weiß das Auswärtige Amt eigentlich noch, was es tut?
Erst die Freizügigkeit, dann die Visa-Affäre und jetzt die Willkür Von Helmut Buchholz Die Visa-Affäre wirkt sich jetzt überall im Land aus: Unbescholtene Bürger, die mit Ukrainern verwandt sind, haben zurzeit große Probleme mit dem Reiseformalitäten für Besucher aus den ehemaligen GUS-Staaten. Sie glauben, dass sie nun büßen müssen, was Außenminister Joschka Fischer falsch gemacht hat.
"Ich bin der Leidtragende", sagt Martin Bratz. Die Visa-Affäre nennt er eine "Riesensauerei". Aber dass jetzt der "brave Bürger dafür bestraft wird", dass Außenminister Fischer mit dem berühmt-berüchtigten Volmer-Erlass hunderttausenden Ukrainern zwischen 1999 und 2002 unkontrolliert Tür und Tor öffnete, kann der 55-Jährige nicht verstehen. Er sei jetzt jedenfalls mit dem Versuch gescheitert, ein Touristen-Visum für eine Ukrainerin zu bekommen, obwohl er sich schon seit fast einem Jahr darum bemüht. Martin Bratz betont, dass er für die Rückreise der Frau gebürgt habe, und auch alle anderen mittlerweile strengen Formalitäten im Landratsamt erledigt seien. Ebenso sind die notwendigen Gebühren gezahlt. Doch Natalia aus der Ukraine blitzte bei der deutschen Botschaft in der Ukraine ohne Angabe von Gründen ab. "Das ist Willkür", sagt Bratz.
Das ärgert ihn ungemein, aus zwei Gründen: Denn niemand könne zum einen nachvollziehen, dass der Außenminister früher eine Freizügigkeit für Schleuserringe zuließ, die Schwarzarbeitern und Zwangsprostituierten den Weg in den Westen ebneten, seriösen Einladern im Westen aber nun diese Freizügigkeit verwehrt. Zum anderen bemängelt Bratz "das Ausgeliefertsein an die Bürokratie". Letztlich ginge es doch darum, Regeln zu haben, an die sich alle halten sollten. Doch davon seien die Behörden heute mehr denn je weit entfernt.
Bratz steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Auch Peter S. hat schlechte Erfahrungen sammeln müssen. Er ist seit drei Jahren mit einer Ukrainerin verheiratet. Seine Ehefrau wollte mit ihrer Schwester Weihnachten in der der neuen Heimat feiern. Doch die deutsche Botschaft in Kiew verweigerte das Visum - ohne Angabe von Gründen. "Wir sind sehr enttäuscht", sagt er. Gerhard K., der in einer Kommune im nördlichen Landkreis wohnt, ist seit fünf Jahren mit einer Weißrussin verheiratet. Die Familie hat heute ebenfalls Probleme, Visa für Verwandte zu bekommen. Gerhard K. hat sich deswegen schon beim Innenministerium beschwert - vergeblich. Ähnliche Erfahrungen gebe es im gesamten Bekanntenkreis. Gerhard K.: "Wir sind einfache, normale Leute." Um so weniger könnten sie verstehen, dass Schwarzarbeiter und Kriminelle ins Land gelassen wurden, "aber bei unseren Verwandten macht man solche Probleme."
12.03.2005 00:00
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