wenn Du so etwas noch nie erlebt hast, dass Kurse trotz "guter" Unternehmensnachrichten und positiver Analysteneinschätzungen fallen, frage ich mich schon, wie lange Du schon im Geschäft bist. Ein paar Dinge muss man festhalten: 1. Die Autowerte sind selbst im historischen Maßstab 2010 extrem gut gelaufen. So ein Anstieg zieht immer die Analysteneinschätzungen nach, die aber eigentlich niemand beachtet. Analysen haben höchtens einen halben Tag, nachdem sie raus sind, Einfluss auf Kurse. Kurse beeinflussen Analysen, nicht umgekehrt. Es ist empirisch leicht zu zeigen, dass man keine gute Performance erreicht, wenn man Analysten folgt - und mit der gegensätzlichen Strategie oft erfolgreicher ist. 2. Eine Marktkorrektur stand im Raum, man sollte nicht überrascht sein, dass sie nun auch gekommen ist. Vorher sprachen alle davon, was für eine tolle Kaufchance das sein wird - aber nun ist die Chance da und viele machen sich in die Hosen, statt zu kaufen. Das ist eigentlich fast immer so, v.a. dann, wenn viele offenbar schon verlernt haben, dass Kurse auch hartnäckig fallen können. Ich bin bei Daimler und BMW short gegangen bei den Höchstkursen (davor war ich gar nicht in diesen Werten investiert), habe aber schon längst (also zu früh) zurückgekauft und bin nun long bei Daimler. 3. Einem Trend zu folgen, birgt viele Risiken. Es gibt nur ganz wenige und seltene Trends, die wirklich über Jahre stabil laufen. So gibt es bei Daimler ganz offensichtlich keinen langfristig gültigen Trend (höchstens seitwärts). Insofern ist auch die Chartanalyse, wenn man sie empirisch überprüft, auf mittlere oder gar längere Sicht meist ein schlechtes Prognoseinstrument. Für kurzfristige Trader taugt sie was, aber für längere Zeiträume ist sie in der Regel unbrauchbar. Ein mittel- bis längerfristiger Trendfolger nimmt immer ein recht hohes Risiko in Kauf, teuer gekauft zu haben und nicht rechtzeitig verkauft. Hier ist mittel- bis langfristig ein regelmäßiger Griff ins fallende Messer (bei fallenden Kursen) viel aussichtsreicher - dies ist aber seltsamerweise aus der Mode gekommen. Billig ist immer besser als teuer. Und das Dümmste überhaupt sind stops, die einen auf den Tiefstkursen verkaufen und auf den Höchstkurse kaufen lassen. 4. Die Frage, ob Aktien nun eine faire, geringe oder hohe Bewertung des Unternehmens widerspiegeln, ist immer Interpretationssache und kaum zu beantworten. Wenn ein Unternehmen in einem 0% Zinsumfeld aus dem laufenden Gewinn locker eine Rendite von fast 4% zahlen kann, halte ich es für unterbewertet - im Gegensatz zu den Telekoms, die diese Rendite aus der Substanz bezahlen und schon gar nicht locker. 5. Der Bürgerkrieg in Libyen und das sich entwickelnde Chaos in Tunesien und Ägypten sind zunehmend abschreckende Beispiel für die Region, so dass bei den Leuten in Arabien die Lust auf weitere Umstürze erst man weg ist. Diese Geschichte ist also schon gegessen. Immer wieder lustig, dass sich die Anleger als "Krisen" selten die wirklich gefährlichen Entwicklungen zum Anlass nehmen (und davon gibt es ja nun auch einige), sondern meist solche, die auch schnell wieder aus dem Fokus gedrängt werden können. (Beispiel Schuldenkrise: Auch da nahm man die harmlosere Variante in Europa als Anlass, statt der Pleite in den USA in die Augen zu sehen. Und kaum hatte Meredith Whitney mal die wirklichen Probleme laut angesprochen bzw. veröffentlicht, wurde sie auch ganz massiv gemobbt. Offenbar verstieß sie gegen einen ungeschriebenen Ehrenkodex der Branche, wonach "Krisen" immer eine Lösungsperpektive - sprich: man muss mir ihr Geld verdienen können, sie darf einen nicht töten - bieten müssen, so wie diese lächerliche Geschichte in Libyen.) Fazit: Daimler kaufen, nach unten ist jetzt nur noch wenig Risiko.
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