der heutige Handelstag an den globalen Finanzmärkten hat die Nerven der Anleger erneut strapaziert. Die negativen Nachrichten vom Freitag und vergangenen Wochenende über die Schieflage der amerikanischen Investmentbank Bear Stearns hat weiteres Vertrauen in die Finanzmärkte zerstört. Auch für uns ist die Nachrichtenlage kaum nachvollziehbar. Noch am Dienstag erklärte der Vorstand von Bear Stearns, dass die Gerüchte um eine Liquiditätsklemme "lächerlich" seien, nur um ein paar Tage später fast eine Pleite einräumen zu müssen. Wichtig ist an dieser Stelle, dass die amerikanische Notenbank FED eindeutige Maßnahmen ergriffen hat, um die Liquidität des Bankensektors sicherzustellen. Parallelen zur Krise rund um den Zusammenbruch des LTCM Hedgefonds von 1998 drängen sich auch hier auf. Auch damals hat die amerikanische Notenbank mit gezielten Maßnahmen die Märkte stabilisiert, die in der Folge zu einer massiven Rallye angesetzt haben.
Die Situation an den Finanzmärkten hat sich heute in vielen Teilbereichen zugespitzt: Der US-Dollar hat zum Yen und zum Euro neue Tiefststände markiert, um im Tagesverlauf aber eine Gegenbewegung zu starten. Gold- und Ölpreis konnten ihre neuen Rekordhochs intraday ebenfalls nicht verteidigen und gaben im Tagesverlauf mehr oder weniger deutlich nach. Die Zinssätze gingen weltweit teils dramatisch nach unten, da mit weiteren Zinssenkungen der Notenbanken gerechnet wird. Am morgigen Dienstag wird die US-Notenbank FED höchstwahrscheinlich eine weitere und sehr deutliche Zinssenkung beschließen. Die Alternativen zu den Aktienmärkten verlieren dadurch deutlich an Attraktivität. Die Renditen im 10-Jahresbereich notieren derzeit nur noch bei 3,31% (USA) und 3,64% (Deutschland). 2-jährige US-Staatsanleihen rentieren nur noch mit 1,34%. Während an den Märkten eine Kreditkrise diskutiert wird, ist der "Preis des Geldes" - der Zinssatz - deutlich gefallen. In einer "echten" Kreditkrise müssten diese Zinssätze im Rahmen eines Risikoaufschlages deutlich ansteigen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall!
An den Aktienmärkten ist mittlerweile echte Panik zu spüren. Die Stimmung ist vor allem in den USA deutlich schlechter als an den Januar-Tiefs. Es werden immer wieder neue Horror-Szenarien entworfen und diskutiert. Die Tiefs vom Januar 2008 wurden heute auf Basis des MSCI-World, Nikkei, S&P 500, Nasdaq 100 und DAX bzw. Euro-Stoxx-50 unterschritten. Die amerikanischen Indizes konnten sich im Tagesverlauf besser schlagen und im heutigen Handelsverlauf einen Großteil der frühen Kursverluste wieder aufholen. Bemerkenswert ist es, dass alle diese neuen Tiefs in den Indizes mit positiven technischen Divergenzen einhergingen. Viele Indikatoren haben die neuen Tiefststände nicht bestätigt. Eine echte Stabilisierung ist jedoch noch nicht erfolgt.
Die Angst regiert weiter an den Märkten. Panikreaktionen und emotionales Agieren sollten in diesem Umfeld jedoch unbedingt vermieden werden. In den letzten Jahrzehnten gab es reihenweise große und heftige Korrekturen, die natürlich immer von Crashszenarien und extrem schlechter Stimmung bis Panik begleitet wurden. Kaum jemand konnte sich einen anschließenden, heftigen Anstieg vorstellen. Alle dieser "großen" Krisen haben sich unmittelbar darauf als hervorragende Kaufchancen herausgestellt. Wir gehen davon aus, dass dies auch diesmal der Fall sein wird. Fast alle Indizes sind weit unter ihre 200-Tage-Durchschnittslinien gefallen. Eine deutliche Übertreibung nach unten hat sich gebildet.
