Fuzzi, mein Vorgehen war schon immer aggressiv (d. h. Kaufen in fallende Kurse am vermuteten Tief), wobei ich in der Vergangenheit allerdings zu wenig auf die Charttechnik geachtet habe, die immerhin zusätzliche Anhaltspunkte liefert - in Ergänzung zu den "nur" überzeugenden Fundamentals.
Ob man Variante 1 oder 2 (siehe Posting 609) bevorzugen sollte, hängt natürlich auch von der Aktie selbst ab. Variante 2 empfiehlt sich bei finanzstarken Big Caps wie Intel, Pfizer, Microsoft, Münchner Rück, Lloyds TSB usw., während man z. B. bei windigen Solaraktien oder Highflyern, die noch gar keine Gewinne machen, aber aus der Gunst der Anleger gefallen sind, sicherlich mit Variante 1 besser fährt. Auch bei potenziellen Pleitekandidaten wie Alstom vor zwei Jahren (oder WCM heute) drängt sich Variante 1 auf (mein Fehler war, Alstom wie einen finanzstarken Big Cap behandelt zu haben).
FOLTERMETHODEN
Für beide Varianten hat die Börse ihre ureigenen Foltermethoden. Die sehen so aus:
Variante 1:
Man wartet geduldig die Bodenbildung ab, der Kurs steigt einige Tage lang um insgesamt 3 %, man fürchtet, langsam "den fahrenden Zug zu verpassen", kauft - und nach Börsenschluss kommt ein Downgrade von J. P. Morgan, eine Meldung über steigende Lagerbestände und/oder die News, dass Dell nun auch AMD-Chips verbauen will. Die Aktie macht dann am nächsten Tag UNTER dem letzten Tief auf, dass man bei der Bodenbildung geduldig ausgesessen hat. (Bei Intel bin ich dieser Falle vor ca. 4 Wochen entkommen, weil ich meine Aktien, die ich für 20,17 USD gekauft hatte, für 20,90 "weiterreichte".)
Dies ist übrigens sogar typisch, da nach langem Fall oft kein V-förmiger Boden kommt, sondern ein W-förmiger, der die "besonnenen Spätkäufer" einem zweiten Härtetest unterzieht.
Variante 2:
Der vermutete Doppelboden hält nicht, weil News der o.g. Machart kommen (Downgrade, Lagerbestand, Rücknahme der Guidance usw.). Shorts machen Druck. Die bange Frage: Soll man JETZT NOCH verkaufen oder doch lieber aussitzen. Man entscheidet sich für's Letztere - nur um mit ansehen zu müssen, wie der Kurs jeden Tag weiter bis 16 USD fällt. Begrenzt man dann - viel zu spät - die Verluste, gappt die Aktie am nächsten Tag wegen eines Upgrades "aufgrund der niedrigen Bewertung" um 1,50 USD auf - und man kommt nie wieder rein.
Dagegen, dass dies jetzt bei Intel passiert, spricht, dass wir bereits letzte Woche das "zweite Tief" der W-Formation gesehen hatten (Freitag Intraday: 19,40 USD gegen 21:30 h MEZ). Steigt die Aktie jetzt weiter - der gestrige Schlusskurs war 19,63 USD - , besteht erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Anstieg nachhaltig ist.
GENERELL besteht meine Lösung darin, finanzstarke Aktien am vermuteten Doppelboden (im Idealfall am zweiten Boden einer kurzfristigen W-Formation) zu kaufen, die keinem Pleiterisiko ausgesetzt sind und daher bei Tiefständen gute Chancen haben, sich bei Besserung der den Abstieg verursachenden Bedingungen wieder zu erholen. Die Finanzstärke gibt mir den Rückhalt, nach einem Bruch des Doppelbodens trotzdem weiter halten zu können. Evtl. würde ich dann sogar bei 17,50 USD nachkaufen. Ansonsten würde ich weiter halten, es sei denn, die guten Fundamentals - die ja zuvor der Grund für den Einstieg waren - verändern sich nachhaltig zum Schlechteren. (Letzteres war für mich z. B. vor zwei Jahren der Grund, Bertelsmann-Genussscheine, Edition 1992, mit Verlust zu verkaufen - sie haben sich tatsächlich bis heute nicht erholt).
Auch diese Methode funktioniert nicht immer. So hatte ich etwa vor sechs Monaten bei Microsoft auf einen Doppelboden gewartet, der aber nie erreicht wurde. Die Aktie kehrte schon vorher um - und der günstige Preis von 24,50 USD, der das Tief markierte (der Doppelboden wäre bei 23,75 USD gewesen - siehe Chart unten), war "dahin", ohne dass ich gekauft hätte.
Microsoft - ein "Doppelboden" bei 23,75 USD, auf den man vergeblich wartete...
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Angehängte Grafik:
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