Meinung von Hans - Günter Redeker, Chef - Währunsstratege bei BNP Paribas : Achtung, Lemminge! Von Rita Syre, Frankfurt
Geht es nach dem Gros der Finanzmarktexperten, dann stehen die Zeichen für hohe Renditen weiterhin auf Grün. Hans-Günter Redeker von BNP Paribas spricht indes eine Warnung aus. Die US-Konjunktur werde hart landen. Das aber bringt nach Ansicht des Währungsexperten die Carry-Trade-Blase zum Platzen. Frankfurt am Main - Hans-Günter Redeker ist sich des Risikos wohl bewusst, wenn er vor dunklen Wolken am Finanzmarkt warnt. Schließlich ist er seit mehr als 20 Jahren im Geschäft und weiß, dass Warnungen nicht gut fürs Geschäft sind. "Aber es steht nun mal fest: Wir leben nicht länger auf einer rosaroten Wolke", sagt der oberste Währungsstratege von BNP Paribas selbstbewusst. Was sich derzeit an den Finanzmärkten abspiele, sei ein "Tanz auf zunehmend dünnem Eis". Einen Einbruch ins Eis schließt er keineswegs aus. Ein Hard Landing der amerikanischen Konjunktur könnte das Eis brechen lassen. Das Gros der Konjunkturexperten in den Banken geht derzeit in Gegensatz zu ihm von einer weichen Landung, einer langsamen Abschwächung der US-Wirtschaft aus. In ihren Szenarien ist die Krise am US-Hausmarkt schon weitestgehend ausgestanden. Deshalb befürchten sie auch nicht einen Einbruch des privaten Konsums, eine der zentralen Stützen des US-Wachstums. Der BNP-Experte sieht die Folgen der Krise am Immobilienmarkt aber noch keineswegs als abgehakt an. "Zwischen 2001 und April 2005, dem Höhepunkt am Hausmarkt, sind etwa die Hälfte der neuen Jobs in den USA beim und um das Geschäft mit Immobilien entstanden", gibt er zu bedenken. Die Folgen sind für ihn klar: Die Probleme bei der Tilgung der Hypothekenkredite führten zu einer Dämpfung des Konsums, die Gefahr steigender Arbeitslosigkeit erhöhte sich. "Die übliche Frühlingsbelebung am Arbeitsmarkt werden wir in diesem Jahr nicht sehen", prognostiziert er. Sinkende Prognosen, steigende Aktienkurse Bei seinem Studium der US-Daten ist Redeker bei den US-Unternehmen ebenfalls auf Interessantes gestoßen. So verweist er auf die Konsensusschätzungen der Analysten. Sie hätten ihre Wachstumsprognose für den Gewinn pro Aktie längst im Schnitt auf 4,5 Prozent halbiert. "Und trotzdem steigen die Aktienkurse weiter", bemerkt er. Für den Währungsexperten ist dies einerseits ein alarmierendes Phänomen, andererseits die Bestätigung für seine Zweifel an der gesundheitlichen Konstitution der Finanzmärkte. Seine Schlussfolgerung: "Die Investoren kaufen mittlerweile einfach alles, was Rendite verspricht." Der "Risikoappetit" der von der hohen Liquidität getriebenen Investoren sei mittlerweile "extrem" hoch. Die Anleger würden längst nicht mehr nach Asset-Klassen mit deren unterschiedlichen Risikoprofilen differenzieren. Deshalb sei auch mittlerweile die Korrelation der verschiedenen Asset-Klassen, von Aktien über Währungen bis hin zu Rohstoffen, beängstigend hoch. "Denn die gestiegene Korrelation ist Ausdruck des Verhaltens von Lemmingen an den Kapitalmärkten: Alle suchen die hohe Rendite, die flache Zinskurse engt aber ihren Anlage-Spielraum ein, so dass die Investoren das Kapital in alle möglichen Anlageklassen drücken", meint Redeker. "Gift für Carry Trades" So sei auch erklärbar, dass nach den so genannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) immer exotischere Volkswirtschaften als Anlagechance angepriesen würden. Dabei kann es dann auch passieren, dass sich plötzlich unter den Investoren Island großer Aufmerksamkeit erfreut, wie er süffisant bemerkt. Die so genannten Carry Trades spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Anleger können in Währungsräumen wie Japan oder die Schweiz zinsgünstig Kredite aufnehmen, erhöhen also den Einsatz noch einmal. Das Kapital investieren sie dann in Währungen mit höheren Zinsen. Die Carry Trades haben aber nicht die Kurse der so genannten Carry-Trade-Währungen wie den australischen und neuseeländischen Dollar spekulativ aufgebläht, sondern auch die Bewertungen von Aktien. Das gilt nach Ansicht des BNP-Währungsexperten vor allem für Aktien in Südafrika, der Türkei, Brasilien und Island. "Es hat sich eine Carry-Trade-Blase aufgebaut", lautet seine Schlussfolgerung. Und die kann seiner Ansicht nach durch das Hard Landing der US-Konjunktur oder wieder aufkommenden Inflationsdruck in den USA und der damit einhergehenden steileren Zinskurve zum Platzen gebracht werden. Denn dann werde die Volatilität an den Märkten deutlich steigen. "Und die ist Gift für Carry Trades", sagt er. http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,475540,00.html
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