen und andere Ausländer aus Libanon herausgeholt werden.
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hatte gestern Abend im Parlament in Jerusalem angekündigt, die Offensive im Libanon so lange fortzusetzen, bis die Hisbollah keine Bedrohung für das Land mehr darstellt. Die Militäroperation "Gerechter Preis" sei ein "Akt der Selbstverteidigung in seiner wesentlichsten Natur", sagte Olmert. Er betonte, Israel werde "niemals sein Einverständnis dazu geben, im Schatten der auf seine Bürger gerichteten Raketen zu leben". Hisbollah und die palästinensische Hamas seien "Vertragspartner der von Teheran nach Damaskus reichenden Achse des Bösen".
Angesichts der ausufernden Gewalt mahnte der Weltsicherheitsrat gestern die Respektierung der libanesischen Souveränität an. Die Umsetzung der 2004 verabschiedeten Uno-Resolution 1559 sei entscheidend, sagte der französische Uno-Botschafter Jean-Marc de La Sablière. Die Resolution sehe unter anderem die volle Autorität der libanesischen Regierung über ihr Territorium, die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz und das Ende der Gewalt entlang der Grenze zu Israel vor, so Sablière.
"Im Sicherheitsrat besteht die Bereitschaft, an einer dauerhaften, zukunftsfähigen Lösung für den Nahen Osten zu arbeiten", betonte der französische Diplomat und derzeitige Vorsitzende des Sicherheitsrats. Zu der Bildung einer Uno-Friedenstruppe im Nahen Osten, wie sie am Wochenende von Uno-Generalsekretär Kofi Annan beim G8-Gipfel in St. Petersburg vorgeschlagen worden war, sagte Sablière, der Uno-Sicherheitsrat brauche dazu noch mehr Informationen. Bisher sei die Bildung einer internationalen Truppe nur eine Idee.
Quelle: hen/dpa/AP/AFP
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