02.03.2008 13:33 Stunde der Wahrheit
Die nächste Woche wird aufregend. Beinahe täglich stehen neue Konjunkturdaten aus den USA an. Die werden die Finanzmärkte weltweit in Atem halten. Auch der Dax wird sich dem nicht entziehen können. "Die kommende Woche ist die Woche der Wahrheit", sagt Marktstratege Hans Jürgen Delp von der Commerzbank. "Die Berichtssaison ist mehr oder weniger vorbei und der Kalender ist voll mit wichtigen volkswirtschaftlichen Daten, die als Indikatoren für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt gelten. Neben dem US-Arbeitsmarktbericht und dem Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe rücken die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Veröffentlichung des Konjunkturberichts der US-Notenbank Fed, das Beige Book, in den Fokus.
Am Aktienmarkt richte sich der Blick der Investoren laut Delp außerdem weiter auf den starken Eurokurs und den extrem hohen Ölpreis. Dabei könnte sich der Dax wie in der Vorwoche innerhalb der relativ engen Spanne von 6.750 und 7.000 Punkten bewegen. "Wir werden weiter hin und her pendeln zwischen der Hoffnung auf eine Zinssenkung und der Angst vor einer Rezession. Sollten die Konjunkturdaten allerdings enttäuschen und negative Signale an den Aktienmarkt senden, wird der Dax dauerhaft unter 6.800 Punkte rutschen und kann dann sogar bis auf 6.400 Punkte fallen", sagte Delp.
Pessimismus dominiert "Die Stimmung bleibt eher negativ. Es steht nichts an, was eine Erholung rechtfertigen könnte und die anstehenden Konjunkturdaten aus den USA dürften nicht besonders rosig ausfallen", prognostiziert auch Marktstratege Christian Schmidt von der Helaba.
Mehr zum Top-Thema Chartserie: Die Hingucker der Woche "Die Anleger sind eigentlich ratlos und deshalb bewegt sich der Dax derzeit im Niemandsland", meint Giuseppe Amato von Lang & Schwarz. Seit Ende Januar ist der deutsche Leitindex in der Spanne zwischen 6700 und 7000 Punkten gefangen. "Der Markt ist ausgetrocknet. Niemand will verkaufen, aber kaufen will auch keiner", beschreibt ein Händler. In der abgelaufenen Woche hat der Dax 0,8 Prozent verloren. Am Freitagmittag lag er bei 6745 Punkten.
Plus ein bisschen Optimismus "Grundsätzlich hatten die Anleger aber genug Zeit sich nach unten abzusichern. Das würde bedeuten, dass wenn es eine größere Bewegung gibt, die eher nach oben als nach unten gehen könnte", meint Amato. Das gilt aber nur, wenn es keinen Auslöser für eine Talfahrt gibt.
Auch George Yared von Yared Investment Research zeigt ein wenig Optimismus. In der ersten Handelswoche des neuen Monats könnten sich Anleger auch Aufmunterung von den Konjunkturdaten erhoffen: "Bei Wirtschaftsnachrichten ist dieser Markt extrem überempfindlich - bei guten, wie bei schlechten", so Yared. "Alles, was kein Minus aufweist, sind gute Nachrichten für den Markt."
Die Konjunkturdaten der Woche Zu den einzelnen Konjunkturdaten: Gleich zu Wochenbeginn werden Marktteilnehmer den ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie verarbeiten müssen. Er sollte Rückschlüsse auf den Zustand der US-Wirtschaft zulassen. Analysten erwarten im Schnitt einen Rückgang auf 49 Punkte. Noch mehr Beachtung wird nach Einschätzung von Analysten am Mittwoch das Pendant für den Dienstleistungssektor finden. Wegen des heftigen Absturz des Index im Vormonat werde allein schon aus technischen Gründen mit einem Anstieg gerechnet. Am Mittwoch wird außerdem noch der Auftragseingang der Industrie von Interesse sein.
Die Auftragseingänge und der Einkaufsmanagerindex würden den Händlern Hinweise darauf geben, wie hoch das Inflationsniveau insgesamt ist und wie wahrscheinlich weitere Zinssenkungen seien, sagte Joe Kinahan vom Online-Broker thinkorswim in Chicago.
Gewichtige Fed-Aussagen Nach Antworten auf diese Frage suchen die Anleger natürlich auch in den Äußerungen zahlreicherer Fed-Vertreter, deren Reden in der kommenden Woche auf dem Programm stehen. Am Montag spricht zunächst der Chef der Federal Reserve Bank of Philadelphia, Charles Plosser; Fed-Chef Bernanke folgt am Dienstag. Auch der Fed-Konjunkturbericht Beige Book am Mittwoch dürfte einige neue Puzzlestücke für das gesamte Bild und Hinweise auf das Ausmaß möglicher Zinssenkungen der US-Notenbank liefern.
Wichtig ist auch der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag. "Ein erneuter Rückgang wäre ein deutlich rezessives Signal", schreibt die LBBW in ihrem Marktausblick. Am Donnerstag erscheinen zudem Zahlen zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe. "Stabilität ist es, was wir sehen wollen", sagte Russell Croft von Croft Funds in Baltimore. "Wenn die Arbeitslosenzahlen schön niedrig bleiben, dann hilft uns das, wieder in Form zu kommen."
Am Donnerstag entscheidet außerdem die Europäische Zentralbank (EZB) über den Leitzins. Alle 72 befragten Analysten sagen einen unveränderten Zins von 4,0 Prozent voraus. Bei der Bank of England rechnen Experten jüngsten Umfragen zufolge erst im Mai mit einer weiteren Zinssenkung.
Blick in den Unternehmens-Kalender Im Zentrum des Interesses steht zudem noch immer ein Rettungsplan für die angeschlagenen Anleiheversicherer, die durch drohende Herabstufungen in der Finanzbranche weiteres Unheil anrichten könnten. Noch am Freitag hatte CNBC berichtet, der Rettungsplan für Ambac sei ins Stocken geraten.
Auch von Unternehmensseite ist noch einiges zu erwarten. So werden in der kommenden Woche Fraport, Adidas, Post, Eon und Salzgitter Einblick in ihre Bücher geben (Mehr dazu in unserer Chartserie: Die Hingucker der Woche). "Das dürfte dem Markt aber nur temporäre Impulse geben", sagt Helaba-Marktstratege Schmidt.
In Hannover beginnt außerdem die weltgrößte Computermesse Cebit, die vom 4. Bis zum 9. März ihre Pforten öffnet. Nach Berlin lädt die weltgrößte Reisemesse ITB vom 5. bis 9. März. Außerdem startet am 6. März der Genfer Autosalon, die Messe geht bis 16. März.
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