Quelle: Geldanlagebrief.de
? Konjunktur-Radar - So dramatisch steht es um Europas Wirtschaft wirklich
Befassen wir uns nun mit der Frage, wie man anhand einzelner Konjunkturdaten darauf schließen kann, wie es einer Wirtschaft, hier im Speziellen der europäischen Wirtschaft, geht. Dazu schauen wir uns nun die einzelnen Daten aus der ?Liste der Daten zur Analyse der europäischen Wirtschaft? im Detail an. Leitzins und Preisentwicklung
Den Leitzins der EZB kennen wir inzwischen. Wie wir am Sonntag berichteten, beließ ihn die EZB auf dem aktuellen Niveau von 0,25%.
Die Entwicklung der Preise haben wir uns vor genau einer Woche bereits im ?Konjunktur-Radar? angesehen. Die jährliche Inflationsrate der Verbraucherpreise betrug im Januar 0,7%. Die Erzeugerpreise der Industrie sind im Dezember 2013 gegenüber Dezember 2012 im Euroraum um 0,8% und in der EU28 um 0,6% gesunken. Die Hauspreise, gemessen durch den Hauspreisindex (HPI), sind im dritten Quartal 2013 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal im Euroraum um 1,3% und in der EU um 0,5% gefallen. Dies sind bereits erste Indizien für wirtschaftliche Probleme
Damit haben wir bereits zwei Themenblöcke abgehakt. Beide sprechen dafür, dass es der Wirtschaft in Europa nicht sonderlich gut geht. Ein niedriger Leitzins bedeutet, dass der Wirtschaft mit billigem Geld auf die Beine geholfen werden soll und sinkende Preise bedeuten, dass die Wirtschaft Probleme hat, Ihre Produkte auf den Märkten loszuwerden. Preisrückgänge wegen Absatzproblemen im Einzelhandel
Dies spiegelt sich auch in den Zahlen zum Einzelhandel wider. Im Dezember 2013 fiel das saisonbereinigte Absatzvolumen des Einzelhandels laut Schätzungen von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, gegenüber dem Vormonat November im Euroraum (ER17) um 1,6% und in der EU28 um 0,8%. Ein ähnliches Bild zeichnet sich im Vorjahresvergleich. Zum Dezember 2012 verringerte sich der Einzelhandelsindex im Euroraum um 1,0% und stieg in der EU28 nur um 0,1%.
Noch deutlicher werden die Absatzprobleme der Unternehmen in Europa beim Blick auf die folgende Grafik. Hier ist zu sehen, dass die Umsätze schon seit 2008 rückläufig sind.
Umsatz im Einzelhandel (Quelle: Eurostat) Absatzprobleme wirken sich auf den Arbeitsmarkt aus
Entsprechend desolat zeigt sich natürlich auch die Entwicklung auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Analog zum Rückgang im Einzelhandel ist die Arbeitslosenquote seit 2008 kontinuierlich gestiegen, wie die folgende Grafik zeigt.
Entwicklung der Arbeitslosenquote in Europa (Quelle: Eurostat)
Eine völlig logische Entwicklung: Wenn weniger konsumiert wird, wird weniger verkauft und weniger produziert. Entsprechend benötigt man weniger Personal und muss zudem, um Kosten zu senken, Mitarbeiter freisetzen.
Im Euroraum (ER17) lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im Dezember 2013 bei 12,0%. In diesem Bereich befindet sie sich bereits seit Ende 2012. Im Dezember 2012 hatte die Quote BEREITS 11,9% betragen. In der EU28 lag die Arbeitslosenquote im Dezember 2013 bei 10,7%. Hier lassen sich seit Frühjahr 2013 leicht abnehmende Raten feststellen.
Und wie Sie vermutlich bereits wissen, sind die Arbeitslosenquoten in den Krisenländern wie Griechenland (27,8%), Spanien (25,8%), Zypern (17,5%) und Portugal (15,4%) am höchsten. Dazwischen gesellt sich Kroatien mit 18,6%.
