Ich bin sehr beeindruckt von Deiner Analyse (Posting 20). Die Argumente, die sich auf die zukünftige Entwicklung in den USA beziehen, sind überzeugend.
Trotzdem bin ich etwas skeptisch. Der Grund: Die Analyse begründet, warum die Aktienblase in den vergangenen Jahren geplatzt ist. Wäre diese Analyse vor zwei Jahren aufgetaucht, wäre sie echt genial gewesen. Nun (im Nachhinein) ist sie aber im wesentlichen eine Zusammenfassung bereits bekannter Faktoren. Die Börse blickt aber in die Zukunft - und gerade da bin ich für die USA wieder optimistisch, denn in kaum einem anderen Land sind die Unternehmen in sachen Umstrukturierung/Kostenabbau so flexibel wie in den USA. Und Kosteneinsparungen (und damit Gewinnsteigerungen) sind die Voraussetzung für zukünftige Investitionen und damit ein Anspringen der Konjunktur.
Recht hast Du natürlich mit der Konsumquote: Die US-Wirtschaft wird von den Konsumenten getragen. Bricht der Konsum ein, so sieht es bitter aus. Da der Konsum kaum noch steigerungsfähig ist, rechne ich auch für die kommenden Jahre lediglich mit einem moderaten Wachstum. Verglichen mit Europa wird dieses Wachstum aber noch immer stark sein.
Was die Verschuldung der Haushalte angeht: "Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast." Damit will ich sagen: Ich kann diesen Punkt nur sehr schwer beurteilen. Skeptisch macht es mich aber, wenn die mehrheitlich US-feindliche deutsche Presse auf dieser Sache herumreitet. Und ich erinnere mich an eine Statistik, die ich vor ca. 6 Monaten gelesen habe: Danach hat die Verschuldung zwar ein absolutes Rekord-Niveau erreicht, liegt aber im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt etwa auf der Höhe wie vor ca. 20 Jahren. Leider kann ich keine Quelle angeben, da ich mich nur vage erinnere. Jedenfalls wurde auch schon vor zig Jahren Schwarzmalerei in sachen US-Verschuldung betrieben, und was ist passiert: Die US-Wirtschaft hat sich in den vergangenen 20 Jahren sensationell entwickelt.
Zur US-Immobilienblase: In den Ballungsräumen sind Immobilien sehr teuer. Auf dem Lande bietet sich ein anderes Bild. Verglichen mit Deutschland ist eine durchschnittliche Immobilie noch immer recht preiswert. Eine Interpretation dieses Sachverhalts ist mir unter dem Strich nicht möglich.
Zur Geldanlage in US-Aktien: Aktien sind - historisch betrachtet - noch immer teuer. Allerdings muss man das KGV mit der Anleihen-Rendite vergleichen. Daher ist ein hohes KGV berechtigt. Wenn die Wirtschaft sich nun moderat erholt und die Zinssätze sich erhöhen, so hat dies Kursverluste bei Anleihen zur Folge, so dass Anleihen an Attraktivität verliegen. Außerdem sollten die Gewinne der Unternehmen, die sich erfolgreich saniert haben, überproportional steigen. Daher relativiert sich ein - heute - hohes KGV. Noch ein Hinweis: Kosteneinsparungen und Gewinne sind die Voraussetzung für Innovationen und Personalaufbau - oder hast Du schon arme Leute bzw. Firmen erlebt, die Einstellungen vornehmen? Bei der Aktienauswahl ist also das vielzitierte "Stock Picking" so wichtig wie nie. Einen breit angelegten Anstieg der Kurse werden wir so schnell nicht wieder erleben. Die Kurse der erfolgreichen Unternehmen werden aber steigen.
Zu Japan: Die Argumente sind ebenfalls ok, sind jedoch nicht neu und mit einem großen WENN versehen.
So, das wärs fürs erste. Allerdings befürchte ich, dass in meine Argumente auch eine große Portion Zweckoptimismus eingeflossen ist. Ich hoffe, dies wird mir nicht zum Verhängnis. Vermutlich wird das zukünftige Szenario sich irgendwo in der Mitte unserer beiden Vermutungen bewegen.
Noch ein Kommentar zum "Anfänger": Ein solcher bist Du offensichtlich nicht. Und wer von uns beiden nun wirklich prozyklisch handelt, ist schwer zu beurteilen. Das ist leider das Problem daran, wenn man antizyklisch zu investieren versucht. Ob die Masse der Anleger noch optimistisch ist, bezweifle ich allerdings, denn in meinem Bekanntenkreis will niemand mehr etwas von Aktien wissen - und bei Ariva treffen sich wohl eher die Hartgesottenen, weshalb man die hier vorhandenen Meinungen und Stimmungen nicht hochrechnen sollte.
Mein persönliches Fazit: Die US-Wirtschaft schafft zur Zeit die Voraussetzungen für bessere Zeiten. Ob sie erfolgreich sein wird, wird die Zukunft zeigen.
Gruß Kalle
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