Die Euro-Krise erinnert fatal an Japan Die Krise in Europa ist noch längst nicht beendet, sagt der Ökonom Richard Koo. Im Interview fordert er Kapitalkontrollen in der Euro-Zone. … (Hier folgen Auszuege aus einem Interview, es zeigt die Schuldenproblematik aus einer anderen Richtung, kritisiert vor allem die geregelten EZB-Automatismen, ohne aber die Geldstroeme zu kontrollieren. Also es zuzulassen, dass die Profiteure eines Landes wie Griechenland ihr teilweise illegal erworbenen Reichtum in andere EU-Laender transferieren koennen. Aus irgendwelchen Gruenden will man aber hier nicht eingreifen. Genauswenig wird man eine Finanztranzaktionssteuer etablieren koennen; die Geldmacht gewinnt immer. Vorher sucht man andere Methoden, um an Liquiditaet ranzukommen; und das trifft immer mehr die Mittelschicht, die langsam ausduennt.) ZEIT ONLINE: Hat Japan nicht genau dies versucht und ist nun horrend überschuldet? Koo: Erinnern wir uns, in welchem Zustand sich Japan nach dem Platzen der großen Blase 1989 befand. Die Immobilienpreise fielen landesweit um 87 Prozent. Stellen Sie sich das mal für Deutschland vor. Ein so dramatischer Wertverfall ist verheerend. Und dennoch ist Japans Bruttoinlandsprodukt zu keinem Zeitpunkt geschrumpft, die Arbeitslosigkeit lag nie höher als 5,5 Prozent. Dabei mussten Japans Unternehmen enorme Schulden begleichen, die sich auf zehn Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung beliefen. Das heißt: Wäre der Staat damals nicht eingesprungen, wäre Japan jährlich um zehn Prozent geschrumpft. Innerhalb weniger Jahre hätte das eine Halbierung der Wirtschaft bedeutet. ZEIT ONLINE: Dafür ist Japan nun aber das höchstverschuldete Industrieland. Koo: So argumentierten 1997 auch IWF und OECD. Damals hatten die Ökonomen aber noch nichts von den Folgen einer Bilanzrezession verstanden. Sie sahen nur, dass der Staat immer weiter Geld für Brücken und Straßen ausgab und drängten Japan zum Sparen. Ich warnte den damaligen Ministerpräsidenten Hashimoto, auf keinen Fall zu diesem Zeitpunkt zu sparen. Der Privatsektor war noch nicht so weit. Doch der IWF war einflussreicher. Hashimoto erhöhte die Steuern und fuhr die Staatsausgaben massiv zurück. Und raten Sie, was das für Folgen hatte: Japans Staatsverschuldung schoss um 68 Prozent in die Höhe. Hätte Hashimoto damals widerstanden, wäre Japan längst raus aus der Krise. ZEIT ONLINE: Wie sieht die Situation in Japan heute aus? Koo: Der Privatsektor ist weitgehend entschuldet, leiht sich aber auch weiterhin kein Geld. Das ist ein Folgeproblem einer Bilanzrezession. Wer einmal durch das Platzen einer Spekulationsblase sein Vermögen verloren hat, wird sich im Leben nicht noch einmal verschulden. Kaum vorstellbar, aber nach den Erfahrungen der großen Depression waren die Amerikaner bis in die späten sechziger Jahre Sparweltmeister. Kreditkarten waren bis in die achtziger Jahre staatlich subventioniert. Heute verfügt der Privatsektor in Japan über hohe Ersparnisse und verleiht das Geld dem Staat. Die japanische Staatsverschuldung ist deswegen nicht so dramatisch, weil er von heute auf morgen über Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen seinen Haushalt in Ordnung bringen könnte. Das würde das geringe Wachstum aber sofort wieder abwürgen. ZEIT ONLINE: Was raten Sie den Regierungen der kriselnden Euro-Ländern? Koo: Sie sollten als erstes ihren Landsleuten mitteilen, dass sie sich in einer Bilanzrezession befinden. Und weil eben der Privatsektor nicht bereit für Investitionen ist, muss der Staat einspringen. Erst wenn der Privatsektor wieder investiert, kann sich der Staat zurückziehen. ZEIT ONLINE: Und wie lange kann sich ein Staat so etwas leisten? Koo: Nach derzeitiger Lage noch eine ganze Weile. Die Zinsen auf britische und amerikanische Staatsanleihen haben trotz der hohen Staatsverschuldung ein lächerlich niedriges Niveau erreicht. Die Regierungen können sich so günstig Geld leihen wie selten zuvor. Fonds-Manager und Großanleger haben das Problem, dass sie gerade im Geld schwimmen, weil der Privatsektor ihnen das Geld überlässt. Doch sie wissen nicht wohin damit. Deswegen landet viel auf dem heimischen Anleihenmarkt. ZEIT ONLINE: Sie plädieren für Kapitalkontrollen innerhalb der Euro-Zone? Koo: Die Euro-Zone ist eine Währungsunion mit allerdings unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen. Wenn es in Spanien kriselt, fließt das Geld sofort in den reichen Norden ab. Dieses Problem haben die USA nicht, obwohl Kalifornien viel schlimmere Finanzprobleme hat. Den gesamten Bericht findet man unter: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-03/japan-europa-krise
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