Wir haben am Wochenende die Situation erneut intensiv analysiert. Dabei möchte ich einige Punkte nochmals herausstellen. Der negative Jahresstart hat uns sicher überrascht, in der Historie finden sich nur wenige Parallelen. Um das Jahr jedoch bereits "endgültig" als Bärenjahr abzuhaken, gibt es keine stichhaltigen Hinweise. Lediglich im Jahr 2003 konnten wir einen ähnlich schwachen Start in das neue Jahr verzeichnen. Der DAX musste damals von 2.893 Punkten am 30.12.2002 bis zum 12. März 2003 auf 2.188 Punkte oder um 24,4% abgeben. In 2008 hat der DAX bis an das heutige Tagestief seit dem 30.12.2007 um ähnliche 23,5% verloren. In 2003 folgte anschließend eine massive Rallye, die den DAX bis zum 30.12.2003 um 81% bis auf 3.965 Punkte klettern ließ. Verglichen mit dem Jahresanfang 2003 errechnet sich ein Zuwachs von rund 37%. 2002 stieg der DAX bis zum 18. März 2002 erst um 6% an, um sich anschließend innerhalb weniger Monate zu halbieren. Im Krisenjahr 2001 folgte nach einem schwachen Start bis zum 22. März 2001 eine deutliche Rallye bis zum 22. Mai 2001. Im Jahr 2000 legte der DAX bis zum 7. März um 17% zu, um anschließend in einen Bärenmarkt abzutauchen. Erinnern Sie sich an das Jahr 2000? Das KGV im DAX betrug damals über 30 (heute je nach Schätzung zwischen 10 und 12), die 10-jährigen Bundesanleihen brachten im März 2000 eine Rendite von 6,5% (heute 3,64%). Dieser heute oft zitierte Vergleich mit dem Jahr 2000 erscheint uns nicht angebracht und an vielen Punkten eher gegenteilig. Viel mehr Parallelen finden zur sich zur Situation 1997/1998.
Signifikant ist der Bereich Mitte März grundsätzlich. Fast immer fanden in diesem Zeitraum bedeutende Trendwenden statt. Es spricht vieles dafür, dass der März 2008 ein signifikantes Tief markieren wird. Zumindest eine breite Erholung sollte anschließend folgen. Ob der heutige Handelsverlauf bereits das endgültige Jahrestief markieren wird, ist aus heutiger Sicht sehr schwer zu beurteilen. Die Märkte befinden sich weiter im Aufruhr, die Nervosität und Angst bleibt extrem hoch. Doch grundsätzlich finden nur in solch einem negativen Umfeld Trendwenden nach oben statt. Die Mauer der Angst ist hoch. Im Sinne eines Kontraindikators ist dies auch gut so.
Das Handelsblatt berichtet heute Abend: "Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, lobte am Montagabend in einer Rede in Frankfurt die Rettung von Bear Stearns. Zugleich rief er jedoch alle, "die über Liquidität verfügen", in einem dramatischen Appell zu Investitionen auf, um die Finanzkrise nicht zu verschärfen. "Es gibt keinen Liquiditätsengpass, sondern einen Investorenstreik", sagte Ackermann. Zu glauben, die Banken könnten durch gegenseitige Hilfe das Problem alleine lösen, gehe an der Realität vorbei. Deshalb sei eine konzertierte Aktion der Notenbanken, Regierungen und Anleger nötig, um den Wertverfall zu stoppen."
Diese Äußerung eines "Investorenstreiks" von Josef Ackermann erscheint uns durchaus zutreffend. Viele potentielle Investoren warten derzeit ab, bis sie eine "Bodenbildung" an den Märkten zu erkennen glauben. Grundsätzlich wird auch im Hinblick auf die Abgeltungsteuer 2009 einiges an frischer Liquidität an die deutschen Aktienmärkte kommen, um dort langfristig und strategisch positioniert zu werden. Viele Investoren teilen uns mit, dass sie dies zwar planen, um ihre Kursgewinne auch zukünftig steuerfrei vereinnahmen zu können, jedoch noch abwarten wollen bis sich die Märkte "beruhigt" haben. Für die Aktienmärkte bedeutet dies ein große Welle an neuen Käufen, die zwar - noch - aufgeschoben, aber nicht aufgehoben ist. Durchaus Überlegenswert erscheint es uns, sich bereits in der aktuellen Schwächephase Gedanken darüber zu machen, die für nach 2009 geplante Aktienquote bereits jetzt aufzubauen.
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