Arbeitslosenquoten der Länder in Europa (Quelle: Eurostat) Hohe Arbeitslosigkeit und geringe Nachfrage führt zu abnehmender Produktion
Dass tatsächlich weniger produziert wird, lässt sich an den Zahlen zur Industrieproduktion und zum Baugewerbe ablesen:
Die Produktion der Industrie fiel im Dezember 2013 saisonbereinigt gegenüber November 2013 sowohl im Euroraum (ER17) als auch in der EU28 um 0,7%. Die durchschnittliche Industrieproduktion für das Jahr 2013 verringerte sich gegenüber 2012 im Euroraum um 0,8% und in der EU28 um 0,5%.
Industrieproduktion in Europa (Quelle: Eurostat)
Und die saisonbereinigte Produktion im Baugewerbe fiel im November 2013 zum Vormonat im Euroraum (ER17) um 0,6% und in der EU28 um 1,1%. Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Produktion im Baugewerbe im Euroraum um 1,7% und in der EU28 um 1,6%.
Produktion im Baugewerbe in Europa (Quelle: Eurostat) Zusammenhänge in einer Volkswirtschaft werden deutlich
Anhand der bis hierher besprochenen Zahlen werden bereits die Zusammenhänge in einer Volkswirtschaft deutlich: - Die Preisentwicklung deutet bereits auf Absatzprobleme hin. - Bestätigt wird diese Annahme durch die gesunkenen Umsätze im Einzelhandel. - Sinkender Absatz sollte theoretisch durch eine Drosselung der Produktion quittiert werden. - Bestätigt wird diese Theorie durch die Zahlen zur Industrieproduktion und des Baugewerbes. - Sinkende Produktion sollte zu einer Freisetzung von Mitarbeitern führen. - Bestätigt wird dies durch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Hohe Arbeitslosigkeit führt zu leeren Staatskassen
Und weil die Staaten entsprechend weniger Steuereinnahmen und gleichzeitig höhere Kosten in den sozialen Sicherungssystemen haben, sollte sich die ganze dramatische Entwicklung auch im Staatshaushalt niederschlagen.
Tatsächlich wiesen die öffentlichen Haushalte in der EU28 im dritten Quartal 2013 ein Defizit im Verhältnis zum BIP von 3,5% aus. Im Euroraum betrug das Haushaltsdefizit 3,1%. Dabei zeigt sich aber, dass die Sparanstrengungen der vergangenen Jahre durchaus Früchte tragen, wie die folgende Grafik zeigt. Denn in den Krisenjahren 2009 und 2010 lag das Defizit noch im Bereich von 7%.
Defizit der öffentlichen Haushalte in Europa (Quelle: Eurostat)
Übrigens sollte laut Vertrag von Maastricht vom 7. Februar 1992 die Defizitquote unter 3 % und die Schuldenstandsquote unter 60 % des BIP liegen. Leider verstößt aktuell nicht nur die Defizitquote (siehe oben) gegen diesen Vertrag, sondern auch der öffentliche Schuldenstand lag am Ende des dritten Quartals 2013 mit 92,7% im Euroraum (ER17) und 86,8% in der EU28 deutlich neben dem vertraglich festgelegten Ziel.
Die höchsten Verschuldungsquoten verzeichneten am Ende des dritten Quartals 2013 natürlich Griechenland (171,8%), Italien (132,9%), Portugal (128,7%) und Irland (124,8%), wie die folgende Grafik zeigt.
Schulden der öffentlichen Haushalte in Europa (Quelle: Eurostat) Öffentlicher Schuldenstand / BIP, 2013 Q3 in Prozent
Damit haben wir nun die meisten Daten aus der Liste zu Analyse der europäischen Wirtschaft besprochen. Tragen wir diese Daten einfach einmal zusammen, um eine bessere Übersicht zu erhalten:
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