An einem Tag ist noch das Leben da. Zum Beispiel ein Mann, bei bester Gesundheit, nicht einmal alt, nie krank gewesen. Alles ist, wie es war, wie es immer sein wird. Er lebt von einem Tag zum anderen, kümmert sich um seine Angelegenheiten, träumt nur von dem Leben, das vor ihm liegt. Und dann plötzlich kommt der Tod. Der Mann stößt einen leisen Seufzer aus, sackt auf seinem Stuhl zusammen, und das ist der Tod. Sein plötzliches Eintreten lässt keinen Raum für Gedanken, gibt dem Verstand keine Chance, nach einem vielleicht tröstlichem Wort zu suchen. Uns bleibt nichts anderes als der Tod, die unwiderrufliche Tatsache unserer Sterblichkeit. In einen Tod nach langer Krankheit können wir uns fügen. Selbst einen Unfalltod können wir dem Schicksal zuschreiben. Aber wenn ein Mensch ohne ersichtlichen Grund stirbt, wenn ein Mensch einfach stirbt, weil er ein Mensch ist, bringt uns das so nahe an die unsichtbare Grenze zwischen Leben und Tod, dass wir gar nicht mehr wissen, auf welcher Seite wir uns befinden. Leben wird Tod, und es ist, als hätte dieser Tod dieses Leben schon immer besessen. Tod ohne Vorankündigung. Soll heißen: Das Leben hört einfach auf. Und es kann jederzeit aufhören.
Paul Auster
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