Richterich: 2008 wird Rekordjahr für Nordex
Münster - Die Regenerative Energiewirtschaft befindet sich auch 2008 weltweit auf Wachstumskurs, wenngleich die hohe Wachstumsdynamik im zweiten Halbjahr im Zuge der internationalen Finanzkrise nachgelassen hat. Wie es 2009 in den einzelnen Teilsektoren weiter gehen könnte, zeigen die Meinungen einiger Branchenvertreter auf, die das IWR in einer losen Interviewserie veröffentlicht.
Das IWR sprach mit dem Nordex-Vorstandsvorsitzenden Thomas Richterich über die Perspektiven der Hersteller in der Windenergiebranche.
IWR: Herr Richterich, wie ist das Jahr 2008 für Nordex gelaufen und welche Highlights gab es aus der Sicht Ihres Unternehmens?
Richterich: Für das Jahr 2008 deutet sich abermals ein Rekordjahr in unserer Firmengeschichte an. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres haben wir bei Umsatz und Ergebnis deutlich zugelegt. Das Geschäftsvolumen und das Betriebsergebnis verbesserten sich um rund 60%. Das geht vor allem auf ein sehr erfolgreiches drittes Quartal zurück, in dem wir viele große Auslandsprojekte profitabel realisieren konnten. Mit einer Marge von 7% haben wir unser Ergebnis in dieser Periode um über 160% erhöht. Heute ist das Jahresziel von 1,1 Mrd. Umsatz und 60 ? 66 Mio. Euro Gewinn in greifbarer Nähe.
Diese Leistung war aber nur möglich, weil wir unsere Schlagkraft deutlich erhöht haben. Das betrifft zum Beispiel unseren Einkauf und die Produktion. Sie haben dafür gesorgt, dass wir 47% mehr Turbinen und sogar 83% mehr Rotorblätter ausliefern konnten. Um diesen Kurs mittelfristig fortsetzen zu können, investieren wir weltweit in neue und modernere Werke. In Deutschland haben wir die Erweiterung unserer Rotorblattproduktion 2008 bereits fast abgeschlossen und starten in Kürze mit der neuen Turbinenmontage. In China bereiten wir eine Verdoppelung unserer Kapazitäten vor und in den Vereinigten Staaten haben wir mit der Übernahme eines 187.000 Quadratmeter großen Baugrunds im Herbst 2008 einen Meilenstein für unsere Aktivitäten in den USA gesetzt.
IWR: Welche Erwartungen an den Markt haben Sie für das Jahr 2009 und wie wird sich die Finanzkrise auswirken?
Richterich: Der Wachstumsmarkt für Windenergie ist weiterhin intakt. Die Nachfrage für ?grüne? Kraftwerke in ungesättigt und nahezu alle Regierungen richten ihre Politik auf einen nachhaltigen Umweltschutz aus. Durch die Finanzkrise erfahren wir zurzeit eine Zurückhaltung der Projekt finanzierenden Banken, so dass wir eventuell aufgrund von einzelnen Projektverschiebungen in ein Jahr mit schwächerem Wachstum kommen können. Wenn sich die Finanzmärkte in den kommenden Monaten stabilisieren, erwarten wir im nächsten Jahr ein Umsatzwachstum in Höhe von 10 ? 15 %.
IWR: Wo liegen die zukünftigen Wachstumsmärkte für Windkraftanlagen und wie reagiert Nordex auf die internationale Entwicklung?
Richterich: Langfristig sind deutsche Hersteller wie Nordex nur wettbewerbsfähig, wenn sie international tätig sind. Denn die Nachfrage wird zu jeweils einem Drittel aus Europa, Asien und Amerika kommen. Das größte Wachstum findet in Asien und Amerika statt. Weltweit kommt heute gerade einmal ein Prozent des Energieportfolios aus der Windkraft. In fünf Jahren werden es drei Prozent sein. Unser Exportanteil wird also auf Dauer bei 95 Prozent liegen. Das zeigt klar, wo es entlang geht. Mit unseren Niederlassungen in Europa, Asien und jetzt auch in den USA sowie dem Aus- und Aufbau lokaler Strukturen vor Ort kommen wir unseren weltweiten Kunden entgegen und begleiten sie als Partner über die nächsten Jahre.
IWR: Welche Länder favorisieren Sie kurz- und mittelfristig?
Richterich: Derzeit realisieren wir noch 85% unserer Umsätze in Europa. Mittelfristig ? also in ein bis drei Jahren - soll der Anteil aus den USA von 5% auf etwa 20% wachsen. Für Fernost (China) setzen wir das gleiche Ziel, hier stehen aber heute schon bei etwa 10%. Beide Länder gelten als die größten Einzelmärkte mit einem Potenzial von jeweils mehreren tausend Megawatt Neubauvolumen. Aber auch in Europa gibt es noch stark wachsende Regionen wie Südosteuropa und einige Märkte im baltischen Raum. Darauf haben wir uns mit Tochtergesellschaften in der Türkei, Griechenland, Polen und Schweden ausgerichtet.
IWR: Wie entwickelt sich der internationale Windenergiemarkt und wo steht die Branche heute?
Richterich: Wir sind davon überzeugt, dass sich mittelfristig die ursprünglichen Wachstumsraten der Windbranche wieder einstellen. Denn der Markt ist weiterhin in Takt: Die Energienachfrage ist ungedeckt. Die Regierungen setzen ungebrochen auf Klimaschutz und auf saubere Kraftwerke. Die Nachfrage nach Windturbinen wird insbesondere getrieben durch Energiepreise sowie die globalen klima- und energiepolitischen Herausforderungen. Diese haben sich aufgrund der Abhängigkeit vieler Volkswirtschaften von fossilen Energielieferungen trotz der Finanzmarktkrise nicht entspannt. Darüber hinaus wächst mit dem steigenden Emissionsausstoß der aufstrebenden Volkswirtschaften der politische Wille, Klimaschutz durch Emissionsreduktionen insbesondere auch im Energiesektor voranzutreiben. Mit der Verlängerung des Production Tax Credits (PTC) in den USA um ein weiteres Jahr über 2008 hinaus wurde im weltweit größten Markt mit einer positiven Entscheidung für Klarheit mit Blick auf 2009 gesorgt. Der Wahlsieg des Demokraten Barack Obama war für die Windenergie in den USA ein weiteres positives Zeichen. Im Wahlkampf hatte Obama eine Verlängerung des PTC auf eine Laufzeit von dann insgesamt fünf Jahre, eine Zielverpflichtung von 10 Prozent ?grünem? Strom im nationalen Netz bis 2012 und deutlich erhöhte Investitionen in die Stromnetze angekündigt. In Großbritannien, einem wichtigen europäischen Markt, wurde kürzlich ein neues Ministerium für Energie und Klima geschaffen. Wir erwarten, dass damit Klimaschutz und Energie noch stärker auf der politischen Agenda verfolgt werden und erneuerbare Energien intensivere Beachtung finden als bisher
IWR: Was sind die wichtigen Faktoren für die kurzfristige Marktentwicklung? Wo drückt aktuell der Schuh?
Richterich: Der wichtigste Faktor für die Marktentwicklung ist heute die Finanzierung der Projekte.
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