Der neue Pfizer-Chef Ian Reed reißt das Steuerrad herum und macht mit seinem Unternehmen eine Kehrtwende: Nachdem der Pharma-Gigant in den vergangenen Jahren unter Reeds Vorgänger Jeffrey Kindler vor allem durch Riesen-Fusionen auf sich aufmerksam machte, droht Reed nun mit dem Radikal-Ausverkauf. In Gesprächen mit Analysten kündigte er an, sich von großen Teilen des Konzerns trennen zu wollen: Auf der potenziellen Verkaufsliste stehen Tochterfirmen, die Pfizer bislang insgesamt bis zu 40 Prozent aller Umsätze einbringen.
Ian Reed hatte gesagt, dass Pfizer aus seiner Sicht vor allem aus einem innovativen Kernbereich bestehe, der für die Erforschung neuer Medikamente mit hohen Margen zuständig sei. Alle Geschäftsbereiche würden bis zum Ende des Jahres auf ihre Rentabilität hin überprüft, sagt Pfizer-Forschungschef Mikael Dolsten.
Mit ihren Ankündigungen stellen die Pfizer-Chefs ganze Sparten in Frage: Verkauft werden könnten nicht nur die Lebensmittelsparte Nutritionals, sondern auch der Bereich Animal Health, der Tierarzneien herstellt, sowie die gesamte Sparte für Consumer Health, also Selbstmedikation. Der radikalste Schritt aber könnte der Verkauf der Sparte "Established Products" sein, die für alle nicht mehr patentgeschützten Produkte zuständig ist - damit würde Pfizer auch die Kontrolle über aktuelle und einstige Blockbuster wie Viagra aufgeben, deren Patentschutz aktuell ausläuft. Werden die Verkaufspläne tatsächlich umgesetzt, könnte der Umsatz des Pharma-Giganten von 67 auf unter 40 Mrd. Dollar (28,2 Mrd. Euro) sacken.
Genau hier liegt Pfizers Problem: Aktuell läuft in den wichtigsten Märkten das Exklusivrecht für diverse Umsatzbringer aus, allen voran der Schutz für den Cholesterinsenker Lipitor, der bislang mit bis zu 13 Mrd. Dollar zum Umsatz beitrug. Reeds Vorgänger Kindler hatte in Antizipation eines Umsatzeinbruchs mit Zukäufen Pfizer zum größten Pharmakonzern der Welt gemacht. Sein größter Einkauf war die US-Firma Wyeth für 67 Mrd. Dollar, die vor allem Kompetenz für Generika-Produkte einbrachte. Weitere Zukäufe waren der Selbstmedikationsspezialist King Pharmaceuticals sowie kleinere Biotech-Firmen.
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Doch all die Zukäufe kosteten Pfizer Geld, das dringend für die Forschung benötigt wurde. Der Aktienkurs des Unternehmens sackte unter Kindlers Führung seit 2006 trotz der zugekauften Rekordumsätze um ein Drittel ab. Zu Beginn des Jahres musste Pfizer bereits Milliardenkürzungen im Forschungsbudget ankündigen - ein fataler Schritt für ein Unternehmen, dessen größte Umsatzbringer bislang aus den eigenen Forschungslaboren kamen. Mit dem Geld aus den Verkäufen könnte Pfizer nun bereits kommendes Jahr wieder mehr in innovative Forschung investieren.
Das anstehende Verkaufsfeuerwerk stellt Jeffrey Kindlers Aufbauarbeit radikal in Frage. Kindler selbst zog bereits Anfang Dezember die Konsequenzen aus dem Misserfolg seiner Strategie - anstatt selbst die Kehrtwende zu vollziehen und den Ausverkauf anzukündigen, nahm er lieber überraschend seinen Hut
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Quod licet Iovi non licet bovi...