Die Bodenoffensive im Irak ist im vollen Gange. Amerikanische Truppen sollen bereits den halben Weg nach Bagdad zurückgelegt haben. In der Hauptstadt selbst blieb es nach den Raketen- und Bombenattacken vom gestrigen Abend relativ ruhig.
Bagdad - Amerikanische Bodentruppen legten weit vorgeschoben auf dem Weg nach Bagdad am Freitagmorgen eine Pause ein. CNN zeigte Bilder vom Auftanken der Panzer und anderer Fahrzeuge. Gegen Mitternacht war die 3. Infanterie-Division der Amerikaner mit 2000 Panzern, gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Lastwagen aus ihren Positionen im Norden Kuweits aufgebrochen, berichtete der Reuters-Korrespondent Luke Baker, der sich bei der Truppe befindet. Die Division habe sich gleichmäßig durch die Wüste im Süden des Irak bewegt und bis zum Morgen bereits 150 Kilometer auf dem Weg in die Hauptstadt zurückgelegt. Nach Berichten von CNN befindet sich das 7. US-Kavallerieregiment bereits auf halbem Wege nach Bagdad. Militärbeobachter gehen davon aus, dass sich der irakische Präsident Saddam Hussein auf die Verteidigung der Hauptstadt konzentriert. Unabhängige Bestätigungen gab es dafür nicht. Aus dem Nordirak wurde über Luftangriffe auf die zweitgrößte Stadt des Landes, Mossul, berichtet. Gegen 4.30 Uhr (2.30 MEZ) habe er mehrere Explosionen in den Vororten der Stadt gehört, meldete ein Reporter des arabischen Senders al-Dschasira aus Mossul. Eine Stunde zuvor sei Luftalarm gegeben worden. Mossul liegt rund 100 Kilometer südlich der türkischen Grenze.
Britische Soldaten seien jetzt "zu Wasser, zu Lande und in der Luft" an der Militäroffensive zum Sturz des irakischen Machthabers Saddam Hussein beteiligt, sagte der britische Premier Tony Blair in einer am späten Donnerstagabend ausgestrahlten Fernsehansprache: "Saddam zu entmachten, wird ein Segen für das irakische Volk sein."
Die im britischen Stützpunkt Fairford stationierten US-Langstreckenbomber vom Typ B-52 wurden noch nicht in den Irak beordert. Die Maschinen waren am Donnerstag mit Marschflugkörpern und anderem Kriegsgerät beladen worden und warten in der Grafschaft Gloucestershire auf ihren Einsatzbefehl. Die Flugzeuge können bei günstigen Bedingungen in fünf bis sechs Stunden den Norden des Irak erreichen.
In der Hauptstadt Bagdad herrschte am Freitagmorgen relative Ruhe, nachdem die Stadt in der Nacht erneut mit mehreren Marschflugkörpern angegriffen worden war. Der Himmel über der irakischen Hauptstadt wurde vom Feuer der Flugabwehrgeschütze erleuchtet, es waren schwere Explosionen zu hören. US-Flugzeuge schossen bei Angriffen auf das Zentrum von Bagdad Gebäude im Regierungsviertel in Brand. Aus Hochhäusern stiegen Flammen und schwarzer Rauch auf. Feuerwehrautos waren zu Löscharbeiten unterwegs.
Mit Marschflugkörpern griffen die Alliierten auch Stützpunkte der Republikanischen Garde, Saddams Eliteeinheit, an. Nach irakischen Angaben wurden auch nicht-militärische Ziele wie Medien- und Bürogebäude angegriffen. Dabei sollen bei Doura, südöstlich von Bagdad, mehrere Zivilisten verletzt worden sein. Eine Person erlag ihren Verletzungen. Laut Radio Irak soll ein Anwesen Saddam Husseins getroffen worden sein. Dabei habe es keine Opfer gegeben. Der britische Sender BBC meldete, bei Attacken in Bagdad sei auch ein früheres Bürogebäude des stellvertretenden Ministerpräsidenten Tarik Asis getroffen worden. Nach den Angriffen brachten Krankenwagen nach Angaben arabischer TV-Korrespondenten zahlreiche Verletzte in die Krankenhäuser der Hauptstadt, vor allem in die Klinik al Karama.
Das irakische Fernsehen bestätigte einen Angriff auf das Haus der ersten Ehefrau von Präsident Saddam Hussein und ihrer Töchter. Dabei sei ein Offizier verletzt worden, hieß es. "Der Feind konzentrierte seine heftige und andauernde Bombardierung auf unsere Grenzposten in den westlichen und südlichen Sektoren" erklärte die irakische Armeeführung.
Nach einem Bericht des israelischen Fernsehens sollen US-Truppen auch im Westen des Irak präsent sein. Dadurch sollten mögliche Angriffe der irakischen Armee auf Israel mit Scud-Raketen verhindert werden.
Spiegel-online 10:27
|