Was ich in der gestrigen Diskussion vermisst habe: keiner hat die Zahlen nach- gerechnet (sollte ich etwas Gravierendes übersehen haben, bitte ich untertänigst um Verzeihung). Dafür wurden die wohlfeilen "Analysten"-Kommentare zitiert, in denen mit Verlustzahlen nur so um sich geschmissen wird. Da werden schon mal Äpfel mit Birnen und Tomaten mit Kartoffeln verglichen, Hauptsache, es hört sich grausig an. Denn irgendwie muss es doch einen Grund haben, weshalb die Aktie zwei Drittel an Wert verloren hat.
Ich möchte aber nicht schimpfen, solange ich es nicht besser weiß und ich habe auch absolut kein Interesse daran, die Aktie in den Himmel zu loben. Sollte ich den Eindruck gewinnen, dass das Geschäftsmodell nicht mehr zieht, dass das Unterneh- men die Herausforderungend der Zukunft nicht mehr stemmt, dann sollen sie mei- netwegen zum Teufel gehen. Soweit aber ist es nicht. Mir lag und liegt deshalb einzig daran, dass HRE genauso angemessen bewertet wird (im guten wie im schlechten Sinne), wie andere Finanzwerte auch.
Weil Anti Lemming gestern ein besonders daneben geratenes Beispiel gepostet hat, nämlich die "Analyse" von Börse.go, möchte ich jenes zum Anlass nehmen, einige grundlegende Dinge zurecht zu rücken. In medias res:
"Die Erwartungen des Marktes wurden größtenteils verfehlt." Das stimmt schon mal nicht. Der Markt hatte -infolge der nebulösen Andeutungen des Vorstands, KEINE oder allenfalls NEGATIVE Erwartungen. Nur Dummbatzen und Traumtänzer konnten mitten in der Krise ein Wunder erwarten. Der Haupt-Verlust- generator, nämlich die weiteren CDO-Berichtigungen, waren angekündigt; jedenfalls waren sie jedem Interessierten im Vorfeld bekannt.
"Die operativen Erträge gingen gegenüber den Pro-forma-Zahlen des Vorjahres- quartals von 520 auf 236 Millionen Euro zurück,..." Das stimmt zumindest nicht insoweit, als dass man vom "Rückgang des Geschäfts" um 284 Millionen bzw. 55 Prozent ausgeht. Die "operativen Erträge" enthalten nämlich die verlustwirksamen Anteile der CDO-Wertberichtigungen in Höhe von 145 Mio. EURO. Das aber -so weiß selbst Lieschen Müller- ist ein EINMALEFFEKT. Um diesen bereinigt, sieht die Synopse anders aus: da stehen nämlich 520 Millionen im 2.Q.2007 gegen 381 im 2.Q.2008. Und das sind "nur" 139 Millionen bzw. rd. 27% weniger im Vergleich. Aber auch dieser Vergleich hinkt, wie schon im Terminus Technikus "Proforma-Zahlen" für 2007 zum Ausdruck kommt. Im Grunde genommen lassen sich die Zahlen schwer vergleichen, was an der Konsolidierung von Depfa liegt. In 2008 sind wegen der Wandelanleihe Effekte enthalten, die es 2007 noch gar nicht gab. Das ist zugegeben sehr kompliziert und den Lesern von Börsen- blättern kaum vermittelbar; aber es ist ein Beispiel für verzerrte Darstellung.
"Das Ergebnis vor Steuern brach von 320 auf 17 Millionen Euro ein. Dies entspricht einem Rückgang um 95%." Das ist ebenso falsch wie dumm. Gewiss, es liest sich "griffig". Aber der Wahrheit kommt es nicht nahe. Das Ergebnis vor Steuern enthält zum einen die soeben erörterten oprativen Erträge. Und da habe ich vorgerechnet, dass Einmaleffekte im Spiel sind, die SERIÖSERWEISE nicht Gegenstand von Synopsen mit dem Vorjahr sein dürfen -sofern man ein Interesse daran hat, seine Leser OBJEKTIV zu informieren. Zum anderen sind in diesem Saldo die "übrigen Erträge und Aufwendungen" ent- halten. Diese wiederum enthalten Effekte aus der Depfa-Wandelanleihe, die rein buchhalterischer Narur sind (wegen des Depfa-Börsenkurses) und sich auf den Cash-Flow nicht auswirken. Beide Positionen saldieren mit 145+23= 168 Mio. EURO. Das alleine verändert das Ergebnis vor Steuern in 2008 auf 185 Mio.EURO. Das sind nach Adam Riese nur 42% Rückgang.
"Die von Dow Jones Newswires befragten Analysten hatten teilweise mit deutlich besseren Zahlen gerechnet." Ich nicht. Frage: arbeitet HRE eigentlich, um die Erwartungen irgendwelcher Sesselfurzer zu erfüllen, oder die ihrer Aktionäre?
"Die immer noch ungewissen Marktaussichten lassen nach Ansicht des Unterneh- mens zuverlässige Prognosen kaum zu." Wohl wahr. Dennoch die Frage: wer kennt Unternehmen mit GEWISSEN Marktaus- sichten, die dazuhin ZUVERLÄSSIGE Prognosen abgeben; im aktuellen Marktum- feld, wohlgemerkt. Dem Analysten ist zu raten, einen Arzt aufzusuchen.
Fazit: Wohin ich auch schaue, die überwiegend meisten Kommentare und "Analysen" zu HRE sind -wie gewohnt- unangemessen, schlampig recherchiert, irreführend. Kurz: Schrott. Ich würde jedem raten, wenn er HRE auch nur einigermaßen angemessen beurteilen möchte, sich die Geschäftsberichte selbst vorzuknöpfen und auszuwerten. Erst DANN soll er beurteilen, nwieweit der Kursverfall von HRE vor dem Hintergrund der Zahlen im Vergleich zu den anderen Playern angemessen und gerechtfertigt ist und welche Wahrscheinlichkeit für die Aufhellung der Zahlen in den nächsten 2...3 Quartalen -Conditio sine qua non für eine grundlegende Kurserholung- besteht.
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