http://www.faz.net/s/...169F94F3EAE8084191~ATpl~Ecommon~Scontent.html FinanzmarktkriseAuf die Banken rollt eine Tilgungswelle zuVon Stefan RuhkampDruckenVersendenSpeichernVorherige Seite 26. September 2008 Die Banken müssen auf dem Anleihemarkt eine Dürre durchstehen. Die Begebung neuer Anleihen ist wegen der Finanzkrise schwierig und teuer geworden. Zugleich müssen die Banken riesige Summen an die Anleihe-Investoren zurückzahlen. Allein auf die zehn wichtigsten deutschen privaten Banken kommen in den nächsten zwölf Monaten Tilgungen von rund 340 Milliarden Euro zu.In normalen Zeiten begeben Banken einfach neue Anleihen, um die alten abzulösen. Auch in der Finanzkrise gab es immer wieder Phasen, in denen das Geld ungehindert floss. Zuletzt war das im zweiten Quartal der Fall, als in Europa Bankenanleihen im Wert von 175 Milliarden Euro begeben wurden. Doch inzwischen ist die Begebung von neuen Anleihen wieder schwieriger geworden. Bleibt es beim nachlassenden Interesse der Anleger, müssen andere Finanzierungsformen ausgeweitet werden. Gelingt das nicht, müssen die Banken ihre Kreditvergabe einschränken.Projekt gestartetBei der Commerzbank werden, gemessen an ihrer Größe, besonders viele Anleihen fällig. Für die Tilgungen braucht sie in den nächsten zwölf Monaten rund 55 Milliarden Euro. Rechnet man die Dresdner Bank hinzu, sind es 62 Milliarden Euro. Dem stehe aber auch ein wachsendes Einlagengeschäft gegenüber, sagt ein Sprecher der Bank. Das Volumen der Einlagen - damit ist zum Beispiel das Geld der Kunden auf Giro- und Tagesgeldkonten gemeint - sei seit Dezember 2006 von 66 auf 89 Milliarden Euro gewachsen. Außerdem gebe die Bank Geschäft auf, zum Beispiel in der Finanzierung von Staatskrediten und in der Immobilienfinanzierung. So soll die Bilanzsumme der Commerzbank samt Dresdner Bank von 1.100 auf 800 Milliarden Euro reduziert werden. Insgesamt verringere sich das Volumen, das über die Ausgabe neuer Anleihen finanziert werden muss, ohne die Dresdner Bank gerechnet von gut 60 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf weniger als 20 Milliarden Euro im Jahr 2009.Auch die Deutsche Bank hat ein Projekt zur Reduzierung der Bilanzsumme gestartet. Vorstandsmitglied Anthony di Iorio nannte bei der Ankündigung im Juli allerdings kein konkretes Ziel. Die Bank muss in den kommenden zwölf Monaten Anleihen im Volumen von gut 40 Milliarden Euro tilgen. In diesem Jahr sei die Refinanzierung über den Anleihemarkt gut gelungen, sagt ein Sprecher. Bis zum Jahresende müssten keine neuen Titel mehr begeben werden. Außerdem sei die Finanzierung bereits langfristiger strukturiert. Von Mitte 2007 bis Mitte 2008 seien die Anleiheverbindlichkeiten mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr von 153 auf 84 Milliarden Euro reduziert worden.Wichtige FinanzierungsquelleDie Finanzierung über den Anleihemarkt ist nur eine von mehreren Geldquellen. Normalerweise beschaffen sich Banken, die Liquidität benötigen, das Geld von anderen Banken, die zu viel davon haben. Doch in der Finanzkrise misstrauen sich die Banken untereinander und horten das Geld. Kurzfristig springen deshalb die Notenbanken ein und räumen den Geschäftsbanken gegen Sicherheiten Kredit ein. Langfristig wächst die Bedeutung der privaten Bankkunden und ihrer Einlagen. Deshalb schätzen sich einige Landesbanken glücklich - zumindest solange ihre Eigentümer, die Sparkassen, das Geld ihrer Kunden bei ihnen anlegen. Auch die DZ Bank, das Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken, betont, dass sie auf dem Interbankenmarkt Anbieter von liquiden Mitteln und nicht Nachfrager sei.Trotz der wachsenden Bedeutung des Einlagengeschäfts bleibt der Anleihemarkt - auch wenn er schrumpfen sollte - für die Banken eine wichtige Finanzierungsquelle. Doch diese Quelle ist teuer geworden. Im Durchschnitt müssen Banken heute mit Risikoprämien von mehr als 1,5 Prozentpunkten im Vergleich zu Bundesanleihen locken, um Käufer für neue Anleihen zu finden. Sie verschulden sich also derzeit zu Zinsen in der Größenordnung von 5,5 Prozent. Wenn auf diesem Niveau Gewinne erzielt werden sollen, dann müssten die Kreditnehmer - zum Beispiel Fabrikanten, die eine neue Maschine finanzieren wollen, oder private Bauherren - noch höhere Zinsen zahlen. Es sei also absehbar, „dass viele Banken über kurz oder lang in der Kreditvergabe restriktiver werden“, sagt Rolf Schäffer, Kreditstratege der Landesbank Baden-Württemberg.Noch ist davon allerdings in Europa wenig zu spüren. Im August ist im Euro-Raum die Kreditvergabe an Nichtfinanzunternehmen im Jahresvergleich um 13,6 Prozent gestiegen. Auch wenn Ökonomen von Anzeichen für eine Verlangsamung sprechen, ist noch nichts von einer Kreditklemme zu erkennen. Gleichwohl sprechen die Bedingungen auf den Kapitalmärkten für eine restriktivere Kreditvergabe im nächsten Jahr. Im letzten zurückliegenden Abschwung, in den Jahren 2002 bis 2004, ging das Wachstum der Kreditvergabe auf 2 bis 3 Prozent zurück. In dieser Phase sprangen die Ausfallraten unter den finanzschwachen Schuldner auf Werte oberhalb von 15 Prozent.
|