Die neuen Eigentümer haben bei anderen Ketten schon bewiesen, dass sie expandieren können Düsseldorf Mit einem gigantischen Wachstumsprogramm will die Warenhauskette Woolworth das Land mit neuen Märkten überziehen. "Wir wollen jede Woche eine neue Filiale eröffnen", sagte Firmenchef Dieter Schindel auf der ersten Pressekonferenz nach der Insolvenz. Von derzeit 163 Filialen soll das Ladennetz bis 2012 auf rund 500 Standorte in Städten mit mehr als 30 000 Einwohnern wachsen, über 3000 Jobs könnten entstehen. "Wir werden kein Ramsch-Kaufhaus sein, sondern der Nahversorger für Kunden der unteren und mittleren Einkommensklassen", kündigte Schindel an, der zuvor lange für die Expansion beim Schwesterunternehmen, dem Textildiscounter KiK, tätig war. Für die Renovierung der bestehenden Läden stünden über 40 Mio. Euro bereit. Am 1. Juli hatten die neuen Eigentümer HH Holding und Tengelmann das Unternehmen aus der Insolvenz übernommen. Seither schreibt es Schindel zufolge schwarze Zahlen. Er habe jeden verdienten Euro wieder ins Unternehmen gesteckt. Woolworth ist nach dem Verschwinden von Hertie, Horten und Kaufhalle eine der drei verbliebenen bundesweit tätigen Warenhausketten. Ebenso wie Karstadt hat die Kette gerade erst das Insolvenzverfahren abgeschlossen und versucht nun mit neuem Eigentümer den zweiten Start. Anzeige "Wir haben in den ersten 147 Tagen schon vieles verändert und werden das auch künftig noch tun müssen", sagte Schindel. So reduzierte die neue Führung die Zahl der angebotenen Artikel von 20 000 auf 6000. Die Zahl der Eigenmarken wird aus Gründen der Effizienz von 50 auf zehn reduziert. 35 Prozent des Warenangebotes machen wie bisher Textilien aus, der Großteil besteht aus Schreib- und Haushaltswaren, Kosmetik und Accessoires, Spielwaren, Deko-Produkten, Tierzubehör und Markenprodukten etwa von Pelikan, Herlitz, Coca Cola, Palmolive, Lego oder Playmobil. Sportartikel, Straßenschuhe, Mulitimediaprodukte oder Alkohol wurden aus den Regalen verbannt. Schindel erklärt seine "Drei-Marken-Strategie" so: "Wir bieten beispielsweise einen hochwertigen Füllfederhalter von Pelikan an, dazu einen deutlich günstigeren von unserer Eigenmarke und zur Zeit des Schulbeginns auch noch einen für zwei Euro". Mit einer Standardgröße von 1000 bis 2000 Quadratmetern sind die Läden deutlich kleiner als die von Kaufhof und Karstadt. Quersubventionierungen soll es nicht geben, jede Filiale muss ihr Geld verdienen. Fünf wurden seit der Übernahme bereits neu eröffnet. Die neuen Eigentümer Heinig und Haub sind dafür bekannt, Kosten zu drücken. Bei Woolworth ist denn auch die umgebaute Logistik deutlich billiger als bisher. Zudem wurden in Verhandlungen mit dem Hauptvermieter Cerberus die Mieten gesenkt. Die Hauseigentümer sollen allerdings Extrazahlungen bekommen, wenn der Laden gut läuft. Bei Mieten und Logistik spart Woolworth 60 Prozent an Kosten. "Wir haben auch zu 70 Prozent weniger Lagerräume und Nebenflächen, das spart ebenfalls", sagte Gesamtverkaufsleiter Michael Siepmann. Die Mitarbeiter arbeiten bis zum 30. Juni 2011 mit einem Gehaltsabschlag, den der Insolvenzverwalter ausgehandelt hatte. Auf wie viel Geld sie verzichten, sagte Siepmann nicht. Schindel versicherte, "dass wir die Bezahlung nach oben anpassen werden". Das Schwesterunternehmen KiK war in den vergangenen Jahren mehrfach durch Dumpinglöhne in die Schlagzeilen geraten, hat aber inzwischen ein Basisentgelt von 7,50 Euro pro Stunde in den Filialen eingeführt. Das gibt es bei Woolworth noch nicht. Aber Schindel sagte, er würde einen Mindestlohn im Einzelhandel durchaus begrüßen. Woolworth wolle - wie KiK - zahlreiche Auszubildende einstellen, aus denen die künftigen Filialleiter rekrutiert würden. Die Neuerwerbung Woolworth soll nun vom Aufwind profitieren, den die lange Zeit tot gesagten Warenhäuser zuletzt spürten: Kaufhof, die Kette der Metro-Gruppe, steigert seit 2006 das Ergebnis jährlich. Und Karstadt verdient seit dem Ende des Insolvenzverfahrens nach eigenen Angaben ebenfalls wieder Geld. Dennoch wollen viele Experten noch nicht von einer Kaufhaus-Euphorie sprechen, sondern werten die guten Zahlen eher als Folge des Ausleseprozesses. "Die Warenhäuser haben nach dem Absturz der vergangenen Jahre eine gewisse Talsohle erreicht. Für die Überlebenden steigt jetzt die Chance, profitabel arbeiten zu können", sagte Kai Hudetz vom Institut für Handelsforschung in Köln der "Welt".
|