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Von wegen Dekarbonisierung: Fossile Energieträger boomen
17.08.2023 13:38
Seit 1952 veröffentlichte der Ölkonzern BP seinen Statistical Review of World Energy und analysierte darin sämtliche, für die Weltenergiemärkte relevanten Daten. Diese Aufgabe hat nun das in Großbritannien ansässige Energy Institute übernommen. Einige Erkenntnisse aus dem aktuellen Bericht finden Sie hier. DekarbonisiNach beinahe 70 Jahren unter der Verantwortung des britischen Ölkonzerns BP übernahm nun das renommierte Energy Institute die Veröffentlichung des traditionsreichen, bei Energieanalysten hoch geschätzten Berichts. Dieser gilt als umfassendste und zuverlässigste Darstellung von Energieerzeugung und -verbrauch, sowie der Handelsströme und Emissionsentwicklung. Marktteilnehmer schätzen diese Analyse als beste objektive Datenquelle, um ein vollständiges globales Bild des Sektors zu erhalten. Auch unter neuer Führung enthält die jüngst erschienene aktuelle Ausgabe aufschlussreiche Erkenntnisse und beleuchtet Energietrends, die auf Grund der nicht selten medial verzerrten Darstellung gerade dieses Themenfeldes besonders bedeutsam sind.Erneuerbare Energien wachsen exponentiell – aber…
Seit 2001 erlebte die kombinierte Erzeugung aus Wind, Sonne, Erdwärme, Biomasse und anderen emissionsfreien Stromerzeugungstechnologien einen exponentiellen Anstieg. Seinerzeit machten diese Erzeugungsarten nur 4,2 % des weltweiten emissionsfreien Stroms aus. Doch im Jahr 2021 übertraf die alleinige Stromerzeugung aus Windkraft- und Solaranlagen bereits die aus Kernenergie. Der jährliche Zuwachs bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 2021 bis 2022 betrug mehr als 500 TWh. Das entspricht dem gesamten Stromverbrauch Frankreichs im vorherigen Jahr und liegt nahe am deutschen Verbrauch. Im vergangenen Jahr erzeugte die Wasserkraft mit 4.334 TWh nur unwesentlich mehr Strom als der Rest der erneuerbaren Energien zusammen, und es ist deutlich absehbar, dass erneuerbare Energien ohne Wasserkraft bald zu einer größeren Erzeugungsquelle werden könnten als die Wasserkraft selbst. Vor allem, weil in diesem Jahr eine Rekordmenge an Solarenergie installiert werden soll. …Kohle, Öl und Erdgas bleiben die unangefochtenen Platzhirsche
Wenn auch der angesprochene Trend in Bezug auf die globale Stromerzeugung beeindruckend ist, so sollte dies nicht darüber hinweg täuschen, dass es nach wie vor die fossilen Brennstoffe sind, die den Energiebedarf der Welt decken. Sowohl Erdöl als auch Kohle und Gas werden nachgefragt, wie nie zuvor, und Öl hat seinen Status als bedeutendster fossiler Brennstoff seit beinahe 70 Jahren nicht verloren. Hinsichtlich der jeweiligen Wachstumsraten der einzelnen Brennstoffe hängt es jedoch immer von der gewählten Basis ab, welcher von ihnen sich die Krone aufsetzen darf. Absolut betrachtet verlief der Anstieg der Öl- und Erdgasnachfrage zwischen 1965, in dem Jahr hat BP zum ersten Mal seinen Energiebericht erstellt, und 2022 nahezu parallel, mit recht deutlichem Abstand zu Kohle. Legt man jedoch das Jahr 2001 zu Grunde, hier trat China der WTO bei, zeigt Kohle im Vergleich zu Öl ein fast doppelt so starkes Wachstum. Seit 2011 führt Erdgas das Nachfragewachstum bei fossilen Brennstoffen an, vor Öl und Kohle. Deutlich wird, wie Energiekrisen, Konjunktur und Ressourcenbooms die Wachstumstrends beeinflussen. Bereits im vergangenen Jahr stieg der Kohleverbrauch auf einen Rekordwert von 8,3 Mrd. Tonnen, und für das laufende Jahr wird erwartet, dass die weltweite Kohlenachfrage diesen Höchststand noch übertreffen wird, da die zunehmende industrielle Nutzung den Rückgang in der Stromerzeugung ausgleichen sollte. Auf China, Indien und die südostasiatischen Länder zusammen werden 2023 etwa drei Viertel des weltweiten Kohleverbrauchs entfallen. Bei Rohöl sieht es ähnlich aus, auch von diesem Energieträger verbraucht die Welt mehr als je zuvor. Mit 102,5 Mio. Barrel pro Tag wurde der bisherige Verbrauchsrekord aus dem Jahr 2019 in den letzten Julitagen dieses Jahres übertroffen, wobei mehr als ein Drittel davon in den USA und China verfeuert wurden. Kurioserweise ist es ausgerechnet Benzin, also der Kraftstoff, der unter dem Aufstieg der Elektromobilität als erster leiden sollte, der eine führende Rolle bei dieser Nachfragesteigerung einnimmt. Denn entgegen der Erzählung vom Boom der Elektroautos nimmt die absolute Zahl der benzinbetriebenen Fahrzeuge immer noch zu. Außerdem halten viele Verbraucher an ihren bisherigen Fahrzeugen fest, was zu einem Gutteil der noch nicht ausgereiften Batterietechnik sowie unzureichender Ladeinfrastruktur geschuldet ist. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass die weltweite Ölnachfrage bei den derzeitigen Trends in den nächsten fünf Jahren um weitere 3 % bis 4 % steigen wird, bevor sie sich dann auf einem hohen Plateau einpendelt. Im Moment gibt es jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass der Verbrauch in absehbarer Zeit einbrechen könnte. Wenig verwunderlich, dass die Emissionen aus dem Energiesektor weiter stark ansteigen und im vergangenen Jahr ein Rekordhoch von 39,3 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalent erreichten. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Anstieg von 0,8%. Nur oberflächlich betrachtet mit sauberer Weste
Dass insbesondere China unter Verweis auf die enorme Geschwindigkeit beim Ausbau sowie die rekordhohe installierte Leistung an erneuerbarer Energieerzeugung zunehmend als ökologisches Musterbeispiel herangezogen wird, ist beinahe schon skandalös. Nicht nur dass an dieser Stelle stets die damit zusammenhängenden Kollateralschäden hinsichtlich Produktion der Anlagen und deren späterer Entsorgung unterschlagen werden, auch die Tatsache, dass China immer noch massiv – und aus Gründen der Versorgungssicherheit sogar vernünftigerweise - in neue, mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke investiert, bleibt unerwähnt. Interessanterweise bleibt die exponentiell wachsende Solar- und Windenergiebranche insgesamt weit hinter der Nutzung fossiler Energie zurück. Bereits in den 1970er Jahren gewann die Wind- und Solarenergie als Alternative zu fossilen Brennstoffen an Bedeutung, durchsetzen konnte sich diese Technologie im freien Spiel der Marktkräfte jedoch nicht, es brauchte erst massive staatliche Eingriffe in Form umfangreicher Subventionsprogramme, um diesen Technologien auf die Sprünge zu helfen. Dennoch ist deren Anteil am globalen Energiemix mit nur gut 3% weiterhin gering, was vor allem dem nur schwer elektrifizierbaren Transportsektor geschuldet ist. In Bezug auf die weltweite Stromerzeugung liegt der Anteil der Wind- und Solarenergie mittlerweile bei immerhin 12%, mehr als 60 Länder erzeugen derzeit über 10% ihres Stroms mittels Wind- und Sonnenkraft. Das man diese Entwicklung auch durchaus kritisch betrachten kann, haben wir an anderer Stelle bereits erläutert. Die weltweite Energienachfrage verschiebt sich
Im Vergleich zu 1965 hat sich der globale Energieverbrauch vervierfacht, allein in den letzten knapp 40 Jahren nahm die Nachfrage um mehr als 100% zu. Dabei wird jedoch ein bemerkenswerter Trend erkennbar: waren es zunächst die Länder der heutigen sogenannten „Ersten Welt“, die den Löwenanteil der Nachfrage ausmachten, erreichte diese dort im Jahr 2007 ihren Höhepunkt. Im gleichen Jahr übertraf erstmals die Nachfrage im Rest der Welt die der OECD-Länder. Seitdem ist die Nachfrage in den OECD-Ländern sogar um 3,4% zurückgegangen, während sie überall sonst im gleichen Zeitraum fast ungebremst gestiegen ist. 2007 lag der Anteil der OECD am Gesamtenergieverbrauch bei knapp 50%, heute sind es nur noch 39%. Der Energieexperte und Gründer des Center for Industrial Progress Alex Epstein hat eine in diesem Zusammenhang sehr interessante These entwickelt, nämlich die, dass nicht weniger, sondern mehr fossile Energieerzeugung notwendig ist, weil diese ganz essenziell für das Gedeihen von Wohlstand und wachsender Lebensqualität der Menschheit sorgt. Dies würde ihm nach die damit verbundenen negativen Effekte bei weitem überwiegen und Lösungskonzepte für diese Probleme erst ermöglichen. Sein sehr lesenswertes jüngstes Buch „Fossil Future: Why Global Human Flourishing Requires More Oil, Coal, and Natural Gas - Not Less“ liefert hier nicht uninteressante Denkanstöße.
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