Mehr denn je können Diesel-Käufer inzwischen auf Rückabwicklung ihres Autokaufs hoffen. Die sächsischen Verbraucherschützer wollen nun den Druck auf Händler, Hersteller und Politik nochmals erhöhen.
Chemnitz/Leipzig. Die Verbraucherzentrale Sachsen geht im Diesel-Skandal in die Offensive. "Wir bieten allen geprellten Käufern an, sich umfassend von uns zu ihren Rechten gegen Händler und Hersteller beraten zu lassen", sagt Referatsleiterin Katja Henschler. Außerdem strebe der Verband mehrere Musterverfahren an, um den Verbrauchern auch zur gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche zu verhelfen. Im Blick hätten die Verbraucherschützer dabei vor allem VW, Porsche, Audi und Skoda, aber es könnten sich auch Käufer anderer Marken beraten lassen.
Hintergrund ist eine Umkehr in der Rechtssprechung, die viele Experten sehen. Lange hatte es trostlos für deutsche Autokäufer ausgesehen, die wegen ihrer manipulierten Dieselautos vor Gericht zogen. Doch seit Ende vergangenen Jahres sind deutsche VW-, Audi- und Skoda-Händler in Serie zur Rücknahme der Wagen mit der Betrugssoftware verurteilt worden: unter anderem von den Landgerichten Nürnberg-Fürth, Baden-Baden, Köln, München I, Frankfurt am Main, Osnabrück und Würzburg, Arnsberg, Hamburg, Karlsruhe, Kempten, Kleve, Regensburg und Zwickau. Der Tenor der Entscheidungen, die alle noch nicht rechtskräftig sind: Die betrügerische Motorsteuerung stelle durchaus einen erheblichen Sachmangel dar. Es sei für die Käufer nicht zumutbar gewesen, auf eine Nachbesserung zu warten - zumal bei Einreichung der Klage nicht absehbar gewesen sei, ob und - wenn ja - wann und mit welchen Folgen dieser Mangel beseitigt werden könne. Volkswagen spricht dennoch von Einzelfällen, in denen der Konzern unterlegen sei.
Die Verbraucherzentrale Sachsen schätzt indes inzwischen die Erfolgsaussichten für die Diesel-Fahrer vor Gericht als "sehr gut" ein. Im Rahmen des Gewährleistungsrechts könnten Käufer ihre Rechte innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf geltend machen, erklärt Henschler. "Aber auch bei älteren Fahrzeugen werden wir versuchen, Ansprüche gerichtlich prüfen zu lassen."
Stoßrichtung für die Musterverfahren, für die die Verbraucherschützer jetzt Fälle suchen, werden zunächst die Händler sein. Eigentlich sei es aber das Ziel, durch das Gewicht der Verbraucherzentrale den Druck auf die Autobauer zu erhöhen - und hintergründig auf die Politik. "Am Ende geht es uns darum, dass der Verbraucherschutz mitreden dürfen muss und wir beim ersten Diesel-Gipfel im August mit am Tisch hätten sitzen müssen." Zudem fordere die Verbraucherzentrale, dass nicht nur neue Software aufgespielt werde, sondern die Autos für die Käufer kostenlos mindestens umgerüstet werden. "Auch das Thema Sammelklagen, die in Deutschland nicht zugelassen sind, wollen wir wieder auf das Tableau bringen", sagt Henschler. Erschienen am 19.08.2017 von Jürgen Becker. Quelle: https://www.freiepresse.de/WIRTSCHAFT/...ll-klagen-artikel9978962.php
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