Praktiker: Kläger sehen Verletzung von Aktionärsrechten – Entscheidung in zwei Wochen In zwei Wochen entscheidet das Oberlandesgericht des Saarlandes, ob Praktiker seine Hauptversammlungsbeschlüsse umsetzen darf. Betroffen sind eine Kapitalerhöhung sowie die Ausgabe von Optionsanleihen. (Veröffentlicht am 07.11.2012) Im Freigabeverfahren entscheidet das Gericht, ob Praktiker im Zuge der Sanierung das Kapital erhöhen. Saarbrücken. Der Kirkeler Baumarktkonzern Praktiker kann hoffen, seine Hauptversammlungsbeschlüsse noch in diesem Jahr umzusetzen. Das zumindest ließ eine erste Einschätzung der Vorsitzenden Richterin Roswitha Kuhn-Krüger gestern zu Beginn der mündlichen Verhandlung im Oberlandesgericht in Saarbrücken erwarten. In dem sogenannten Freigabeverfahren entscheidet das Gericht in zwei Wochen darüber, ob Praktiker im Zuge der Sanierung das Kapital erhöhen und sogenannte Optionsanleihen ausgeben darf, obwohl mehrere Aktionäre dagegen Klage eingereicht hatten.
Das erste Signal war jedenfalls positiv: Sie sehe aufgrund der Aktenlage keine besonders schweren Rechtsverstöße, die geeignet seien, eine Freigabe zu verhindern, sagte Kuhn-Krüger. Das aber sehen die Anwälte der Kläger deutlich anders. Von „schwerwiegenden Verstößen“ gegen die Aktionärsrechte in der Hauptversammlung vom 4. Juli sprach Anwalt Andreas Dimke aus Hamburg. Er warf Praktiker nicht nur vor, die Aktionäre mit einem „alternativlosen“ Sanierungskonzept unter Druck gesetzt zu haben, sondern diese auch nicht ausreichend informiert zu haben.
Weder habe der Konzern Lage und Wert des Unternehmens dargestellt noch habe es eine Prognose gegeben, auf deren Basis Aktionäre fundiert über die Beschlussvorschläge hätten entscheiden können. Auf der Hauptversammlung hatte der Vorstand tatsächlich eine Sanierung mithilfe des Finanzinvestors Anchorage Capital in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung als einzige Rettungsmöglichkeit von Praktiker dargestellt. Alternativ drohte Finanzvorstand Markus Schürholz mit der Insolvenz des Konzerns.
Auch unter dem Eindruck dieser Alternativlosigkeit wurde den Aktionären die Zustimmung zu einer Optionsanleihe zugunsten Anchorages abgerungen – eine Bedingung des Investors, die für die Sanierung nicht zwingend notwendig war. Solch eine Optionsanleihe ermöglicht preiswerten Zugriff auf Konzern-Aktien. Beim Prozess gestern bemühte sich der Praktiker-Anwalt, Christoph Seibt, darzulegen, wie es möglich war, dass trotz der „Alternativlosigkeit“ wenige Wochen später ein neues Rettungskonzept auf dem Tisch lag: Die Zusammenarbeit mit Anchorage war beendet, Praktiker hatte stattdessen eine Kreditvereinbarung mit Großaktionärin Isabella de Krassny abgeschlossen. Es sei bei der Hauptversammlung nie über einen konkreten Rettungsplan, sondern nur über abstrakte Ermächtigungen abgestimmt worden, verteidigte Seibt die Wendung.
Sachlich sei das vielleicht richtig, argumentierte dagegen der Anwalt der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Peter Dreier. In der Hauptversammlung sei den Aktionären aber ein konkretes Konzept präsentiert worden. Und den Aktionären sei auch der Eindruck vermittelt worden, dass über dieses Konzept abgestimmt wurde. Und die Ausgabe der Optionsanleihen sei nur auf Druck Anchorages beschlossen worden. Dass diese nun nachträglich als Bedingung auch bei de Krassny auftauchen, zeige erst, wie sehr hier getrickst würde. Sowohl Dreier als auch Dimke stößt aber auch auf, dass offensichtlich die Zustimmung de Krassnys zu den Beschlüssen auf der Hauptversammlung erkauft wurde: Während der Versammlung traten zwei Aufsichtsräte zurück, um dann durch Vertreter de Krassnys ersetzt zu werden.
„Auf der Hauptversammlung wurde eine kritische Schwelle überschritten“, sagte Rechtsanwalt Michael Pehlke, der sich selbst vertrat. „Die Verwaltung hat unglaublichen Druck auf die Aktionäre ausgeübt. Wenn ich einer Gesellschaft mein Geld anvertraue, kann ich erwarten, dass meine Rechte ausreichend berücksichtigt werden“, sagte er. Diese jedoch seien sträflich missachtet worden. http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufmacher/...rkel;art27856,4503171
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